Bezirk Gmünd: Der Wolf scheidet weiterhin die Geister
Experten berichteten von der Ist-Situation punkto Wolf und Strategien, wie mit ihm umzugehen sei.
HIRSCHBACH/REGION (eju). Der Wolf scheidet die Geister. Das zeigte sich auch klar bei der Infoveranstaltung der Jägerschaft in Hirschbach, zu der alle führenden Wolf-Fachleute Niederösterreichs geladen waren. Wolfbeauftragter Georg Rauer berichtete über die Ist-Situation punkto Wolf in Europa, Österreich und NÖ.
20 Wölfe – "Dunkelziffer" höher
Aktuell wurden rund 20 Wölfe mittels DNA-Analyse in Österreich festgestellt, die Zahl an Tieren könne, so Rauer, allerdings deutlich höher sein, denn ein zweifelsfreier Nachweis gelingt nur, wenn man entsprechende DNA sichern kann, etwa bei einem Wolfsriss oder wenn man Losung findet bzw. wenn ein Wolf im Straßenverkehr getötet oder tot aufgefunden wird. Sichtungen und selbst Fotos können nicht als zweifelsfreier Beweis herhalten, so Rauer, denn es gebe immer wieder Verwechslungen mit streunenden Hunden, die sehr wolfähnlich aussehen (z. B.: Tschechoslowakischer Wolfshund).
Allentsteiger Wölfe stammen aus Sachsen ab
Die beiden Wölfe, die sich in Allentsteig bereits zweimal erfolgreich vermehrt haben, stammen genetisch von der Population aus Sachsen ab. Bei Verschwörungstheorien, die auch an diesem Abend wieder gehört wurden, wonach die Wölfe ausgesetzt wurden, winkten Georg Rauer, der ebenfalls anwesende Luchsbeauftragte Felix Knauer und selbst führende Vertreter der Jägerschaft ab. Knauer: "Wölfe, besonders männliche, wandern sehr weit. Selbst wenn jemand meint, hier einen Wolf aussetzen zu müssen, wäre längst nicht garantiert, dass er da bleibt, wo er freigelassen wurde." Beleuchtet wurde die Situation der Risse von Nutztieren, davon habe es österreichweit im Jahr 2017 rund 510 dokumentierte Risse gegeben, überwiegend betroffen waren Schafe. Diese Schäden an Nutztieren würden seit 2018 vom Land NÖ getragen, laut Rauer.
Herdenschutz schwierig
Herdenschutz mittels Schutzhunden sei nicht immer das Mittel der Wahl, so Vizelandesjägermeister Werner Spinka, Herdenschutzhunde seien gleichzeitig auch eine Gefahr für Spaziergänger und deren Hunde. Felix Knauer berichtete über den schlecht funktionierenden Herdenschutz in Frankreich, dort würde der Schaden durch Wölfe jährlich rund 25 Millionen Euro ausmachen. In Italien, wo viele Schafherden auch von Hirten gehütet würden, käme man mit 300.000 Euro/Jahr davon. Georg Rauer berichtete und befürwortete, dass es unter entsprechenden Voraussetzungen durchaus auch möglich sei, trotz des strengen gesetzlichen Schutzes des Wolfes, Problemtiere zu schießen, etwa wenn sie sich zu nahe an menschliche Behausungen wagten und keinerlei Scheu mehr zeigten oder sich auf Nutztiere spezialisiert hätten.
Gefährlich für Menschen
Dass vom Wolf eine potenzielle Gefahr – auch für den Menschen – ausgehe, bestritten selbst die Experten nicht. Es habe im vergangenen Jahrhundert in Europa zwar nur neun tödliche Wolfsattacken auf Menschen (Kinder) gegeben, die letzte im Jahr 1974 in Spanien, allerdings sei die Anzahl der Wölfe in dieser Zeit besonders niedrig gewesen. Durch die Nicht-Bejagung hätten viele Wölfe zudem viel von ihrer ehemaligen Scheu vor dem Menschen verloren. In Deutschland habe es laut Felix Knauer jüngst einen Fall gegeben, wo der Hund eines Spaziergängerpaares von einem Wolf angegriffen wurde. Der Wolf konnte mit Mühe mit Fußtritten verjagt werden, der Hund wurde schwer verletzt.
Zur Sache:
• Momentan sind 20 Wölfe in Österreich nachgewiesen, die Dunkelziffer ist allerdings deutlich höher.
• In Deutschland gibt es 90 Rudel & 32 Paare, in der Slowakei lt. Jägerschaft 2.500 Tiere, lt. Naturschutzbehörde 300-600 Tiere, in Slowenien 10-12 Rudel und in den Westalpen 78 Rudel und 11 Paare.
• Wölfe können sehr weit wandern, mit einem, spätestens zwei Jahren müssen sie das Rudel, wo sie geboren wurden, verlassen und sich einen eigenen Lebensraum suchen.
• Erst kürzlich gelang in Tschechien, nahe der österreichischen Grenze bei Gopprechts, der Nachweis eines Wolfspaares.
• Das Territorium eines Rudels (Eltern, Welpen und Jahrlinge) ist je nach Futterangebot etwa 250 km² groß
• Gewicht: etwa 40 Kilo
• Nahrung: hauptsächlich Schalenwild, aber auch Nutztiere werden gerissen
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