Erstlingswerk von Sex-Podcasterin
"Habe das Buch für meine kleine Schwester geschrieben”

Die beiden Podcasterinnen Leonie-Rachel Soyel (links) und die Braunauerin Sinah Edhofer (rechts) haben zusammen ein Buch geschrieben. | Foto: Leonie-Rachel Soyel
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  • Die beiden Podcasterinnen Leonie-Rachel Soyel (links) und die Braunauerin Sinah Edhofer (rechts) haben zusammen ein Buch geschrieben.
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Für ihren Sex-Podcast "Couchgeflüster"  ist die gebürtige Braunauerin Sinah Edhofer bereits bekannt. Nun hat sie gemeinsam mit ihrer Podcast-Kollegin ein gleichnamiges Buch über ihre Erfahrungen geschrieben. Warum ihr Erstlingswerk vor allem für ihre Schwester ist, wer in der Pandemie ihren Podcast besonders schätzt und warum Sex wirklich kein Tabu mehr sein sollte, davon erzählt sie im Interview. 

Gemeinsam mit einer Blogger-Kollegin betreiben Sie den erfolgreichen Podcast "Couchgeflüster", in dem Sie offen über sexuelle Wünsche und Praktiken reden. Hat Ihr Podcast seit Beginn der Pandemie und den damit verbundenen Einschränkungen eine andere Funktion? 

Sinah Edhofer: Wir erhalten über unseren Instagram-Account @couchgeflüster.vienna häufig Anfragen und Themenvorschläge von unseren Zuhörerinnen und Zuhörern. Seit der Pandemie bemerken meine Podcast-Kollegin Leonie-Rachel Soyel und ich, dass manche Themen, wie sexuelle Unlust, Einsamkeit und wie man zu Pandemiezeiten „richtig“ datet, stärker nachgefragt werden.

Gerade die Singles im urbanen Bereich waren während der Lockdown-Monate doch sehr einsam und fühlten sich vergessen, deshalb war es wichtig für uns, auf jede Nachricht zu antworten und Menschen das Gefühl zu geben, mit ihren Problemen eben nicht allein zu sein. Dafür stehen wir als Podcast auch: für einen echten Austausch, wie eben unter richtigen Freundinnen.

In Ihrem Podcast reden Sie über sexuelle Vorlieben, das Finden von Partnern, aber auch Tabus: was sind denn die großen Tabus unserer Zeit? 

Ich finde es erschreckend, wie viele Menschen immer noch große Hemmungen haben, überhaupt offen und ehrlich über Sex zu sprechen. Gerade die weibliche Lust und Orgasmen sind Themen, die selbst in Beziehungen oft totgeschwiegen werden. Auf der anderen Seite werden Frauen ab einem gewissen Alter ständig danach gefragt, wann sie denn nun eine Familie gründen werden.

"Der weibliche Körper soll als Gebärmaschine fungieren, über sein Lustempfinden wird aber so oft geschwiegen – absurd!"

Unsere Gesellschaft ist einerseits „oversexed“ und andererseits klammert man grundlegend wichtige Themen, wie Identität und sexuelle Orientierung abseits von Heteronormativität, völlig aus. „Provokant“ scheinen dagegen Fragen nach der eigenen Identität, Gender und der eigenen Lust. Man beobachte nur, wie häufig sich Personen darüber echauffieren, dass jetzt plötzlich nach Pronomen gefragt wird, oder Geschlechter abseits männlich/weiblich existieren. Für mich waren ehrliche Gespräche über das Leben und die Liebe immer wichtig, ich verstehe den Sinn von Tabus nicht und bin der Meinung, dass uns diese nicht nur dumm und engstirnig, sondern auch physisch und psychisch krank machen. 

Was die Leute über diese Offenheit denken, müssen Sie sie selbst fragen – meine Nachbarinnen und Nachbarn in Braunau sind jedenfalls sehr nett und freuen sich immer, wenn sie Interviews mit mir lesen.

Monat für Monat erreichen Sie eine große Anzahl an Hörerinnen und kommen damit in fremde Wohnzimmer: Warum braucht es das heute? 

Gerade bei sensiblen Themen, wie Sex und Dating, schätzen die Menschen doch eine gewisse Privatsphäre. Wer es nicht gewohnt ist, diese Themen mit der eigenen Familie oder im Freundeskreis zu besprechen, der holt sich Inputs und Denkanstöße eben über Social Media, Blogartikel oder Podcasts. Für viele unserer Zuhörerinnen und Zuhörer sind wir wie die beste Freundin: Sie erzählen uns von ihren schlechten Dates, ihrem besten Sex, oder welche Podcast-Folgen sie am liebsten mochten. Es ist also keine so einseitige Beziehung, wie man vielleicht meinen würde: Ich schätze diesen Austausch sehr!

Im Februar erscheint Ihr erstes Buch. Sie schreiben mit ihrer Podcast-Kollegin das Buch "Couchgeflüster". Was ist die Quintessenz des Sachbuches? 

Es ist weniger ein Sachbuch als eine Sammlung unserer eigenen Erfahrungen in Bezug auf Dating, Liebe und Sex - aber auch Finanzen und generell das Thema Erwachsenwerden. Ich habe das Buch für meine kleine Schwester geschrieben, die dieses Jahr maturiert und ich finde, es ist das perfekte Geschenk für alle jungen Menschen, die ihre ersten eigenen Schritte hinaus in die große Welt wagen.

Als ich damals von zuhause aus und nach Wien gezogen bin, hätte ich mir so ein Buch wirklich gewünscht: ein Buch, das dich abholt und versteht, wie eine beste Freundin oder eine große Schwester. Junge Menschen stehen unter großem Druck, gerade nach diesen anstrengenden Pandemiejahren. Generell ist es ein Buch für alle „Twenty-Somethings“ da draußen, die sich ein bisschen Rat in wichtigen Lebens- und Liebesfragen wünschen.

Date ich gerade einen „Fuckboy“? Wie verhandle ich eigentlich Gehalt? Ist es okay, sich manchmal verloren zu fühlen und nicht zu wissen, was man will? Wie gehe ich mit meinem Liebeskummer um? Wie komme ich besser mit meinem Körper klar? All diese Dinge besprechen wir anhand unserer eigenen Erfahrungen und ich hoffe, dass der ein oder andere junge Mensch sich dadurch ein bisschen abgeholt und aufgehoben fühlt.

Sie machen einen Podcast für Frauen zwischen 18 und 35: Vor welchen Herausforderungen stehen diese heute und was wünschen sie den jungen Frauen?

Frauen müssen gefühlt alles sein: Karrierefrauen, aufopferungsvolle Mütter, liebevolle Partnerinnen, körperbewusst, stilbewusst, selbstbewusst … Die Liste wird immer länger und leider befeuert Social Media diesen ständigen Vergleich mit anderen enorm.

Allerdings kann Social Media auch der Ort sein, an dem wir uns miteinander vernetzen, austauschen, Freundschaften schließen und Inspirationen finden. Mir war es wichtig, mit unserem Podcast eine gewisse Portion Egoismus in Frauen zu fördern – gerade dann, wenn es um ihre eigenen Bedürfnisse geht. Oder sie zu motivieren, auch mal „Nein“ zu sagen. Wir müssen lernen, zu dem zu stehen, was wir sind und auch zu dem, was wir nicht sind - oder nicht sein wollen. Wir müssen nicht alles sein, alles können oder alles mitmachen.

Soll die Sexualität aus der Tabu-Ecke – und wie geht der Weg dahin?
 

Definitiv. Ein erfülltes Sexualleben – wie auch immer das aussehen mag – gehört zur Gesamtgesundheit dazu. Ich persönlich spreche sehr offen darüber und bin der festen Überzeugung, dass unsere Beziehungen, sowohl zu uns selbst als auch zu unseren Partnerinnen und Partnern, von Ehrlichkeit nur profitieren können.

Der wichtigste Schritt zu einer sexuell offeneren Gesellschaft ist sicherlich die Gleichstellung aller Geschlechter, auch, wenn in unseren Breitengraden oft fälschlicherweise behauptet wird, dass wir Feminismus ja eh nicht mehr brauchen. Schauen Sie mal nach Polen oder nach Amerika, über welche Idiotien da gestritten werden. Abtreibungsgesetze zu verschärfen, über die Körper von Frauen bestimmen zu wollen und diese mit dem Thema sexuelle Gesundheit völlig allein zu lassen, ist sicherlich der falsche Weg.

Aber auch hierzulande wird der Mann immer noch als sexuell offensives Wesen dargestellt, während Frauen ständig zu vermeidendem, defensivem, ja beinahe „züchtigem“ Verhalten angehalten werden. Nehmen Sie die kürzlich propagierten „Verhaltenstipps“ aus dem Bundeskriminalamt als Beispiel, die das Thema Gewalt in den alleinigen Handlungsbereich der Frauen legen: „Präsentieren Sie sich selbstbewusst …“, „Gewöhnen Sie sich an, mit selbstbewusstem Schritt, offenem Blick und aufrechter Haltung zu gehen …“ – Wäre es nicht zielführender, Gewaltpräventionskampagnen explizit an Männer zu richten?

Wir müssen viel bessere, härtere Aufklärung betreiben, Fortschritte in puncto Verhütung machen und Menschen bereits in jungen Jahren zu sexuell kompetenten Wesen erziehen, die Grenzen respektieren. Vor allem müssen wir verstehen, wie oft Sex immer noch Mittel zum Zweck ist. Zum Beispiel zur Durchsetzung vermeintlicher Machtansprüche. Erst, wenn alle Mitglieder unserer Gesellschaft begriffen haben, dass persönliche Grenzen zu wahren sind, es kein Recht auf Sex und keinen Anspruch an anderen Menschen gibt, werden wir uns als Gesellschaft weiterentwickeln können.

Wir müssen normal über Sex reden können, ohne als nymphoman erachtet zu werden. Wir müssen Betroffenen von sexuellen Übergriffen Gehör schenken und sexuelle Gewalttaten sehr viel härter verurteilen. Und wir müssen Sex von Religion abkoppeln, denn die Bibel ist nicht unbedingt der beste Sexualratgeber. Am Ende ist nichts auf der Welt so politisch wie Sex. Und der betrifft uns schließlich alle. 

Vielen Dank für das Interview!

Buch-Empfehlung:
Am 21. Februar 2022 erscheint das Buch der Sex-Podcasterinnen Sinah Edhofer und Leonie-Rachel Soyel. Das Buch trägt den Titel des Podcastes - "Couchgeflüster" - und erzählt  von sexuellen Erfahrungen, spannenden Dates, ersten beruflichen Schritten nach dem Studium, der großen Liebe und gescheiterten Freundschaften. Es ist das Buch, das die Autorinnen gerne selbst mit Anfang 20 gelesen hätten, und das sie deshalb nun einfach geschrieben haben. Um 25 Euro ist es als Taschenbuch (ISBN 978-3-218-01293-5) im Buchhandel erhältlich, für 16,99 Euro kann man es als E-Book (EAN 9783218013222) kaufen. 

Sinah Edhofer finden Sie auf Instagram, mehr zum Buch gibt es hier und auch wir hatten in der Vergangenheit bereits ein Interview über den Podcast in unserer Zeitung.

Die beiden Podcasterinnen Leonie-Rachel Soyel (links) und die Braunauerin Sinah Edhofer (rechts) haben zusammen ein Buch geschrieben. | Foto: Leonie-Rachel Soyel
Buchcover | Foto: Kremayr & Scheriau
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