Trotz Proporz-Ende Kritik der Opposition
Nur SPÖ und ÖVP zeigen sich über das Ergebnis der Verfassungsreform zufrieden.
SPÖ und ÖVP haben nach dreieinhalb Jahren Verhandlungen Einigkeit über die Änderungen in der burgenländischen Landesverfassung erzielt. Ab 2015 sollen das Proporzsystem in der Regierung abgeschafft, die Vorzugsstimmen bei Landtagswahlen aufgewertet, ein zweiter Wahltag eingeführt und Minderheitenrechte der Opposition gestärkt werden.
„Modernste Verfassung“
„Das wird die modernste Verfassung aller Bundesländer", sagte Landeshauptmann Hans Niessl (SPÖ). Zu weiten Teilen des Pakets würden auch die Oppositionsparteien zustimmen, zeigte er sich optimistisch. "Wir haben gemeinsam einen großen Brocken gehoben", unterstrich sein ÖVP-Pendant Landeshauptmann-Stellvertreter Franz Steindl.
Freie Regierungsbildung statt Proporz
Die Abschaffung des Proporzes bedeutet, dass die Landesregierung sich nicht automatisch nach dem Wahlergebnis zusammensetzt. Die stimmenstärkste Partei wird sich künftig ihre/n Regierungspartner nach Verhandlungen selber suchen.
Mandate geht an Vorzugsstimmensieger
Aufgewertet werden die Vorzugsstimmen, die ein/e Kandidat/in bei Landtagswahlen erhält. Künftig geht das Vorzugsmandat an jene/n, die/der die meisten Stimmen in einem Wahlkreis erhält, unabhängig vom Listenplatz. Die derzeit gültige Hürde von 15 % der Parteivorzugsstimmen fällt.
Regierung wird erst später verkleinert
Die Zahl der Landtagsmandate bleibt mit 36 gleich, nicht aber die Zahl der Regierungsmitglieder. Ab der übernächsten Landtagswahl wird ihre Zahl von sieben auf fünf verringert. Nach der kommenden Landtagswahl im Frühjahr 2015 kann der Landtag entscheiden, ob sich die Regierung aus fünf, sechs oder sieben Mitgliedern zusammensetzt.
Zweiter Wahltag
Neun Tage vor dem Tag einer Landtagswahl wird künftig ein zweiter Wahltag eingezogen. Er soll Personen die Stimmabgabe ermöglichen, die am eigentlichen Wahltag nicht zu Hause sind.
Untersuchungsausschuss wird Minderheitenrecht
Die Einrichtung eines Untersuchungsausschusses wird ein Minderheitenrecht. Stimmen mindestens ein Viertel der Abgeordneten (das sind neun Mandatare) zu, wird ein Ausschuss verpflichtend eingesetzt. Den Vorsitz übernimmt ein Richter, der per Losentscheid aus einer vom Landesgerichtspräsidenten übermittelten Liste bestimmt wird.
Die Prüfkompetenz des Landesrechnungshofes wird auf alle Gemeinden ausgedehnt.
Änderungen für Gemeinden
Adaptiert wird auch die Bestimmung über die Zahl der Gemeinderatsmitglieder in den Gemeinden. Sie richtet sich künftig nach der Zahl der wahlberechtigten Hauptwohnsitzer in der Gemeinde.
Neu ist auch, dass mindestens 18 Gemeinden gemeinsam eine landesweite Volksbefragung initiieren können.
Amtierende Landtagsabgeordnete können in Zukunft im Pflegefall oder bei einer Schwangerschaft in Karenz gehen, die Bezüge entfallen.
„Klub" erst ab drei Abgeordneten
Kritik an der Verfassungsreform kommt von der Opposition. In den ersten Reaktionen zeigten sich vor allem FPÖ und Grüne verwundert, dass die Regierungsparteien eine Einigung präsentierten, ohne noch einmal mit den Oppositionsparteien verhandelt zu haben.
Inhaltlich richtete sich die Kritik an der Neuregelung über die Erlangung des sogenannten Klubstatus, der nun erst ab drei Mandaten gewährt werden soll. Bislang waren dafür nur zwei Abgeordnete notwendig.
„Schädigt kleine Parteien“
„An der Bildung eines Landtagsklubs hängt nicht nur die Bereitstellung einer Büro- und Personalgrundausstattung für die Landtagsarbeit. Auch etliche demokratische Rechte sind daran gebunden, als Landtagsklub tätig werden zu können“, sagt Grünen-Chefin Regina Petrik.
FPÖ-Landesparteiobmann Johann Tschürtz sieht in der neuen Klubstatusregelung ein „massives Zurückdrängen der Opposition“. Die Reaktion von Liste Burgenland-Abgeordnetem Manfred Kölly: „Das ist ein Skandal und schädigt massiv die kleineren Parteien und Initiativen.“
Inkrafttreten am 1.1.2015
Das gesamte Verfassungspaket soll nach der jetzt beginnenden Begutachtungsphase dem Landtag im November zur Beschlussfassung vorliegen. Ziel von SPÖ und ÖVP ist, es mit 1. Jänner in Kraft treten zu lassen.
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