So kochte frau vor über 100 Jahren
BEZIRK BADEN. Die Kottingbrunner Künstlerin Sybille Woletz zieht eine rüschige Küchenschürze an, holt eine alte Puddingform, eine Rührschüssel und einen Schneebesen hervor, denn sie kocht heute für die Bezirksblätter ein über 100 Jahre altes Rezept: Hirn-Buttin. Und das geht so: "Ein Kalbshirn wird in reines Wasser gegeben, rein abgeduhtelt, mit Salzwasser blanchirt und durch ein Sieb passirt. Nun wird 1/4 Esslöffel Butter flaumig abgetrieben und das Hirn, 5 Eierdötter, etwas Salz, Muskatnuß und 1 Seiten weiße mit Milch genetzte Semmelbröseln in selbe eingerührt, auch der Schnee von 5 Eierklar leicht eingemischt und sodann gefüllt und gebacken." Das Rezept entstammt dem Buch "962 Kochregeln", das 1851 erschienen ist und in Sybille Woletz' Familie von Generation zu Generation weitergegeben wurde. "Buttin" - was ist das überhaupt? "Offenbar ein altes Wort für Pudding," vermutet die begeisterte Köchin Sybille, die ein ganzes Regal voller Kochbücher bei sich daheim verwahrt.
Auch Barbara Klabischnig-Hörl aus Kottingbrunn hat ein uraltes Kochbuch daheim - das "Salzburgische Kochbuch" aus 1719 von Conrad Hagger, und dort findet sich ein "Schneckenrezept" - "Schnecken. Geschwind auf welsche Art zu kochen. Nimm Schnecken, die sauber, wol geschlossen und nicht zerbrochen sind. Siede selbige in Salzwasser, ein wenig länger als Sonsten. Dann seihe sie ab und gibs gleich als warmer auf ein weisses Serviete auf die Schüssel, wie man pflegt die frische Eyer aufzutragen. Da gibt man Pfeffer, Salz, klein-gehackte Zwibel oder Knoblauch mit Petersil-Kräutlein in einer Schüssel mit Eßig und Oel untereinander gerührt extra dazu. Wer nicht gern von Knoblauch und Zwibel isset, demselben macht man die Schnecken nur mit Pfeffer und klein gehackten Rosmarin oder auch Petersil-Kräutlein darunter.
Dieses Rezept animierte die Kottingbrunnerin besonders. Denn: "Weinbergschnecken genießen bei uns sozusagen Haustierstatus seit sie einst von Vöslau extra mit übersiedelte wurden und stehen kostenfrei nur manchmal, also eigentlich eher selbst, als Fotomodels zur Verfügung."
Kochtradition über mehr als ein Jahrhundert zurück gibt es auch in der Familie der Leobersdorferin Jutta Wüst. "Meine Ururgroßmutter hat im Stift St. Lambrecht/Stmk. kochen gelernt. Von ihr besitze ich das handgeschriebene Kochbuch aus dieser Zeit, ca 1840. Ist meine „Kostbarkeit“ in der Kochbuchbibliothek." Jutta verrät uns, wie der Kaiserpudding ging: "8 Lot* (ca 15 g) Mandeln stößt man fein und benetzt sie dabei mit Pomeranzensaft, rührt sie mit 8 Lot Zucker und 6 Dottern und gibt den Schnee von 4 Klar und feingeschnittenes Citronat dazu. Den Model legt man mit Citronat und halben Mandeln aus, füllt das Gerührte vorsichtig ein und siedet es in Dunst. Gestürzt gibt man eine Ananas - oder Liqueurcreme dazu.
Wir sagen dazu ganz kaiserlich: Es war sehr schön, es hat uns sehr geschmeckt.
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