Weilburg-Nostalgie am Wanderweg

- hochgeladen von Gabriela Stockmann
"Der 19. August 1964 war für viele Badener ein Trauertag", weiß Architekt DI Paulus Ramstorfer. Denn an diesem Tag wurde die Weilburg gesprengt.
BADEN. Vor den Augen zahlreicher Schaulustiger wurde ein Baujuwel dem Erdboden gleichgemacht, das - so Ramstorfer - "heute durchaus Potenzial zum Welterbe" haben könnte. Die Weilburg gilt als das bedeutendste Bauwerk des berühmten Wiener Architekten Josef Kornhäusel. "Die Weilburg war ein progressiver Bau", weiß Ramstorfer. "Sie hatte eine eigene Wasserversorgung mit Wasserklosetts, eine Abwasserversorgung und wahrscheinlich die ersten Blitzableiter Österreichs." Der Bau selbst war 189,65 Meter lang und dreigeschoßig und um 1820 errichtet. Vor zwei Jahren, im Zuge der Weilburg-Ausstellung im Kaiserhaus, begann sich Ramstorfer mit dem verschwundenen Schloss intensiver zu befassen. "Wir wussten nicht einmal genau, wo die Weilburg stand. Für das Modell, das man heute noch im Kaiserhaus sieht, musste ich mühsam Pläne suchen. Unter anderem wurde ich in der Albertina fündig, dort gibt es einen 4,5 Meter langen Bauplan. Höhenschnitte gab es gar nicht, die habe ich selbst rekonstruiert."
Mit einem Modell allein wollten sich Ramstorfer und der Badener Kulturstadtrat Hans Hornyik aber nicht zufrieden geben. Ramstorfer: "Es gibt sooo viele Weilburg-Stiche. Das brachte mich auf die Idee, das Bauwerk aus verschiedenen Perspektiven entlang eines Wanderweges erlebbar zu machen. Gleichzeitig wurde die Spazierkultur der Monarchie aufgegriffen." So entstand der Weilburg-Wanderweg. An sechs Stationen findet man nun einen Stich, der das Schloss in dem Blickwinkel zeigt, aus dem es seinerzeit gemalt wurde. Ein "Guckkasten" hilft dabei, die exakte Perspektive einzunehmen.
Ein Liebesschloss
Die Weilburg wurde im Auftrag von Erzherzog Karl (Sieger über Napoleon in der Schlacht bei Aspern) errichtet, er schenkte es seiner großen Liebe, der Prinzessin Henriette von Nassau. Seit dem Ende der Monarchie 1918 war die Weilburg verlassen. Die Nazis nutzten das Gebäude im Zweiten Weltkrieg militärisch und stellten es 1942 unter Denkmalschutz. (Der Sprengung am 19. August 1964 lag ein Entscheid des Obersten Gerichtshofes zugrunde.)
Nach Kriegsende brach ein Feuer in der Weilburg aus, warum ist bis heute nicht geklärt. "Obwohl nicht gelöscht wurde, war das Gebäude nicht so kaputt, dass man es nicht wieder aufbauen hätte können", ist Ramstorfer überzeugt.
Der Spazierweg macht die Weilburg aber auf andere Art wieder "lebendig". "Wo ist dieses Schloss, das hier abgebildet ist?" fragt bei Station 5 ein Tourist aus der Ukraine - und kann es gar nicht glauben, dass davon gar nichts mehr übrig ist. "Gar nichts mehr" - stimmt übrigens nicht ganz. Am Weilburgplatz wurde das Wappen der Weilburg, das über dem Eingang prangte, wieder zusammengesetzt und gibt eine Dimension der einstigen Pracht. In vielen Heurigenlokalen finden sich Bilder der Weilburg, auch der brennenden (etwa bei Gunhold). "Und es soll angeblich jemanden geben, der den Schlüssel zum Haupteingang der Weilburg hat", schmunzelt Ramstorfer.
Zur Sache:
Der Weilburgwanderweg ist 4,5 Kilometer lang und in etwa eineinhalb Stunden zu begehen. Er beginnt in der Marchetstraße auf Höhe des Hauses 59 und führt über den Rainerweg Richtung Ruine Rauhenstein. Beim Hotel Sacher quert man die Helenental-Bundesstraße und geht dann entlang der Schwechat direkt an der Rückseite der einstigen Weilburg entlang. Am Weilburgplatz befindet sich der Portikus mit dem Wappen. Die letzte Station ist an der Hildegardbrücke über die Schwechat, von wo aus man einst auch sehr gut die Weilburg betrachten konnte. Der "Erfinder" des Weilburg-Weges, Architekt DI Paulus Ramstorfer, ist gerne auch bereit, Interessierte spontan den Weg entlang zu führen. (office@pra.at) Der Weg ist leicht begehbar, nur an einer Stelle muss ein bißchen gekraxelt werden. Höhenunterschied: ca 100 Meter.
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