Der "Zwink Rudl" macht‘s den Jungen vor

- hochgeladen von Barbara Ebner
Vom "Wirtesterben" und wie ein Aspacher noch im hohen Alter zum Jungunternehmer avancierte.
BEZIRK (ebba). Österreichweit – und so auch im Bezirk Braunau – steht die Gastronomie vor einem großen Nachwuchsproblem. "Wenn ein Wirt in Pension geht, findet sich oft keiner mehr, der weiter machen will. Mit den ganzen Auflagen, was zum Beispiel das Rauchen, die Allergenverordnung und die Registrierkassenpflicht angeht, wird es für Gastronomen immer schwieriger", bedauert Wirtesprecher Herbert Karer vom Gasthaus Badhaus in Mattighofen.
Die Arbeit in der Gastronomie ist damit nicht mehr attraktiv für potenzielle Übernehmer. "In den vergangenen zehn bis 12 Jahren haben allein in Mattighofen vier große Betriebe zugesperrt, weil kein Nachfolger gefunden werden konnte", so Karer. Zuletzt das Gasthaus Stiegl-Eck am Stadtplatz – seit dem 18. Jahrhundert eine Gaststätte. Da auch hier kein Nachfolger gefunden werden konnte, musste das Traditionsgasthaus schließen. Es gab natürlich auch Übernahmen im Bezirk, diese würden sich aber zahlenmäßig im Rahmen halten.
Für die Zukunft sieht Karer schwarz. "Es wird um einiges weniger Wirtshäuser geben, weil sich das keiner mehr antun will. Jeder Bauer bekommt eine Förderung vom Staat, damit er weitermacht. Anderen Branchen wie der Gastronomie sieht man hingegen zu, wie sie eingehen", versteht Karer die Welt nicht mehr.
Mit 90 die Konzession geholt
Ganz entgegen dem Trend, sticht das Gasthaus Zwink in Aspach heraus. Ein Jahr nach dem Tod von Wirtin Hilda Bleckenwegner hat ihr Gatte Rudolf die Konzession für den Gastbetrieb erhalten. Das klingt nicht weiter aufregend. Wenn man nun aber weiß, dass Rudolf Bleckenwegner bereits 90 ist, verändert sich das Bild.
Übung hat der rüstige Neo-Wirt und vermutlich älteste Jungunternehmer Österreichs zur Genüge. Seit 1956 ist er im Aspacher Gastbetrieb tätig. Seit wenigen Wochen ist der "Zwink Rudl" Wirt in einem der urigsten Gasthäuser des Bezirks.
Dabei gehen ihm sein Sohn Christoph Bleckenwegner (54) und dessen Frau Gerhild tatkräftig zur Hand. Christoph Bleckenwegner hat dafür sogar eine berufliche Auszeit von seiner Tätigkeit als Rechtsanwalt genommen, auch sein Gemeinderatsmandat in der Stadt Ried hat er zurückgelegt. "Ich möchte mich voll und ganz auf das Wirtshaus konzentrieren", sagt er, und schließt nicht aus, den Betrieb später einmal zu übernehmen. "Zumindest wollen wir irgendeine Lösung finden, damit das Gasthaus weiter bestehen bleibt." Auch er hat seit seiner Jugend immer wieder im Betrieb mitgeholfen.
Groß verändern will die Wirtsfamilie nichts. "Die Leute sagen immer, verändert bloß nichts. Wir wollen die Gaststube genau so wie sie ist", erzählt Rudolf Bleckenwegner. "Es geht ums Erhalten, nicht ums Verändern. Wir wollen den Charakter der Gaststube bewahren. Es bleibt auch beim reduzierten Betrieb, wie er schon zeitlebens meiner Mutter geführt wurde. Drei Tage die Woche haben wir geöffnet. Warme Küche gibt es auf Voranmeldung, jedenfalls aber am Sonntag nach dem Gottesdienst", erklärt Sohn Christoph.
Seit über 100 Jahren ist das Gasthaus Zwink in Familienbesitz. Auch eine Schule war einst hier untergebracht. Die Pausenklingel funktioniert immer noch.
Bekannt ist das Traditionsgasthaus vor allem durch das Innviertler Gstanzlsingen, das hier stattfindet. Außerdem für die immer frische Küche, das traditionelle Butter-Schnitzel und die "beste Essigwurst" – nicht nur laut Schwiegertochter Gerhild. Der Zwink Rudl richtet diese in liebevoller Detailarbeit – immer mit exakt 56 "Wurstradln" – für seine Gäste an. "Ich selbst habe noch nie in meinem Leben eine Essigwurst gegessen", sagt er, und ist trotzdem Experte für deren Zubereitung.
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