200 Jahre Stille Nacht! Heilige Nacht!
Stille Nacht. Das Buch zum Lied. Eine Buchbesprechung

Das Relief von Joseph Mohr und Franz Xaver Gruber von Josef Mühlbacher: Das Relief vor der Stadtpfarrkirche St. Nikolaus in Oberndorf bei Salzburg, in einer Kopie auch unterhalb der Stille-Nacht-Kapelle. Wobei ein Fehler in dieser Darstellung steckt: Nicht Gruber (stehend), sondern Mohr spielte Gitarre. | Foto: MMag. Michael Neureiter, 2017
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  • Das Relief von Joseph Mohr und Franz Xaver Gruber von Josef Mühlbacher: Das Relief vor der Stadtpfarrkirche St. Nikolaus in Oberndorf bei Salzburg, in einer Kopie auch unterhalb der Stille-Nacht-Kapelle. Wobei ein Fehler in dieser Darstellung steckt: Nicht Gruber (stehend), sondern Mohr spielte Gitarre.
  • Foto: MMag. Michael Neureiter, 2017
  • hochgeladen von Peter Krackowizer

(kra) 21. Oktober 2018 |Am 24. Dezember 1818 erklang das von Franz Xaver Gruber komponierte Weihnachtslied "Stille Nacht! Heilige Nacht!" mit dem Text von Joseph Mohr zum ersten Mal. Hatte dabei Gruber mit Gitarre begleitet oder doch Mohr? Wurde der Text wirklich in Oberndorf geschrieben? Hatte tatsächlich eine Maus den Blasebalg der Orgel zerstört, weshalb man auf Gesang und Gitarre umgestiegen war? Legenden oder Tatsachen - die Autoren dieses wirklich sehr fundiert und umfangreichen Buch räumen mit Legenden auf und klären die Tatsachen. Und auch sonst bietet dieses Buch manch Erstaunliches und Interessantes.

Mit Abstand das umfangreichste, detaillierteste und interessanteste Buch zu diesem Thema

Es ist fast unglaublich, wie viele Facetten und Details, wissenschaftlich aufgearbeitet, in diesem Buch zusammengetragen wurden. Rund 30 kompetente Autoren lassen auf 280 Seiten so gut wie keinen Aspekt zum weltberühmten Weihnachtslied „Stille Nacht. Heilige Nacht.“ unbeleuchtet.

Zunächst werden die Entstehungsgeschichte und die beiden Autoren des Liedes, Franz Xaver Gruber und Joseph Mohr ausführlich beschrieben. Dann schildert das Kapitel „Was vom Glanze übrigblieb – der Niedergang Salzburgs in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts“ die politischen und wirtschaftlichen Gegebenheiten zur Zeit der Entstehung des Liedes. Sozialgeschichtliche Aspekte, das Weihnachtsfest und die Weihnachtsmusik im frühen 19. Jahrhundert sind weitere Themen.

Ein interessanter Beitrag ist jener über den „Urheberstreit“ der 1870er und 1890er-Jahre. Dabei erheben Bekannte oder Bekannte von Bekannten der beiden Autoren Zweifel an der Urheberschaft Mohrs am Text oder Grubers an der Melodie und umgekehrt. Hochradner, der Autor dieses Beitrags, zitiert Leserbriefe und Redaktionsantworten aus der „Salzburger Chronik“, einer Zeitung jener Zeit und erläutert, weshalb dies oder jenes zutreffend, falsch oder zweifelhaft sei.

„Joseph Mohr als liebestoller Priester“?

Andere Beiträge beschreiben die Verbreitung des Liedes durch Zillertaler Sänger. Diesen folgen Beiträge über die „technische“ Verbreitung des Liedes, von der mechanischen Spieldose bis zum elektronischen Download. Interessant auch, was Christian Strasser in seinem Beitrag der filmischen Interpretation des Liedes ausgegraben hat. Er beginnt mit dem ersten „Stille Nacht“-Film von 1910 eines jüdischen Filmproduzenten, führt über „das unsterbliche Lied“ einer Deutsch-Schweizer Koproduktion und verschiedener englischen Produktionen in den 1960er-Jahren zum „ewigen Lied“ aus dem Jahr 1998. Übrigens gab es auch eine deutsche-Mark-millionenteure Produktion, in der „Joseph Mohr als liebestoller Priester“ dargestellt wurde, wie die „Salzburger Volkszeitung“ schrieb. Der Film wurde dann aber nie gezeigt oder genauer gesagt – ja, das steht also auch in diesem Kapitel.

Es folgen weitere Kapitel über die Dichtkunst Mohrs, die Lyrik des Biedermeiers in Salzburg, die Autografen und authentischen Überlieferungen Grubers, die Entstehung des Weihnachtsfestes und der Weihnachtskrippe, das Lied als Pop-Hit und andere. Kritisch betrachtet wird der Balanceakt zwischen Gedenkkultur und Marketing. Das Buch endet mit einem Beitrag über die Stille Nacht Gesellschaft und die Stille-Nacht-Gemeinden. Bei den Gemeinden blieben die Herausgeber Gott-sei-Dank bei den Fakten. Denn als es auf das Gedenkjahr „2018 – 200 Jahre Stille-Nacht-Lied“ zuging, meinten plötzlich einige Gemeinde, die bisher nie etwas mit diesem Lied „am Hut hatten“, dass auch sie ja irgendwie und doch auch mit der Entstehung oder Verbreitung etwas zu tun hätten. Und wären nur die Tiroler Sänger durch ihre Gemeinde gezogen.

Es gibt mehrere Gründe, weshalb ich von diesem Buch beeindruckt bin

Ja und da gibt es noch ein paar Gründe, weshalb ich von diesem Buch schwer beeindruckt bin. Vorausschicken möchte ich, dass ich mich selbst schon seit Jahren etwas näher mit dieser Thematik befasse und daher sachlich schon einen guten Einblick habe. Daher möchte ich noch erwähnen, dass die Autoren mit Mythen und Legenden aufräumen, die sich im Laufe der Geschichte um Entstehung und Verbreitung des Liedes gebildet hatten. Und zwar mit Quellen belegt und genau erklärt, weshalb das oder jenes nicht stimmt. In jedem Kapitel gibt es zahlreiche Endnoten mit Verweisen und Quellenangaben, teilweise im Internet nachvollziehbar; das Buch endet mit einem umfangreichen Verzeichnis ausgewählter Literatur und einem Glossar (mit z. B. den Stichworten „Authentische Veranlassung“, „Legendenbildung“ oder den verschiedenen Fassungen des Liedes).

Ergänzendes, gutes Bildmaterial, gut lesbare Schrift und eine angenehme Seitengestaltung runden meinen sehr positiven Eindruck von diesem wirklich gelungenen Nachschlagewerk zum Stille-Nacht-Lied ab. Von allen bisher mir bekannten Büchern ist es mit Abstand das umfangreichste, detaillierteste und interessanteste Buch zu diesem Thema.

Daten zum Buch

Stille Nacht. Das Buch zum Lied
Thomas Hochradner, Michael Neureiter (Herausgeber)
2018 erschienen im Verlag Anton Pustet
ISBN 978-3-7025-0865-4

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