Anja Haider-Wallner im Interview
"Sind bereit, Regierungsverantwortung zu übernehmen"
Seit dem 7. Oktober ist Anja Haider-Wallner neue Landessprecherin der Grünen. Mit RegionalMedien Burgenland-Chefredakteur Franz Tscheinig sprach sie über Klimakleber und die Herausforderungen der Grünen im Burgenland
Liebe Frau Haider-Wallner, wie waren Ihre ersten zwei Monate als neue Landessprecherin der Grünen? Was konnten Sie bisher umsetzen?
ANJA HAIDER-WALLNER: Es war anstrengend, da ich in dieser Zeit auch Corona hatte. Es ist für mich im Moment noch ein Ehrenamt, das heißt ich mache das neben allen meinen anderen beruflichen Dingen. Wir bauen das Team gerade neu auf und versuchen uns, auf die kommenden 14 Monate mit fünf Wahlkämpfen vorzubereiten und stabil aufzustellen.
Abgesehen von den Wahlen: Wo sehen Sie die größten Herausforderungen für die Grünen im Burgenland?
Die Wahlen sind für so ein kleines Team wie uns natürlich schon eine Herausforderung. Eine Herausforderung größerer Art ist der Klimawandel und der Kampf gegen die Klimakrise. Maßnahmen zu setzen, beginnt da im Kleinen und da haben wir im Burgenland sowohl im Land als auch in den Gemeinden große Aufgaben vor uns.
Was halten Sie von den sogenannten Klimaklebern?
Ich kann verstehen, dass man angesichts dessen, dass die Politik und die Wirtschaft so veränderungsresistent sind, verzweifelt und nicht weiß was man dagegen tun soll. Wenn man sich vorstellt, man ist jung und hat Kinder, die vielleicht keine lebenswürdige Lebensgrundlage mehr haben werden, dann löst das schon Verzweiflung aus. Ob die gewählten Mittel die richtigen sind, da bin ich mir nicht so sicher, weil mittlerweile die Stimmung einfach umgeschlagen ist.
Was macht die SPÖ-Landesregierung im Burgenland gut und was schlecht?
Es gibt gute Ansätze. Die Landesregierung hat zum Beispiel unseren Vorschlag, Bio umzusetzen, sehr gut gemacht. Wo es aus meiner Sicht noch Bedarf gibt, ist die Transparenz. Also hineinschauen in die vielen Gesellschaften ist ja gerade im Landtag sehr schwierig. Meine Kollegin Regina Petrik nennt das auch Black-Box-Politik. Ich glaube, da braucht es noch ein anderes Bewusstsein und eine andere Kultur, gemeinsam mit den anderen Parteien das Land auch zu gestalten und Ideen umzusetzen. Ich glaube, das wünschen sich die Wählerinnen und Wähler auch, weil wir sind so ein kleines Land, wo eigentlich alle gemeinsam ihren Beitrag leisten sollten.
Was unterscheidet Sie von Ihrer Vorgängerin Regina Petrik? Was machen Sie anders?
Was wir gemeinsam haben ist jedenfalls, dass wir für die gleichen Themen brennen. Das ist der Kampf gegen die Bodenversiegelung, das ist die Transparenz, das ist die soziale Gerechtigkeit sowie der Natur- und Klimaschutz. Wo wir vielleicht ein bisschen unterschiedlich sind, ist unser Zugang und unser Stil. Wir sind einfach unterschiedlich von unserer Persönlichkeit her. Aber ich denke, es gelingt uns gerade gut, diesen Übergang zu gestalten und das Gute, dass von ihr aufgebaut wurde, möchte ich gerne weitertragen und Regina unterstützt mich dabei auch sehr.
Welche Schulnote würden Sie den Grünen für Ihre bisherige Arbeit in der Bundesregierung geben und warum?
Ich würde ihnen eine Eins geben, weil es bemerkenswert ist, mit 14 Prozent bei einer Wahl und der ÖVP als Koalitionspartner so viele Themen durchzubringen und durchzusetzen. Natürlich gab es da und dort Abstriche, aber es ist großartig was in den Bereichen Justiz und Klimaschutz geleistet wurde. Auch im Gesundheitsministerium eine derartige Gesundheitskrise wie die Corona-Krise zu managen, als neue Regierungspartei, nachdem man zuvor gar nicht im Nationalrat vertreten war, ist großartig. Ja, da und dort hätte man aus der heutigen Perspektive vielleicht anders entscheiden können, aber ich glaube, dass das Management in dieser Regierung ein gutes ist.
In etwas mehr als einem Jahr steht die nächste Landtagswahl an. Werden Sie Spitzenkandidatin sein und was ist das Wahlziel der Grünen?
Also ich werde mich bewerben, wir haben erst im Mai die interne Wahl. Bis dahin rinnt noch ein bisschen Wasser die Wulka hinunter. Und ich gehe aus heutiger Sicht davon aus, dass ich gewählt werde. Das Ziel ist jedenfalls, Stimmen zu maximieren und wir sind auch bereit, Regierungsverantwortung zu übernehmen.
Bei der letzten Landtagswahl sind die Grünen eigentlich mit viel Rückenwind aus dem Bund angetreten. Nun scheinen die Vorzeichen nicht ganz so gut.
Ich glaube, dass Bundes- und Landeswahlen nicht vergleichbar sind. Ich meine, dass unseren Wählerinnen und Wählern die Landtagswahlen nicht so wichtig sind. Da gilt es sie zu überzeugen, auch zur Landtagswahl zu gehen. Das werden wir machen und ganz spannende Themen im nächsten Jahr bringen. Das erste Anliegen von mir und meinem neuen Stellvertreter Philip Juranich ist, dass wir demnächst mit lustigen Videos nach draußen gehen, wo wir Klischees, Memes und andere Geschichten über Grüne einem Faktencheck unterziehen, in einem sogenannten Green-Check. Denn da läuft ganz vieles in den verschiedensten WhatsApp-Gruppen und Social Media-Kanälen – und manches stimmt, was man sich so über Grüne erzählt, und manches ist vielleicht auch ein Gschichtl.
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