Bienen, Bauern und Beizmittel
KRONSTORF/ST. VALENTIN. "Ich rate Ihnen, gehen'S nie in Pension – was ich jetzt für einen Stress hab...". Maximilian Liedlbauer, pensionierter Lehrer aus Kronstorf und seit 33 Jahren selbstständiger Imker, ist derzeit als Imkerei-Experte ein gefragter Mann. Anfang der Woche referierte der Präsident des OÖ Landesimkerverbands bei einer Enquete des SPÖ-Parlamentsklubs in Wien. "Mir ging es immer nur um die Sache. Doch da gibt es Leute, denen die Parteifreundschaft wichtiger ist als die Sache und die sich mit Geld in eine Richtung bewegen lassen", sagt Liedlbauer zu seinem kürzlichen Rücktritt als Präsident des Österreichischen Imkerbunds. Er setzt sich für ein Totalverbot der sogenannten Neonicotinoide ein. Dies sind bestimmte Pflanzenschutzmittel, mit denen das Saatgut von beispielsweise Mais, Raps und Sonnenblume "gebeizt", das heißt ummantelt wird (kein "Spritzmittel"). Aus dem Samen verteilt sich das Pestizid, das Schädlinge wie Drahtwürmer und den Maiswurzelbohrer bekämpfen soll, in der ganzen Pflanze. "Neonicotinoide sind schwere Nervengifte. Die Flugbienen, ein Drittel des gesamten Volkes, sterben entweder sofort oder leiden an schweren Orientierungsstörungen und finden nicht mehr heim." Bei den Bienen in der Umgebung von Kronstorf sei ein derartiges Bienensterben bisher nicht aufgetreten, so Liedlbauer. Doch beispielsweise aus Strengberg oder St. Agatha habe es schlimme Meldungen gegeben.
Fruchtwechsel wichtig
Der Zusammenhang zwischen den Nervengiften und dem Rückgang der Bienenpopulationen wird auch nach dem Schwenk von Umweltminister Berlakovich nicht von allen klar anerkannt. "Es mag sein, dass die Neonicotinoide einen schädigenden Einfluss neben anderen darstellen. Aber einen solchen müsste erst einmal jemand nachweisen", sagt Bundesrat Andreas Pum in seiner Funktion als St. Valentiner Bauernbund-Obmann. "Sicherlich kann ein Bienensterben mehrere Gründe haben, die Varroamilbe war seit den 1980er-Jahren lange Zeit ein Riesenproblem", so Imker Liedlbauer. Diesen Schädling haben die heimischen Bienzüchter derzeit relativ gut im Griff, indem sie ihrerseits auf "Chemie" (Ameisensäure) setzen. "Ich möchte das Problem allgemeiner formulieren", erklärt der Bienenexperte. "Was brauchen Bienen, um gut zu überleben: eine vielfältig strukturierte Landschaft mit Sträuchern und Feldrainen, Blumenwiesen und eine pestizidfreie Umgebung. Konventionell wirtschaftende Bauern sind ganz auf die Anwendung von Chemie angewiesen, weil sie die Grundsätze des Pflanzenbaus wie beispielsweise Fruchtwechsel vernachlässigen." Auch Bauernvertreter Pum hält die Wahl der Fruchtfolge für einen wichtigen Parameter. "Und man darf nicht vergessen, Bienen und Bauern sind wichtige Partner in der Landwirtschaft. Ich wehre mich dagegen, dass die Bauernschaft hier als Gegner des Naturschutzes dasteht. Wir tun sehr viel für die Umwelt!" Beispielsweise seien die umstrittenen Neonicotinoide erst als Begleitmaßnahme zu besonders bodenschonenden Anbaumethoden aufgekommen. Und Pum dreht die "Chemielobby-Verschwörung" um: "Ich frage mich: Wer will diese hocheffektiven, sparsam dosierten Beizmittel weghaben? Vielleicht sind das jene, die mit herkömmlichen Spritzmitteln viel Geld verdienen."
ZUR SACHE:
Imker und Bienen:
In Oberösterreich sind rund 6.500 Imker aktiv, davon nur etwa 20 hauptberuflich. "Derzeit besteht großes Interesse, wir haben kein Nachwuchsproblem", so Maximilian Liedlbauer. Wer Imker werden möchte, tritt dem örtlichen Imkerverein und damit auch dem Landesverband bei. Nach dem Absolvieren mindestens eines Grundkurses (keine Prüfung) kann der Jungimker bei einem Kollegen oder im Linzer Imkereizentrum einen "Bienenvolk-Ableger" mit 10.000 bis 15.000 Bienen erwerben. Bis zur Sommersonnenwende wächst das Bienenvolk auf rund 60.000 Individuen an. Die Königin legt pro Tag etwa 2000 Eier. Nach je drei Wochen Entwicklungszeit (Larve/Puppe), Innendienst und Außendienst ist ein Bienenleben schon wieder zu Ende. Die Biene bestäubt 90 Prozent der heimischen Pflanzen und gilt damit als das drittwichtigste Nutztier – Obstbau!
Neonicotinoide – Beizmittel in der hohen Politik:
Die EU-Kommision hat einen Vorschlag für ein Teilverbot der Neonicotinoide erarbeitet. Umweltorganisationen und auch die SPÖ fordern ein Totalverbot. Die für diesen Mittwoch geplante Debatte im Agrarausschuss des Parlaments wurde verschoben.
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