Von Baujuwelen bis zum Kopftuchverbot
Stadträtin Kathrin Gaál über Gründerzeithäuser, den Böhmischen Prater, Gemeindewohnungen und ein Kopftuchverbot für Kinder.
Die bz hat die Favoritnerin in einem ihrer Lieblingslokale, der Caritas-Kantine in der Ankerbrotfabrik, zum Sommergespräch getroffen.
Seit Juli gelten strengere Regeln für den Abriss von Gründerzeithäusern. Warum?
KATHRIN GAÁL: Die Bauordnung wird novelliert und im Herbst in den Gemeinderat kommen. Ein Teil sollte diese historischen Bauten stärker schützen. Dann haben wir festgestellt, dass viele Häuser schnell abgerissen worden sind, bevor das neue Gesetz in Kraft tritt. Deshalb haben wir einen Initiativantrag eingebracht, der diesen Teil der Verordnung vorzieht und die Abrisse mit 1. Juli gestoppt hat.
Von 48 betroffenen Häusern wurden 25 als erhaltenswert eingestuft. Können diese noch gerettet werden?
Der Großteil ja. Wo noch mehr als 50 Prozent Bausubstanz erhalten ist, gibt es noch eine Chance für die Wiederherstellung. Es ist wichtig und richtig, hier streng zu kontrollieren und nicht Spekulanten Tür und Tor zu öffnen. Diese Häuser machen den Charme von Wien aus.
Wie sieht es mit dem Erhalt des Böhmischen Praters aus?
Schon als Kind war ich dort unterwegs – und heute bin ich es immer noch, jetzt mit meinem Kind. Natürlich muss dieses Favoritner Juwel erhalten und wenn möglich noch attraktiver werden.
Die Pachtverträge sind ausgelaufen und die Schausteller beklagen, dass die neuen zu kurze Zeiten und Fristen enthalten. Wie geht es da weiter?
Darüber gibt es zurzeit Gespräche, die noch andauern. Deshalb möchte ich noch nicht ins Detail gehen. Aber ich bin überzeugt, dass es zu einer sehr guten Lösung für alle Beteiligten kommen wird.
Stichwort Semmelweis-Areal: Gegen den Amadeus Campus wurde eine Räumungsklage eingebracht. Wie sieht es da zurzeit aus?
Der Verkauf fand vor meiner Amtszeit statt und wurde mit gewissen Auflagen im Interesse der Bevölkerung abgewickelt. Vorgabe war, dass eine Schule einziehen muss sowie die öffentlichen Wege und der Grünraum erhalten werden müssen. Auch der Denkmalschutz muss beachtet bleiben. Fakt ist aber, dass die Schule sehr gut im Laufen ist. Jetzt gibt es einen Streit zwischen den Geschäftspartnern. Die Auflagen der Stadt wurden bislang alle eingehalten.
Wurde zu billig verkauft?
Im Gutachten zur Zwangsversteigerung kann man nachsehen, dass der Wert in Ordnung war.
Bis 2020 sollen 4.000 neue Gemeindewohnungen entstehen. Ist das realistisch?
Ja, bis 2020 sind die 4.000 auf Schiene, also in unterschiedlichen Planungsstadien. Am weitesten fortgeschritten ist der Bau in der Fontanastraße in Favoriten, wo 120 Gemeindewohnungen im Barbara-Prammer-Hof entstehen. Die nächsten werden am Handelskai in der Leopoldstadt sein.
Wie sieht es danach aus? Werden weitere Gemeindewohnungen gebaut?
Das kann ich jetzt nicht entscheiden. Wenn die gebaut sind, werden wir evaluieren und schauen, wie es weitergeht. Da bin ich total offen.
Sie sind Stadträtin für Wohnbau und Frauen. Gibt es da Überschneidungen?
Ich bin seit rund 60 Tagen im Amt – und in der kurzen Zeit ist es bei einem Projekt besonders gut gelungen, diese Themen zusammenzubekommen: nämlich in der Wolfganggasse in Meidling und der Käthe-Dorsch-Gasse in Penzing, wo neue Wohngrätzel entstehen. Dort gibt es ein Projekt, das besonders für Alleinerzieherinnen gedacht ist. Da können die zukünftigen Mieter schon mitplanen. Wir werden auch bei künftigen Wohnbauten das Thema Sicherheit mehr berücksichtigen. Und natürlich bietet die Stadt Wien Wohnsicherheit, da wir unbefristete Mietverträge anbieten – als Einzige in Wien.
In der SPÖ wird über ein Kopftuchverbot für Schülerinnen diskutiert. Was sagen Sie dazu?
Ich stelle den Schutz der Frauen über das Religionsrecht. Ein Verbot alleine ist mir zu wenig. Ich bin der Meinung, dass Kinder nicht frei entscheiden, dass sie ein Kopftuch tragen wollen. Sollte ein Verbot kommen, sind auch Lehrer und Sozialarbeiter gefordert, bei Eltern und Betroffenen Aufklärungsarbeit zu leisten. Da braucht es entsprechende flankierende Maßnahmen.
Was sagen Sie zur Frauenpolitik im Bund?
Einen 12-Stunden-Tag einzuführen und gleichzeitig bei der Kinderbetreuung einzusparen, das ist ein Irrsinn. Das sind zumindest massive Rückschritte, die vor ein paar Jahren noch undenkbar waren.
Wie reagieren Sie als Frauenstadträtin darauf?
Wien ist Vorreiter, was die Kinderbetreuung betrifft. Wir haben nicht nur gut ausgebildete Pädagoginnen und ein paar Pädagogen. Auch die unterschiedlichen Frauenvereine werden stark unterstützt. Wir sind ein guter Partner an ihrer Seite, der ihnen Hilfe auf lange Zeit gibt. Wir geben den Frauenvereinen und dadurch auch den Frauen Sicherheit.
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