Traditionsbetriebe der Plusregion

Hans und Emma mit Sohn Martin Perwein
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Viele Betriebe erlebten in den vergangenen 20 Jahren massive Veränderungen ihrer Firmenstruktur. In einer Zeit, in der gravierende Umstellungen von manueller Arbeit ins Computer-Zeitalter notwendig wurden, standen gerade lange bestehende Betriebe vor schweren Entscheidungen. Einige Unternehmen mussten die Modernisierung in mehreren Schritten über Jahre hinweg bewältigen. Oft stand bei hohen Investitionskosten die Frage nach der Rentabilität im Raum. Wie Traditionsunternehmen in der Plusregion für sich perfekte Lösungen entdeckt und umgesetzt haben, ist vorbildlich.
Seit 322 Jahren besteht die Bäckerei Vogl in Köstendorf. In Urzeiten der Broterzeugung wurde ausschließlich mit einem Holzofen gebacken, der mit Scheiten auf die richtige Temperatur aufgeheizt worden war. Erst dann konnte das Brot “eingeschossen” werden. “Früher war unser Handwerk beschwerlich. Das Schleppen der 50-Kilogramm-Mehlsäcke ist vorbei. Heute hat fast jeder Bäcker einen Mehl-Silo”, erzählt Bäckermeister Wolfgang Vogl. Auch die “Handsemmel” wird nur mehr vereinzelt angefertigt. Die Produktion von Semmeln passiert hauptsächlich auf einer “Semmelstraße”, die von Schnelligkeit nicht zu überbieten ist und eine hohe Produktanzahl in kurzer Zeit zulässt. “Unsere traditionelle Rezeptur haben wir aber nie geändert. Besonderen Wert legen wir auf die Teigreife. Wir produzieren wie in alten Zeiten mit Natursauerteig”, erklärt Vogl. Damit hat der Bäckermeister die Basis seiner Broterzeugung geschaffen. “Wesentlich geändert haben sich in der heutigen Zeit die Hilfsmittel. Mein Vater Jakob hat den Weitblick gehabt, ständig in die Modernisierung zu investieren. In den vergangenen 20 Jahren waren dafür große Schritte notwendig”, so der Bäckermeister, der seinen Betrieb derzeit mit elf Mitarbeitern führt. “Wenn eine Generation die Zeichen für Änderungen nicht wahrnimmt, schaffen die Nachkommen meistens nicht mehr das zu tun”, betont Vogl, der auf einen enormen Preisdruck durch Aufback-Stationen so mancher Großkonzerne verweist und sich mit speziellen Angeboten dagegen verwehrt. Es tobt zwar der Preiskampf im Segment der Backwaren, doch mit Kreativität und hochwertigen Backwaren kann der Bäcker punkten. “Unser Spezialgebäck beansprucht mehr Zeit für die Herstellung, aber Qualität ist gefragt”, so Vogl. Vor dem Modernisierungsprozess hat das Computer-Zeitalter auch hinsichtlich des Bäckerei-Handwerks nicht Halt gemacht. Rechnergesteuerte Anlagen sind für die präzise Abwaage und die Backzeit nicht mehr wegzudenken. Der Köstendorfer weiß noch nicht, ob eines seiner Kinder den Betrieb übernehmen wird. “Sie sind noch zu klein. Das wird sich weisen. Es kommt sicher darauf an, ob sich das Unternehmen in Zukunft noch rentiert. Es gibt mehrere Branchen, in denen sich die Nachfolger die Selbstständigkeit nicht mehr zutrauen und sich andere Berufsziele suchen”, weiß Vogl. Der Beruf des Bäckers wird immer gefragt sein. Vermutlich werden jedoch künftig kleinere Betriebe von großen Unternehmen geschluckt. Eine Weiterentwicklung wird es auch in sogenannten Großbäckereien geben, weil vor allem die Produktpalette ständig einem Wandel unterworfen ist. Dass die Wahl junger Leute, Bäcker und Konditor zu erlernen, wieder steigt, erfreut Vogl. “Die Berufsinformationsmesse der Plusregion wurde sehr gut angenommen und brachte für mich einen Lehrling”, fügt er hinzu.
Stark geändert hat sich das Produktangebot seit Bestehen der ehemaligen Krämerei Goldner in Straßwalchen. Johann Goldner, Sohn des Brunner Krämers Jakob Goldner, heiratete 1880 Katharina Asenstorfer. Mit ihr errichtete er die Straßwalchner Krämerei, bei der heute der Papier- und Schreibwarenhandel Perwein angegliedert ist. Als Katharina Goldner im Alter von 37 Jahren starb, übernahm Eduard Goldner im zarten Alter von 16 Jahren das Geschäft. Das Warenangebot war nicht groß, weil die Bauern großteils Selbstversorger waren. Bereits im ersten Jahrzehnt der Geschäftsführung erfolgte durch den jungen Krämereibesitzer eine erhebliche Vergrößerung seines Geschäfts. Geschäftsverbindungen mit Destillerien in Mähren, mit der Bleistiftfabrik Brevillier-Urban in Brünn und Wiener Firmen machten eine Geschäftsentwicklung möglich.
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts widmete sich der aufstrebende Geschäftsmann drogistischen Rezepten. Eduard Scholz, Fabrikant alkoholischer, aromatischer und ätherischer Produkte aus Königsfeld in Mähren, übersandte dem Straßwalchner das Rezept für Kölnerwasser. Bis zum Jahr 1914 lief das Geschäft hervorragend. 1915 musste Goldner in den ersten Weltkrieg einrücken. Erst im Jahr 1919 - nach der Rückkehr aus der Gefangenschaft - ging es mit dem Geschäft nur langsam wieder aufwärts. Dazu kam die Geldentwertung. Nach dem Krieg entfielen auch die Geschäftsverbindungen zur Monarchie und neue Firmen mussten lukriert werden. Verpackte Waren gab es damals nicht. Alles musste abgefüllt werden. Kinder wurden zur Arbeit verpflichtet.
Im Jahr 1934 erbaute Goldner im Hof einen Magazintrakt. Ein Jahr später wurde die Fassade erneuert und eine Tankstelle eröffnet. Nach Eduard Goldner führte Emma Goldner sen. bis 1976 das Geschäft. Wirtschaftlich einschneidend war das Jahr 1951. Das Geschäft wurde aufgeteilt und der Verkauf von Lebensmittel eingestellt. In der ehemaligen Krämerei wurden nur mehr Tabakwaren und ein kleiner Teil des Papierhandels vertrieben.
Tochter Emma jun. und ihr Gatte Hans Perwein starteten neu ins Geschäftsleben und erweiterten im Laufe der Jahre das Sortiment mit Büro- und Schulartikeln. Seit Ende der 70er Jahre wurden Lehrlinge ausgebildet. Anfang der 80er Jahre wurde die Partnerschaft mit Skribo und Büroprofi beschlossen und ab 1983 insgesamt 26 Jahre lang eine Filiale in Henndorf betrieben.
2001 übernahm Martin Perwein die Geschäftsführung. Neben Papier, Schreibwaren und Büroartikeln, Spielwaren und Büchern gibt es eine Tabakverkaufsstelle mit Lotto und Toto. "Ich sehe mich als Nahversorger, der so viel als möglich des Kundenbedarfs abdeckt. Es wird in den nächsten Jahren eine spannende Aufgabe bleiben, die Bedürfnisse der regionalen Kunden abzudecken. Immerhin gilt es, eine Abwanderung von Umsätzen durch die Digitalisierung abzufangen", so der Straßwalchner, der das Geschäft in fünfter Generation führt.
Gravierenden Änderungen unterworfen war im Laufe der Jahre die Gemischtwarenhandlung am Untermarkt in Neumarkt, die Franz Zwingenberger im Jahr 1939 eröffnet hatte. Ein Jahr später erwarb der Geschäftsmann von der Sparkasse ein Haus, in dem er Geschirr, Eisen, Textilien und Lebensmittel führte. „Mit einem Eisenbahn-Waggon wurde Porzellangeschirr aus der Tschechei angeliefert. Wir sind in den 50er Jahren auch mit Pferd und Wagen zur Gärtnerei Monger nach Seekirchen gefahren, um Gemüse zu holen“, erinnert sich Gerhard Zwingenberger, der das Geschäft aufgrund der Krankheit seines Vaters im Alter von 21 Jahren mit seiner Mutter übernahm und schrittweise vergrößerte. „Das Geschirr haben wir damals schon bald nicht mehr angeboten“, so Zwingenberger, der auf eine bewegte Zeit zurück blicken kann. „Bei den Lebensmitteln hat sich viel geändert. Früher sind Hausfrauen mit Fläschchen gekommen, um Tee, Öl, Zucker und noch mehr abfüllen zu lassen. Zu dieser Zeit hat es zum Beispiel für die Wurst auch noch keine Kühlung gegeben“, blickt er zurück. Ende der 60er Jahre begann er mit dem Verkauf und Service von Skiern. „Service und Einstellungen nehmen wir noch heute vor, aber der Verkauf rentiert sich schon lange nicht mehr.“ Lange Zeit waren auch Spielwaren im Neumarkter Kaufhaus zu erwerben. Puppenwagen und Gitterbetten wurden per Bahn nach Neumarkt angeliefert und von Zwingenberger im Bahn-Magazin abgeholt. Ein großer Umbau erfolgte 1985 und bereits 1997 erfolgte wieder eine Neuausrichtung des Betriebs. „Wir haben wegen eines Großkonzerns in der Nachbarschaft auch unsere Lebensmittel aus dem Sortiment genommen. Fünf Jahre lang haben wir die Räume an Schlecker vermietet“, erzählt der Neumarkter, der die Geschäftsführung vor elf Jahren an seine Tochter Karolina übergab und sich in die Pension verabschiedete, aber noch untersützend zur Seite steht.
Den letzten Geschäftsumbau ließ die seit 26 Jahren erfahrene Geschäftsfrau in den Jahren 2014/2015 vornehmen. „Wir haben einen Seminar-, einen Büro- und einen Praxisraum vermietet“, erzählt sie. Spezialisiert hat sich die Neumarkterin unter anderem auf Farbenhandel, Schrauben, spezielle Maschinen, die auch auf Bestellung zu erwerben sind. Ihr 20-jähriger Sohn Philip absolvierte die Ausbildung zum Einzelhandelskaufmann. „Wir setzen auf den Nischenmarkt, wo persönlicher Einsatz, Erfahrung und Beratung gefragt sind“, so Zwingenberger, die hofft, dass sich die geschäftliche Zukunft positiv weiter entwickelt.
Als Ein-Mann-Betrieb gründete Simon Kornprobst 1976 im Zentrum von Straßwalchen den Bosch-Dienst. Im Jahr 1980 bezog Kornprobst ein neues Gebäude an der Salzburgerstraße. Der moderne und erfolgreich geführte Betrieb erhielt 1985 und 1989 den goldenen Bosch-Anker, die höchste Auszeichnung für hervorragenden Kundendienst. Im Jahr 1992 wurde der Betrieb erweitert und 1993 erhielt der Straßwalchner zum dritten Mal den goldenen Bosch-Anker. “Bosch ist ein starker Partner und hat mir das Equipment zur Verfügung gestellt”, erzählt der gelernte Kfz-Elektriker, dessen Berufsbild sich mehrmals änderte. Regelmäßige Aus- und Weiterbildung wurden für die komplex gewordene Kfz-Technik unumgänglich und machte die Bosch-Service-Mitarbeiter zu hochqualifizierten Fachleuten. Um den Herausforderungen der Zukunft gewachsen zu sein, investierte der Straßwalchner permanent in die Werkstattausrüstung und kann seine Fahrzeugdatenbank für alle Automarken nützen. Kornprobst verfügt über ausgefeilte Logistiksysteme und einen hohen technischen Standard bei Prüfgeräten, Werkzeugen sowie EDV-vernetzten Arbeitsplätzen und ist österreichischer Klimabündnisbetrieb. “Meine Bekanntheit und die rasche Entwicklung des Unternehmens mit Spezialisierung für Einstellungen von Zündungen und Vergaser haben sicher maßgeblich zum Erfolg beigetragen. Wir waren auch eine der ersten Werkstätten, die Klimaanlagen eingebaut und serviciert haben. Dasselbe galt auch für die Diesel-Technik: das Herz des Dieselmotors überprüfen, einstellen und reparieren”, erinnert sich der Unternehmer, der auf seinem Gebiet eine Koriphäe darstellt, derzeit 16 Fachkräfte zählt und in 40 Jahren rund 50 Techniker und Einzelhandelskaufleute ausbildete. Großes Knowhow war auch 1994 erforderlich, als sich Kornprobst Chancen im schnell wachsenden Markt der neuen Kommunikationstechnologie ausrechnete und in Straßwalchen die Kornprobst Tele-Funk eröffnete, die seit über 20 Jahren von Tochter Barbara geführt wird. Als Spezialbetrieb für stationäre und mobile Funk- und Telefonsysteme konnte als Partner A1 Telekom und Iphone (Reparaturservice und Softwar Update) gewonnen werden und er wurde Fachhändler für Agfeo und Panasonic ISDN Telefonanlagen. An diesem Standort betreibt das Unternehmen eine Werkstätte für Einbau und Reparatur. Massiv veränderte sich der Bereich Telekommunikation. “Von der Handy-Reparatur ist nicht viel geblieben, dafür haben sich die Möglichkeiten der Technik in den IT-Bereich verlagert”, erklärt Kornprobst, der 2010 nach dem Ausfall eines Branchenkollegen die Marke Toyota als Werkstätten-Partner und als zusätzliches Standbein übernahm. 2012 erfolgten der Neubau einer modernen Verkaufshalle und der Händlervertrag mit dem größten Automobilhersteller der Welt. Heuer feiert Simon Kornprobst sein 40-jähriges Jubiläumsjahr und seinen 65. Geburtstag. Solange es seine Gesundheit erlaubt, wird er mit Freude und Engagement weiterhin im Einsatz bleiben.
Seit knapp 30 Jahren besteht die Tischlerei Kobler in Köstendorf, die bei der Gründung in einer Werkstatt in Lengau eingemietet war. Baubeginn der eigenen Niederlassung im Köstendorfer Ortsteil Enharting war im Jahr 1991. "Begonnen haben wir zu dritt - meine Gattin, die damals auch in der Werkstatt mitgeholfen hat, und ein Lehrling", erinnert sich Kobler. Bereits ab Baubeginn konnte Kobler drei Gesellen und drei Lehrlinge beschäftigen. In den vergangenen Jahren baute Johann Kobler den Betrieb sukzessive aus. Heute arbeiten in der Tischlerei drei Tischlermeister, zwei Gesellen und zwei Lehrlinge.
Kobler spezialisierte sich auf Maßarbeiten. Zu seinen Aufträgen zählen Fensterstöcke, Möbel und Einrichtungen. "Wir haben früher spezielle Einrichtungen für Palmers hergestellt, eine Millimeter-Arbeit", erzählt Kobler, der sich mit Spezialaufträgen und Präzisionsarbeit einen Namen machte. Von seinen Erfahrungen profitiert besonders Sohn Andreas, der den Betrieb mit Freude weiter führt. "Die Berufsaussichten sind sehr gut. Wir bieten nichts von der Stange. Einbauten und individuell gefertigte Möbel sind immer gefragt", weiß Kobler, der eine Vergrößerung der Tischlerei für nicht notwendig hält.
Stark gewandelt hat sich die Technik in der Werkstatt. Immer wieder wurde der Betrieb mit Präzisionsgeräten und mit CNC-Maschinen erneuert. Damit haben Computersteuerungen auch in der Tischlerei ihren Einzug gehalten.
Die Basis des Tischlerberufs ist ähnlich wie in früheren Zeiten. Der Werdegang beginnt beim Lehrling über den Gesellen zum Tischlermeister. Allerdings sind die Aufstiegsmöglichkeiten heute breiter gefächert - ganz nach dem Motto: "Handwerk hat goldenen Boden."

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