Kritik der Grünen
Konkurrenzkampf zwischen Tafeln und Sozialmärkten
Konkurrenz statt Kooperation. Von der roten Alleinregierung werden mittlerweile auch Sozialmärkte und Wundmanagement verwaltet. Etablierte Organisationen wie die Pannonische Tafel fürchten nun um ausbleibende Ware, aufgrund der Konkurrenzsituation. Diese "Verstaatlichungspolitik des Landes" ist besonders den Grünen ein Dorn im Auge. Das Land sieht in den Sonnenmärkten ein zusätzliches Angebot.
EISENSTADT. Vom Land sollen bis Jahresende so genannte "Sonnenmärkte" in allen Bezirken installiert werden. Im Grunde eine gute Idee, um den armutsbetroffenen des Landes, Waren des täglichen Gebrauchs verbilligt anzubieten. Andrea Roschek von der Pannonischen Tafel, seit 15 Jahren im Dienste derer, die sich die Preise im Handel nicht mehr leisten können, übt nun scharfe Kritik an den Vorhaben der SPÖ. "Ziel ist es, dass es uns bald nicht mehr gibt", so Andrea Roschek.
"Strukturen werden zerstört"
Grünen-Chefin Regina Petrik ortet eine "Politik der Zerstörung". Mehrmals habe man im Landtag das "Konkurrenzprodukt Sonnenmarkt" kritisiert. Außerdem sei Petrik seitens des zuständigen Landesrates Schneemann zugesichert worden, dass bestehende Organisationen unterstützt werden und Sonnenmärkte nur dort eröffnet werden, wo es an Angebot fehle. Nun werde jedoch in bestehende Strukturen gezielt "hineingepfuscht", so Petrik.
"Wir haben bisher sehr gut mit der Volkshilfe und anderen Sozialorganisationen zusammengearbeitet. Doch jetzt husst uns das Land gegeneinander auf und zwingt uns in einen Konkurrenzkampf", erklärt Roschek.
Laut dem Büro Schneemann nehmen die Sonnenmärkte keine Waren weg. "Es gibt lediglich Kooperationen mit Handelsunternehmen, sowie es auch die Pannonische Tafel handhabt. Das Ziel des Landes war, in allen Bezirken eine derartige Einrichtung sicherzustellen", so das Land.
"Parteipolitisches Kleingeld"
Prompte Reaktion auf die Anschuldigungen der Grünen kommt von SPÖ-Sozialsprecher Roland Fürst: "Die Grünen im Burgenland versuchen mit destruktiver politischer Vereinnahmung parteipolitisches Kleingeld zu wechseln, das bringt der Bevölkerung absolut nichts." Die Armutsgefährdung sei dank erfolgreicher Sozialpolitik im Burgenland auf 6,5 Prozent gesunken.
Das von Petrik angesprochene Versprechen habe es laut Informationen von Landesrat Schneemann nie gegeben. Das bestätige auch das Protokoll einer Landtagssitzung.
Nachtrag: Nun liegt den RegionalMedien Burgenland jedoch die Beantwortung der parlamentarischen Anfrage vor. Auf die Frage von Regina Petrik: "Wurde versucht die bestehenden Angebote auszubauen, oder will die Landesregierung eine ganz eigene neue Struktur mit eigenen Konzepten umsetzen?"
Antwort Schneemann: "Das Ziel ist, die bestehenden Angebote auszubauen."
Die Aussage von Regina Petrik entspricht daher der Wahrheit und ist außerdem in den parlamentarischen Materialien auf der Homepage des burgenländischen Landtags öffentlich nachzulesen.
Wer zuerst kommt...
Besonders seit dem letzten Jahr gebe es einen regelrechten Einbruch an frischen Produkten. "Uns ist es wichtig, dass jeder unserer Kunden noch Joghurt, ein Stück Käse oder Wurst bekommen", sagt Roschek. In den Sozialmärkten sei dies nicht möglich. "Die Leute warten vor den Märkten und die ersten drei, vier Menschen füllen sich danach ihre Wägen mit den frischen Produkten", so Roschek weiter. Das wolle man in den Tafeln vermeiden. Hier werden die Waren vorab in Kisten aufgeteilt, die dann gerecht verteilt werden.
Förderungen gehen auseinander
In den letzten 15 Jahren wurde die Pannonische Tafel auch vom Land unterstützt. 60.000 Euro, verteilt auf kleine Einmalförderungen. "Im letzten Jahr waren es 7000, die wir vom Land erhalten haben" erklärt Roschek. Das Zehnfache, nämlich 600.000 Euro stehen nun im ersten Jahr für die Sozialmärkte des Landes bereit - konkret der Volkshilfe.
Seitens des Landes heißt es: "Die Pannonische Tafel hat in den vergangenen 10 Jahren, also seit 2013, rund 180.000 Euro an Förderungen ausbezahlt bekommen."
Heuer noch in Eisenstadt
Was in Oberpullendorf bereits ab September Realität ist, soll laut Roschek auch bald in Eisendtadt etabliert werden. Dies wurde aus dem Büro Schneemann auf Anfrage bestätigt: "Der Sonnenmarkt in Eisenstadt ist noch für das heurige Jahr geplant."
Mehrere Baustellen
Ähnliches Bild beim Wundmanagement im Land. Dieses ist mittlerweile auch verstaatlicht, obwohl es sehr gute Praxen mit langjähriger Erfahrung im Burgenland gibt. Simone Knopf betreibt mit dem Therapiezentrum Kogelberg in Draßburg seit 2019 eine solche Praxis. 2021 ließ sie sich auf ein Dienstverhältnis mit der landeseigenen Soziale Dienste GmbH ein. Ein Jahr später war die diplomierte Krankenschwester wieder selbstständig.
"Krankheit kennt keine Feiertage"
Kurios auch die Öffnungszeiten der Praxen der Sozialen Dienste GmbH. Diese seien, laut Knopf, vom Land zu den Kernzeiten von Montag bis Freitag vorgegeben. Die Kritik: Wundmanagement müsse sehr flexibel gestaltet sein. "Die Bedingungen des Landes passen überhaupt nicht zu einem modernen Wundmanagement. Denn Krankheit kennt keine Wochenenden und Feiertage. Wenn eine Wunde am Heiligen Abend durchblutet und der Verband gewechselt werden muss, dann ist das in der Gmbh nicht möglich", berichtet Knopf. Die Patienten müssten dann ins Spital ausweichen. Auf Anfrage der RegionalMedien zu diesem Umstand beim zuständigen Amt der Landesregierung verweist man auf den Arbeitnehmerschutz. "Dieser muss von jedem Arbeitgeber eingehalten werden - ob privat oder nicht", so das Land.
Zwei-Klassen-Pflege
Der Bedarf für modernes Wundmanagement sei definitiv da, erklärt Knopf, denn wirtschaftlich gehe es der Krankenschwester nicht schlecht. Leidtragende seien die Patienten. "Diese müssen um elf Euro pro Behandlung mehr zahlen. Damit schafft das Land eine Zwei-Klassen-Pflege" so Knopf. Inzwischen wurde die Landesförderung für privates Wundmanagement komplett gestrichen, diese erhält jetzt die GmbH, so die Informationen der Grünen.
Das Ende der Förderung bestätigte auch das Büro Schneemann: "Die Förderung brachte viele Bürokratien gerade für die Klientinnen und Klienten mit sich - sie mussten Anträge stellen und erhielten die Förderung nachträglich ausbezahlt. Die Soziale Dienste Burgenland wurden damit beauftragt die Versorgung sicherzustellen. Sie decken das Angebot ab." Bei Mehrbedarf werde entsprechend die Personalzahl angepasst.
Kommentare
Du möchtest kommentieren?
Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.