Streit um Lobautunnel
Wirtschaftskammer Wien droht Gewessler mit Klage
Gegen den Baustopp des Lobautunnels kämpft die Wirtschaftskammer Wien weiter an. Laut einem neuen Gutachten sei dieser sogar "rechtlich nicht möglich". Deshalb drohe Klimaministern Leonore Gewessler (Grüne) sogar eine Ministeranklage.
WIEN/DONAUSTADT. Der Streit um den Lobautunnel bzw. die Stadtstraße nimmt kein Ende. Zur Umsetzung des Projekts drängt die Wirtschaftskammer Wien (WKW), was sie jetzt mit einem Rechtsgutachten untermauert. Dieses wurde von Verfassungsjuristen Heinz Mayer erstellt.
Sollte sich demnach herausstellen, dass Klimaministerin Leonore Gewessler (Grüne) eine Weisung an die Asfinag zur Einstellung des Baus erteilt hat, drohe ihr sogar eine Ministerklage. Selbst zivil- und strafrechtliche Folgen wären dann laut dem Verfassungsjuristen Mayer möglich. Denn solch eine Weisung des Ministeriums an die Asfinag sei "nicht möglich und rechtswidrig".
Lobautunnel bereits rechtskräftig genehmigt
Gewessler gab 2021 bekannt, dass das Projekt Lobautunnel nach 20 Jahren Vorarbeiten und bereits getätigten Investitionen in Millionenhöhe nicht mehr weiterverfolgt werde. Dies würde das Aus des geplanten Autobahnrings um Wien bedeuten, der bereits zu großen Teilen fertig ist. Um das Projekt fertig zu stellen fehlen aktuell nur mehr 19 Kilometer zwischen Schwechat und Süßenbrunn – darunter auch der rund 8,2 Kilometern lange Lobautunnel.
"Mit der Aufnahme einer Straße in das Bundesstraßengesetz ist eine klare Entscheidung getroffen worden, dass die Straße zu errichten ist", betonte auch Mayer. So setzte sich Gewessler aktuell über das Gesetz hinweg. "Im Prinzip ist der Tunnel seit dem Jahr 2018 rechtskräftig genehmigt, Beschwerden an Höchstgerichte blieben erfolglos."
Dies untermauert auch Gesellschaftsrechtsexperte Jörg Zehetner, der ebenfalls ein Rechtsgutachten erstellt hat: Eine Weisung der Ministerin gegen eine Aktiengesellschaft (wie die Asfinag) sei "aktienrechtlich unzulässig" und gesetzeswidrig. Es bestehe eine rechtliche Verpflichtung, die Straße zu bauen.
Gewessler handle außerhalb ihrer Zuständigkeit
Rechtlich könne man das Projekt also nicht absetzen. Wenn Gewessler sage, dass der Tunnel nicht komme, "handelt sie außerhalb ihrer Zuständigkeit", so Mayer. Sollte sie das Gesetz ändern wollen, könne das nur der Gesetzgeber tun, nicht aber eine Ministerin, ergänzt Zehetner.
Auch die Argumentation Gewesslers, dass das Projekt alt und nicht mehr zeitgemäß sei, sei laut Mayer "irreführend" und "falsch aus rechtlicher Sicht". 2015 habe das Umweltministerium und 2018 das Bundesverwaltungsgericht seine Entscheidungen auf Basis der damals aktuellen Sachlage getroffen. Änderungen im Sachverhalt, die es bis dahin gegeben habe, hätte das Gericht mitberücksichtigen müssen und "hat es auch berücksichtigt", so Mayer. "Das Projekt ist also am Stand von 2018."
Für den WKW-Präsident Walter Ruck seien alle Interessen zum Lobautunnel bereits ausführlich abgewogen worden. Dabei könne der Lobautunnel nicht "von heute auf morgen vom Tisch gewischt werden". Neben der rechtlichen Grundlage fehle dafür auch das Einvernehmen mit dem Finanzministerium (BMF). Dieses ist für Änderungen des Bauprogramms der Asfinag nötig.
Streit um Lobautunnel geht weiter
Kritik am jetzt vorgelegten Rechtsgutachten kommt von Grünen und Umweltschützern. "Die Stadt Wien hat Klimaziele und diese sind mit dem Lobautunnel nicht in Einklang zu bringen", so Peter Kraus, der Parteivorsitzende der Grünen Wien. Von Greenpeace heißt es zudem: "Moderne Standortpolitik sieht anders aus."
“Wann immer Klimaziele formuliert oder Klimaschutzmaßnahmen beschlossen werden, ist es die Wirtschaftskammer, die sich querlegt", kritisiert auch Lena Schilling von LobauBleibt. Den Kampf gegen den Lobautunnel geben die Aktivistinnen und Aktivisten nicht auf. "Unser Protest geht weiter, wir werden immer mehr und immer lauter", kündigt Lucia Steinwender von LobauBleibt an.
Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) steht dem Gutachten hingegen positiv gegenüber. So würden die nun präsentierten Erkenntnisse die Meinung und Rechtsauffassung der Stadt Wien bestätigen. Es werde dadurch einmal mehr klargestellt, dass die Entscheidung von Ministerin Gewessler ohne taugliche Rechtsgrundlage getroffen worden sei.
Dabei sei die Stadt Wien von Ministerin Gewessler lediglich über die Absage des Projektes informiert worden. Laut Ludwig habe die „völlige Intransparenz des Entscheidungsprozesses“ den Eindruck entstehen lassen, dass es sich um eine willkürliche Entscheidung der Ministerin gehandelt habe. (APA/red.)
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