Zwangsräumung steht bevor: "Wir werden den alten Cobenzl vermissen"
Ulli Sima hat die Aussschreibung für "Schloss Restaurant Cobenzl Neu" veröffentlicht • Der bisherige Pächter Olaf Auer denkt nicht an Auszug
DÖBLING. Briefe und E-Mails zum nahenden Ende einer Ära am Cobenzl hat die bz-Redaktion viele erhalten, aber jener von Ernst Pajones sticht heraus: "Wir sind eine Wandergruppe von acht Herzmaroden und bringen es zusammen auf circa 600 Jahre", schreibt er. Einmal pro Woche trifft sich die Herrenpartie und wandert durch Wien - mehrmals jährlich auch auf den Cobenzl. "Wo wir immer schon erwartet und begrüßt wurden", schreibt Pajones, "und uns wie zu Hause gefühlt haben. Wir wünschen dem Hausherrn und dem gesammten Personal alles Gute und ein herzliches Danke für die unterhaltsamen Stunden."
Viele Wienerinnen und Wiener - viele von ihnen schon älter - haben regelmäßig den Weg zum Café-Pavillon eingeschlagen, um dort bei einem Essen oder einer Mehlspeise die Aussicht zu genießen. Für sie ist es ein liebgewonnenes Stück Alltagsleben in Wien.
Doch das ist offenbar nicht mehr länger die Zielgruppe, die die Eigentümerin der Liegenschaft am Cobenzl, die Stadt Wien, bedienen möchte - vielleicht ist sie auch zu klein geworden. Eine Neuausrichtung des Konzepts hat man dem bisherigen Pächter offenbar nicht zugetraut, weshalb dieser nach einem mehrjährigen Rechtsstreit das Feld räumen muss.
Auer bleibt bis zum letzten Moment
Dazu ist Olaf Auer, der den Betrieb 1980 übernommen und das Hauptgebäude des Areals selbst aufgebaut hat, aber nach wie vor nicht bereit. "Wie soll ich 25 Leute kündigen?" fragt er. Der Betrieb läuft nach wie vor, und Auer scheint sich auf eine Delogierung einzustellen - freiwillig ausziehen will er jedenfalls nicht.
Während die zuständige Stadrätin Ulli Sima (SPÖ) darauf wartet, dass das Bezirksgericht Döbling die eingereichte Zwangsräumung vollstreckt - wann es soweit sein wird, darf man beim Gericht nicht sagen - veröffentlicht sie die Ausschreibung für einen neuen Pächter, der das Areal umkrempeln soll. Ziel: Weg vom heimeligen Auflugsziel der Wiener mit nicht mehr taufrischem Ambiente, hin zur Lokalität mit Potenzial zur Touristenattraktion, die sich in eine "Premium-Strategie" einfügt.
Gewünscht: Wein, Traumhochzeit, Seminar
Die Stadt wünscht sich einen ganzjährigen Gastrobetrieb, der auf jeden Fall mit dem benachbarten Weingut zusammenarbeiten soll. Dem Wiener Wein soll im Gastrokonzept besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden. Angedacht sind weiter "Traumhochzeiten" und Seminarräume sowie Souvenirshops - der Cobenzl soll mehr Touristen anlocken. Geheiratet wird am Areal freilich heute schon. "11.000 Hochzeitsgäste habe ich vergangenes Jahr empfangen, und auch der Bürgermeister hat seine zweite Eheschließung hier gefeiert", wird Auer nicht müde zu betonen.
Weder das von Olaf Auer neu aufgebaute Schloss Cobenzl noch der Pavillon, in dem sich das Café befindet und das in Teilen aus den 1950ern stammt, stehen unter Denkmalschutz. Abgerissen werden soll jedenfalls der Pavillon: Die Stadt wünscht sich einen Neubau. Ob die Bewerber das Hauptgebäude in ihrem Konzept bestehen lassen oder es abreißen wollen, bleibt ihnen überlassen.
Für das Werk des bisherigen Pächters hat man in den Ausschreibungsunterlagen nicht viel übrig. "Mit dem Dekor eines Chinarestaurants", zitiert man Architekt Friedrich Achleitner, habe jener den Café-Pavillon wieder belebt. Das benachbarte Weingut hingegen habe seit 1988 "einen steten Aufschwung" genommen.
Sommer bringt ein Pop-Up-Café
Bis Anfang März haben Interessenten Zeit, sich bei der Stadt zu bewerben. Voraussetzungen sind gute Bonität, Erfahrung im Gastrobereich und ein überzeugendes Konzept. Aus den Bewerbern werden schließlich fünf eingeladen, eingehendere Konzepte auszuarbeiten. Begleitend wird auch ein Architekturbewerb durchgeführt. Im Juni soll der nächste Pächter feststehen, im Oktober soll der Vertrag unterzeichnet werden. Für den Sommer sieht Ulli Sima eine Zwischennutzung vor - man wird sehen, ob die bisherigen Ausflugsgäste am Cobenzl und das angekündigte Pop-Up-Café zusammenfinden werden. Vielleicht gibt es ja sogar ein Happy End für die "heimatlosen Herzmaroden".
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