Unterwegs im Rolli
Martin Bruno erkundet mit dem Rollstuhl die Welt
Bein weg, Wohnung weg, Job weg – mit Martin Bruno Walther hat es das Schicksal nicht gerade rosig gemeint. Im Wohnverbund Baden hat er neuen Halt gefunden. Als Bewohner Nr. 1 zog er vor etwas mehr als zwei Jahren in das Wohnhaus in der Sauerhofstraße. Jetzt arbeitet er an seinem Auszug. Als Reisejournalist erkundet er im Rollstuhl die Welt.
BADEN. "Es gibt sehr viele von uns, und auch die möchten auf Urlaub fahren", lacht Martin Bruno. Obwohl vom Schicksal hart gebeutelt, strahlt der Reisejournalist große Lebensfreude aus. Ursprünglich als Grafiker tätig, reiste er zehn Jahre lang durch die Weltgeschichte und berichtete über die schönsten Destinationen. Und plötzlich war alles aus: Zuerst verlor er ein Bein, dann Lebensgefährtin und Wohnung. Martin Bruno Walther zog als Bewohner Nr. 1 ins damals neue gegründete Haus des Wohnverbunds Baden ein, einem Zuhause für von Obdachlosigkeit bedrohte Menschen über 50. Heute, rund zwei Jahre später, bemüht er sich um seinen Auszug. Er hat beruflich wieder Fuß gefasst, schreibt unter anderem für eine Lokalzeitung und bloggt unter dem Hashtag #martinbrunorollt über seine Reise-Erfahrungen auf Rädern. So prüft er zum Beispiel Kreuzfahrtschiffe & Co. auf ihre Rollstuhl-Tauglichkeit und Barrierefreiheit.
"Ich möchte die Leute sensibilisieren, dass Menschen mit besonderen Bedürfnissen auch gehört werden", betont er. "Es kann jeden von uns plötzlich treffen. Niemand ist davor gefeit, von einer Sekunde auf die andere im Rollstuhl zu sitzen."
Viele Themen in petto
Martin Bruno hat noch viele Ideen: So möchte er auch Führungen durch Wien anbieten, setzt dafür auch "Gehende" in den Rollstuhl, damit sie am eigenen Leib spüren, was es heißt, über Gehsteigkanten & Co. zu müssen.
Jetzt im April steht eine Reise nach Deutschland am Programm, auch im Mai ist er auf Recherchereise unterwegs, dann geht es nach Flandern. Martin Bruno Walther testet, wie und wo man im Rollstuhl Urlaub machen kann. Eine Marktlücke, die gefragt ist. Auch für die Deutsche Zentrale für Tourismus ist er unterwegs. "Arbeitsmäßig hätte ich genug zu tun", erzählt der Journalist. "Das Problem ist eher, eine barrierefreie, rollstuhlgerechte Wohnung zu finden." Als schlimm beeinträchtigt sieht sich Martin Bruno selbst nicht: "Ich bin nicht behindert, ich werde behindert! Mit dem Rollstuhl bin ich fit", lacht er. Wobei er ergänzt, dass es anfangs natürlich eine "Mörder-Challenge" war.
Rollstuhl-Rampen aus Lego
Walther verlor aufgrund eines Arterienverschlusses sein Bein. Eine Prothese ist im Moment keine Option. Um anderen, die in der selben Situation stehen – nämlich oft vor eine im Rolli unüberwindlichen Stufe, zu helfen, baut er Rampen aus Lego für Kinder im Rollstuhl.
Martin Bruno rollt
Reisen für Rollstuhlfahrer sind gefragt: "Ich denke, dass ich durch mein Netzwerk viel bewegen kann", ist der erfahrene Reisejournalist überzeugt. Er schreibt Reisegeschichten aus dem Rollstuhl – diese sind auch für Reiseanbieter interessant. Bei einer immer älter werdenden Bevölkerung gewinnt Barrierefreiheit eine ganz neue Bedeutung. Da kann ein Perspektivenwechsel zum Aha-Erlebnis werden.
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