Zwölf Stunden, in denen Alles passieren kann

Die ältere Dame wird von den Rettungssanitätern ins Krankenhaus Braunau gebracht. Die Polizei ist dabei, um das Pflegepersonal über die Sachlage zu informieren.
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Freitagnacht: Auf Streife mit den Beamten der Braunauer Polizei.

BRAUNAU (ebba). „Was ist denn passiert?“, fragt Bezirksinspektor Christof Krotzer die beiden Unfallbeteiligten. Gemeinsam mit seinem Kollegen, Revierinspektor Christoph Niederhauser, wurde er zu einem Verkehrsunfall zwischen einem Reisebus und einem Pkw im Kreuzungsbereich Nähe Linzer Straße gerufen. Ein Routineeinsatz für die Beamten. Die Daten werden aufgenommen, die Papiere überprüft, der Schaden begutachtet, aber „offenbar kam es lediglich zu einer Berührung der beiden Fahrzeuge. Viel kaputt ist da wohl nicht“, meint Krotzer. Die Schuld sehen natürlich beide Unfalllenker beim jeweils anderen. „Es ist aber auch gar nicht unsere Aufgabe, die Schuldfrage zu klären. Wir erheben nur. Jedenfalls erlebt man nur selten, dass einer zugibt, dass er den Fehler gemacht hat, der zum Unfall führte“, so Krotzer.

Die Sektor-Streife Braunau fährt weiter. In den Nachtstunden am Wochenende fahren die Polizeibeamten vor allem den Siedlungs-, Geschäfts- und Firmenbereich ab, um Einbrecher auf frischer Tat zu ertappen. Ab Mitternacht konzentriert man sich verstärkt auf die Lokale. „Zu Raufereien mit Körperverletzungen kommt es natürlich öfter. Wenn ein gewisser Alkoholpegel erreicht ist“, weiß Abteilungsinspektor Valerie Hofer, die ihre zwölfstündige Nachtschicht währenddessen in der Zentrale verbringt. Ihre Aufgabe: Die Koordination und Verständigung der Streifen sowie das Entgegennehmen von Anzeigen. „Eine Nacht, in der gar nichts passiert, gibt es nicht. Es kann sich Alles zutragen, von der Alarmfahndung über Suizid bis hin zum Amoklauf. Jeder Tag ist anders und jede Sekunde kann das Telefon klingeln.“

Nackter Protest

Die Beamten Krotzer und Niederhauser haben in ihrer Polizeikarriere schon einiges erlebt. „Einmal kam mir eine pudelnackerte Frau unter. Ich dachte, ich seh nicht richtig. Ich hielt sie an und brachte sie nach Hause. Ihr Mann erklärte mir dann, dass sie das öfters mache, wenn sie sich streiten.“

Es ist eine verhältnismäßig ruhige Nacht. Selbst im Stadtzentrum sind kaum Leute unterwegs. Hie und da wird mal ein Radfahrer angehalten, der ohne Licht unterwegs ist. Bei der Fahrt von der Industriezeile in Richtung Inn-Park, wendet Inspektor Niederhauser urplötzlich und tritt aufs Gas. Grund: Ein entgegenkommender Pkw war eindeutig zu schnell dran. Was folgt ist eine kleine Verfolgungsjagd über die Umfahrung in Richtung St. Peter. Der Bleifuß hat jedoch Glück, da er entweder zu schnell für die Polizei war oder aber anders abgebogen ist.

Kontrolle nach Instagram-Date

Vom City Center biegen zwei Pkw aus. Wobei einer der beiden ein Manöver macht, das die Beamten dazu veranlasst, ihm ein paar Kilometer zu folgen. Der Mann mit Linzer Kennzeichen wird schließlich angehalten. Der vermeintliche „Autoprolet“ erklärt den Beamten, dass er mit seinem Manöver lediglich sein „Instagram-Date“ beeindrucken wollte, mit dem er sich beim City Center getroffen hatte. Es sei das zweite Treffen gewesen, erzählt er weiter. Verständnisvoll und interessiert fragt Niederhauser nach, ob es denn noch ein drittes Date gäbe. Das müsse er sich noch überlegen, so der junge Mann. Die Kontrolle endet ohne Beanstandung. Der Mann darf weiter fahren und über eine gemeinsame Zukunft mit seinem Date grübeln.

Die Fahrt geht weiter und ab und zu kommt ein Funkspruch herein. Es folgt noch eine Alkoholkontrolle, die aber negativ – oder vielmehr positiv für den Lenker – verläuft.

Verwirrte Dame raubt Nachbarn den Schlaf

Dann wird die Streife zu einer Nachschau in die Josef-Mohr-Straße gerufen. Eine Familie hat sich über eine Nachbarin beschwert, die permanent bei anderen Wohnungen klingelt und im Flur singt und tanzt. Die betagte Dame sei offensichtlich geistig verwirrt. Im zweiten Stock angekommen, treffen die Beamten bereits auf die Dame. Die aufgebrachte und besorgte Nachbarin und ihr Sohn, die bei der Polizei angerufen hatten, erklären den Beamten die Lage. „Seit zwei Wochen kann ich nicht mehr schlafen. Sie läutet ständig an und weiß nicht mehr, dass sie hier daheim ist.“ Die ältere Dame im Nachthemd habe keine Angehörigen und sei auf sich gestellt. Krotzer erklärt, dass es wohl darauf hinauslaufen werde, über die Bezirkshauptmannschaft Braunau einen Sachwalter zu bestellen und einen Pflegeplatz für die Frau zu finden. Vorübergehend sei es womöglich das Beste, sie in die Klinik für psychische Gesundheit im Krankenhaus Braunau zu bringen. „Da sie möglicherweise eine Gefährdung für sich selbst darstellt.“ Laut Nachbarin sei sie am selben Tag noch mit dem Auto unterwegs gewesen.

Inspektor Krotzer führt ein kleines Interview mit der Dame. Mal gibt sie an, erst seit ein paar Monaten hier zu leben, mal sind es doch schon 18 Jahre, dann erinnert sie sich wieder nicht, überhaupt hier zu wohnen. Die Beamten rufen schließlich den HÄND (Hausärztlichen Notdienst). Der diensthabende Arzt trifft gemeinsam mit Rettungssanitätern ein und unterschreibt schließlich die Überstellung ins Krankenhaus. Der Dame werden ein paar Sachen eingepackt. Würdevoll wird sie noch etwas wärmer eingekleidet. Die Beamten begleiten den Rettungswagen noch zum Krankenhaus und erklären dort dem Krankenhauspersonal die Lage.

Danach geht es weiter mit einer Sperrstunden-Überprüfung in der Neustadt, die für den Lokalbetreiber positiv verläuft. Die Innenstadt und eine Disco in der Industriezeile werden noch einmal abgefahren, aber Raufereien oder dergleichen scheint es heute nicht mehr zu geben.

Zurück auf der Dienststelle werden erst einmal die Berichte verfasst. Es ist nun kurz nach drei Uhr morgens. Niederhauser und Krotzer beschäftigen sich nun vorrangig mit „Innendienstlichem“.
Weiter geht die Fahrt mit den beiden Inspektoren Michael Köckerbauer und Philipp Reifetshamer. Ein Funkspruch geht ein, dass ein weißer Kastenwagen mit Wiener Kennzeichen von Autohändler zu Autohändler fahren würde und sich der Fahrer dort verdächtig auf den Innenhöfen umsehe. Die Kollegen treffen einen weißen Lieferwagen an. Der Fahrer hat einen Schlüssel für die Firmengarage und scheint tatsächlich lediglich Liefertätigkeiten durchzuführen.

Bei einem Kreisverkehr in der Nähe der Neustadt bemerken die Beamten einen Schaden an der Bepflanzung. „Da ist offenbar einer alkoholisiert drüber gebrettert. Das hätte sich ausgezahlt, den zu erwischen“, meint Reifetshamer.

Einbruch im Suchtgiftmilieu

Der nächste Funkspruch lässt schon erahnen, dass die Dame, die die Polizei gerufen hat, keine Unbekannte für die Beamten ist. Es handle sich um einen Einbruch in der … Straße (aus personenschutzrechtlichen Gründen wird der Straßenname nicht angegeben). Die Beamten zweifeln dies erst noch an. „Mit dieser Dame haben wir beinah alle zwei Wochen zu tun. Sie gehört dem Suchtgiftmilieu an und macht immer wieder Probleme“, klären die Beamten auf.

Das Blaulicht kommt zum Einsatz. Am Tatort angekommen, winkt die Anruferin die Beamten zu sich. Dass sie regelmäßig Drogen konsumiert, sieht man ihr deutlich an. Die junge Frau schildert den Beamten, was passiert ist und wer bei ihr eingebrochen hat. Es sei ein Bekannter von ihr gewesen – laut Beamten ebenfalls amtsbekannt. Eine Glastüre wurde eingeschlagen, Scherben liegen auf dem Boden. Es folgt der Auftritt des Vermieters. Im Morgenmantel, mit Zigarette im Mund, über den sich ein dünner Oberlippenbart krümmt, stellt sich der „Herr Diplomingenieur“ vor, der in Braunau ebenfalls kein Unbekannter ist. Neigt er doch dazu, sich gerne auffällig zu (ver)kleiden.

Die Beamten nehmen alle Daten und Aussagen auf und versuchen den vermeintlichen Einbrecher noch aufzufinden – jedoch ohne Erfolg. Da aber sowohl der Beschuldigte als auch das Opfer bekannt sind, werden beide tags darauf zur Vernehmung auf die Polizeidienststelle „eingeladen“. „Unser Bericht mitsamt den Aussagen wird dann an die Staatsanwaltschaft weitergeleitet“, erklärt Köckerbauer. Damit endet diese Streifenfahrt und damit zwar eine verhältnismäßig ruhige, aber dennoch nicht ereignislose Nacht mit der Braunauer Polizei.

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