Interview über den "gelichteten" Wienerwald:
"Es wächst mehr nach als entnommen wird!"

ÖBf-Unternehmenssprecherin Mag. Andrea Kaltenegger | Foto: ÖBf
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Eine Fahrt durch den Wienerwald bei Klausen Leopoldsdorf zeigt: Der Wald hat sich stark gelichtet. Wir haben mit den Eigentümern, den Österreichischen Bundesforsten über die Hintergründe gesprochen. Als Interviewpartner standen uns Unternehmenssprecherin Mag. Andrea Kaltenegger und DI Gerald Oitzinger, Bundesforste-Betriebsleiter im Wienerwald, zur Verfügung.

BEZIRKSBLÄTTER: In einem auf Ihrer Homepage veröffentlichten Artikel weisen die Bundesforste auf die steigenden Auslastungszahlen des Biomasse-Fernheizwerks in Simmering hin, an dem Sie ja als Aktiengesellschaft beteiligt sind. Das Material dürfte auch aus den Wäldern von Klausen Leopoldsdorf kommen. Nun ist Biomasse eine sehr begehrte grüne Energie, doch es hat den Anschein, dass der nachwachsende Rohstoff nicht so schnell nachwachsen kann wie er benötigt wird um die Fernwärme gewinnbringend zu erzeugen… Befindet man sich da in einem Dilemma zwischen Energieerzeugung und Waldvernichtung? Droht dem Biosphärenpark Wienerwald das „Aus“?

DI GERALD OITZINGER: Die Bundesforste bewirtschaften ihre Wälder nach dem Prinzip der Nachhaltigkeit: Es wird nicht mehr Holz geerntet als wieder nachwächst. Im Gegenteil: Wir entnehmen den Wäldern bis zu 1,8 Mio. Erntefestmeter des nachwachsenden Rohstoffs Holz pro Jahr. Der jährliche Zuwachs beträgt umgerechnet auf Erntefestmeter rund 2,7 Mio. Das gilt auch für den Wienerwald!
Gerade in Zeiten des Klimawandels haben Biomassekraftwerke eine wichtige Funktion für gesunde Wälder und als Beitrag zur Energiegewinnung aus erneuerbaren Ressourcen. Wetterextreme sorgen für hohen Schadholzanfall und der Waldschädling Borkenkäfer befällt aufgrund anhaltender Trockenheit immer mehr Bäume. Der rasche Abtransport beschädigter Bäume aus dem Wald ist ein Gebot der Stunde! Auch regelmäßige Waldpflegemaßnahmen (Durchforstung etc.) sind unerlässlich für nachhaltig stabile Wälder.

MAG. ANDREA KALTENEGGER: Der Bundesforste-Forstbetrieb Wienerwald erstreckt sich über eine Fläche von 40.000 Hektar – der überwiegende Teil davon liegt im Wienerwald - Betriebsfolder Wienerwald. Geerntet werden pro Jahr in etwa nachhaltige 180.000 Festmeter Holz. Neben Sägewerken, der Papier- und Faserholzindustrie wird auch das Biomassekraftwerk Wien Simmering beliefert. Die Bundesforste sind mit 33,3 Prozent am Unternehmen beteiligt (66,6, % Wien Energie GmbH).

DI GERALD OITZINGER: Die Biomasse aus dem Wienerwald für das Strom- und Wärmekraftwerk Simmering stammt hauptsächlich aus Durchforstungen – es handelt sich dabei meist um dünne Stämme und Äste, die keiner anderen Verwendung zuzuführen sind.
Auch im Forstrevier Klausen-Leopoldsdorf wurden in den vergangenen Monaten Durchforstungen durchgeführt. Sie dienen der Pflege des Waldes und sorgen langfristig für stabile und vitale Wälder. Indem einzelne Stämme gezielt entnommen werden, erhalten die verbleibenden Bäume und die noch kleinen Jungbäume (für die Region typische Buchen und Eichen) am Boden mehr Raum und Licht zum Wachsen. Das macht diese Wälder auch weniger anfällig für Stürme. Der Eindruck, dass die Wälder im Bereich von Klausen-Leopoldsdorf sehr ausgelichtet sind, wird vielleicht gerade jetzt durch den Winter verstärkt, da die Bäume kein Laub tragen und dadurch generell der Eindruck eines lichteren Waldes entsteht. Gleichzeitig ist die kalte Jahreszeit aber die ideale Zeit für Waldpflegemaßnahmen, da die Bäume in Saftruhe stehen. In den nächsten zwei bis drei Jahren wird sich das Kronendach rasch wieder schließen und es können gesunde und stabile Mischwälder heranwachsen.

Ist seitens der Republik Österreich eine Obergrenze für die Ausdünnung der Wälder definiert? Wie lange gilt ein Wald noch als Wald? Immerhin ist es „unser aller Wald“, Erholungsraum und Klimaregulator.

MAG. ANDREA KALTENEGGER: In Österreich gibt es ein Forstgesetz, dass die Bewirtschaftung des Waldes genau regelt und zu starke Nutzungen verhindert. Die Einhaltung des Forstgesetzes wird in Österreich streng durch die Forstbehörden kontrolliert. Die Definition von Wald ist ebenso im Forstgesetz festgelegt https://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=Bundesnormen&Gesetzesnummer=10010371#:~:text=%C2%A7%201a.,Breite%20von%2010%20m%20erreicht.
Fakt ist: Seit vielen Jahren wächst die Waldfläche in Österreich – in den letzten 50 Jahren um die Größe des Bundeslandes Vorarlberg!

Wird seitens der Bundesforste etwas unternommen, um die Wälder wieder zu verdichten (Aufforstung z.B.) - schlussendlich auch im eigenen Interesse, da ja ein Baum rund 50 Jahre brauchen würde, bis er wieder ertragreich verwertet werden kann?

MAG. ANDREA KALTENEGGER: Selbstverständlich! Wir forcieren auf unseren Flächen die sogenannte Naturverjüngung, sodass Bäume direkt aus den Samen der Altbäume im Wald nachwachsen können. Diese jungen Buchen, Eichen oder Tannen sind dann genetisch bereits optimal an die klimatischen Bedingungen am jeweiligen Waldort angepasst. Dort, wo die Natur sich nicht aus eigener Kraft verjüngen kann, helfen wir mit gezielten Aufforstungen nach. Etwa auf durch Stürme oder Schneebruch entwaldeten Flächen, auf denen schnell wieder ein Wald nachwachsen soll oder in Schutzwäldern.

DI GERALD OITZINGER: Ja, in der Forstwirtschaft denken wir in Generationen. Im Wienerwald braucht eine erntereife Buche sogar an die 130 Jahre, eine Eiche etwa 160 Jahre bis sie erntereif ist. Umso wichtiger ist es, die Wälder angesichts Klimakrise schon heute für kommende klimatische Bedingungen fit zu machen. Im Wienerwald der Zukunft werden mit steigenden Temperaturen Fichten, die als Flachwurzler weniger gut mit Trockenheit zurechtkommen, kaum mehr anzutreffen sein. Dafür werden Tannen und Eichen, beides Baumarten, deren Wurzeln tief in den Boden reichen, deutlich mehr werden. Für bunte Mischwälder sorgen darüber hinaus Schwarzkiefer, Weißkiefer, Bergahorn, Spitzahorn und die Hainbuche.

Wienerwald wird immer lichter
ÖBf-Unternehmenssprecherin Mag. Andrea Kaltenegger | Foto: ÖBf
DI Gerald Oitzinger, Bundesforste-Betriebsleiter im Wienerwald | Foto: ÖBf

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