Ärztekammer-Präsident Lang
„Auch in Burgenlands Spitälern steigt die Gewalt“

Ärztekammer-Präsident Michael Lang begrüßt die Maßnahmen des Landes, die zur Attraktivierung des Standortes Burgenland für junge Ärzte beitragen. | Foto: Uchann
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Ärztekammer-Präsident Michael Lang über den Ärztemangel, Masern-Impfpflicht, Rauchverbot in der Gastronomie und Gewalt in den Spitälern.

Welche Bereiche sind vom Ärztemangel betroffen?
Im wesentlichen alle. In den nächsten Jahren geht etwa ein Drittel der Ärzteschaft in Pension. Bei den Allgemein-Medizinern sind es sogar mehr als 50 Prozent.

Im Burgenland sind bereits Maßnahmen ergriffen worden, um dem Ärztemangel entgegenzuwirken – wie etwa die Förderung von Arztpraxen. Was halten Sie davon?
Ich begrüße dieses Maßnahmen. Wichtig wäre auch, dass das gesamte Arbeitsumfeld optimiert wird. Das kann ich besonders im Spitalsbereich beurteilen. Die jungen Kollegen, die zu arbeiten beginnen, kommen ja mit ihrer Familie. In Deutschland gibt es etwa Berufsangebote für die Ehefrau – und umgekehrt, Kinderversorgung oder günstige Wohnmöglichkeiten. Da wird bei uns sicher noch einiges zu tun sein.

Haben Sie noch weitere Vorschläge zur Attraktivierung des Standortes Burgenland für junge Ärzte?
Ich habe das schon öfter der Politik gesagt: Man müsste den Stellenplatz im Burgenland für die neun Monate Basis-Ausbildung nach dem Medizin-Studium aufmachen. Wenn die jungen Ärzte einmal im Burgenland angefangen haben zu arbeiten, dann lernen sie auch unser Land kennen und schätzen und bleiben vielleicht auch dann die restliche Zeit der Ausbildung. Natürlich ist das eine Investition, aber man hätte eine Chance, Leute zu bekommen, die Gefallen am Burgenland finden.

Verdienen die Ärzte im Burgenland zu wenig?
Die umliegenden Bundesländer haben uns wieder überholt. Allerdings werden die Jungen im Burgenland mit dem neuen Gehaltsschema in Zukunft gut verdienen. Wir müssen aber etwas für die Älteren tun, die in den vergangenen Jahrzehnten dem Burgenland gedient haben. Die kann man nicht einfach fallen lassen, nur weil ein neues Gehaltsschema kommt.

Kürzlich kam von einem Kinderarzt, der für die ÖVP kandidiert, der Vorschlag einer Burgenland-Quote für die Zulassung zum Medizin-Studium. Eine gute Idee?
Ich habe nichts dagegen, aber ich halte das für illusionistisch. Die Quoten müssten dann für alle Bundesländer gelten. Auch die Forderung – wie sie etwa von Johanna Mikl-Leitner kommt – nach Erhöhung der Studienplätze, ist nicht das Gelbe vom Ei. Der Effekt würde frühestens in zwölf Jahren eintreten.

Kritik ist auch an dem Aufnahmetest für das Medizin-Studium zu hören…
Auch ich halte diese Form der Zulassungsüberprüfung zumindest hinterfragenswert. Außerdem werden die Falschen herausgefiltert.

Ihr Vorschlag?

Ich bin dafür, dass man die Testzeit auf mehrere Tage ausdehnt. Und um vom Aufnahmetest wegzukommen, würde ich ein Pflegesemester oder Pflegejahr favorisieren. Das heißt, als Voraussetzung für die Studienzulassung muss man in einem Pflegeberuf arbeiten. Damit würde man Ärzte bekommen, die wirklich Interesse am Beruf haben.

Vor ein paar Wochen wurde vom Landeshauptmann der „Masterplan Gesundheit“ präsentiert – unter anderem mit der Ankündigung, im Bezirk Neusiedl am See ein neues Krankenhaus zu bauen…
Das war eine jahrelange Forderung von seiten der Ärztekammer. Es ist vernünftig, dass man zentral im Ballungszentrum Neusiedl am See ein Krankenhaus errichtet.

Ich nehme an, dass Sie über das generelle Rauchverbot in der Gastronomie erfreut sind…
Absolut. Da geht es vor allem darum, die Mitarbeiter in der Gastronomie zu schützen. Es ist fast eine Schande, dass wir über Dinge diskutieren, die in anderen Ländern selbstverständlich sind. Der zweite Aspekt: in all jenen Ländern, wo die Rauchverbote bereits länger gelten, ist die Sterblichkeit an Lungen- und Herzkreislauferkrankungen zurückgegangen. Es besteht also auch ein indirekter Effekt für die Raucher.

Können Sie trotzdem den Unmut mancher Lokalbesitzer nachvollziehen?
Ja, das kann ich verstehen. Das war ja ein blamables Hin und Her von seiten der Politik. Und als Lokalbesitzer muss man ja planen.
Ich finde dieses generelle Rauchverbot aber auch aus der Sicht der Lokalbesitzer für gut. Denn jetzt gibt es keine Konkurrenzsituation.

Sind Sie für die Masern-Impfpflicht?
Ja. Der Staat hat eine Fürsorgepflicht für die Bürger. Die Eigenverantwortung, von der immer gesprochen wird, mag für einen Erwachsenen gelten. Aber wenn die Eltern ihrer Fürsorgepflicht gegenüber den Kindern nicht nachkommen, dann hat der Staat hier einzuschreiten.
Es sind vor allem drei Aspekte, die dafür sprechen: Erstens der Schutz der Kinder selber, dann der Schutz derer, die nicht geimpft werden können, weil sie schwerst erkrankt sind, und dann ist vielen zu wenig bewusst, dass bei an Masern Erkrankten für rund zwei Jahre das gesamte Immunsystem geschwächt ist.

Man hört in letzter Zeit immer mehr von Gewalt in Spitälern. Ist davon auch das Burgenland betroffen?

Ja, die Gewalt nimmt zu, vor allem das Aggressionspotenzial steigt, die aggressiven, verbalen Äußerungen nehmen zu. Gottseidank sind im dritten Gewaltschutzgesetz die Gesundheitsberufe berücksichtigt worden - mit höheren Strafen bei tätlichen Angriffen.

Aber ob dadurch die Gewalt abnimmt…?
Es ist zumindest ein Signal. Abgesehen davon sollte es Begleitmaßnahmen geben. Es sollte in jedem Krankenhaus die Lokalität danach überprüft werden, wie riskant es ist, dass man dort in eine gefährliche Situation geraten kann. Eine gute Idee wären auch Schulungen für das Gesundheitspersonal. Aber weniger Selbstverteidigungskurse, sondern das Trainieren von deeskalierenden Maßnahmen. Es beginnt ja meistens mit einer verbalen Aggression und schaukelt sich dann hoch bis zur körperlichen Aggression. Und da helfen nur Deeskalations-Mechanismen.

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