Ökoenergie-Stadt Güssing im Umbruch
Die Ökoenergie-Szene von Güssing ist grundlegenden Umwälzungen unterworfen. Sichtbarstes Zeichen ist der Abschied von Reinhard Koch, unter dessen Federführung der Biomasse-Forschungsstandort entstanden ist. Koch hat seine Tätigkeiten in Güssing beendet und schlägt seine Zelte in Strem auf.
Koch musste gehen
Seine Funktionen als Geschäftsführer des Europäischen Zentrums für erneuerbare Energie (EEE) und des Verbands "Ökoenergieland" musste er aufgeben. "Auf Wunsch des Eigentümers", sagt Koch.
"Erdgas" aus Biomasse
Sein Technisches Büro konnte er retten, die Gläubiger haben die 20-Prozent-Quote im Sanierungsverfahren angenommen. Am neuen Standort in Strem will sich Koch auf die Planung von Projekten konzentrieren, bei denen Gas aus pflanzlichen Rohstoffen wie Gras, Kukuruz und Klee erzeugt wird. "Die Technologieentwicklung dafür ist in den letzten Jahren in Güssing passiert", so Koch. Die Stromerzeugung aus Biomasse werde angesichts der sinkenden Marktpreise an Bedeutung verlieren, ist er überzeugt.
Forschung und Anwendung
Koch hatte Mitte der 90er Jahre begonnen, im Auftrag der Stadt einen Forschungs- und Anwendungsstandort für erneuerbare Energie aufzubauen. Außer dem Kraftwerk entstanden unter anderem ein Fernheizkraftwerk, ein Forschungszentrum, der Gemeindeverband "Ökoenergieland" und das Technologiezentrum. Auch die Parkettwerke Weitzer und Parador dockten mit ihren Werksansiedlungen an die Biomasse-Nutzung an. Das EEE führt nun Joachim Hacker als alleiniger Geschäftsführer.
Kraftwerk: Ökostrom-Tarif läuft aus
In eine ungewisse Zukunft blickt auch das Biomasse-Kraftwerk, das sowohl als Forschungsanlage dient als auch Ökostrom ans Netz und Wärme an die Fernwärme Güssing liefert. Im November läuft der Ökostromtarif aus, der 2003 für 13 Jahre gewährt wurde und der Betreiberfirma GRE die Differenz zwischen Gestehungs- und Abnahmepreis ausgleicht.
"Die Bundespolitik hat noch immer keine Entscheidung über ein neues Ökostromgesetz getroffen", kritisiert Kraftwerks-Geschäftsführer Stephan Neisser. Bis Dezember läuft in Güssing noch ein Forschungsprojekt. Was danach passiert, ist offen.
"Wir verhandeln derzeit verschiedene Szenarien", berichtet Neisser. Zu überlegen sei, ob die "Zwitterlösung" von Forschung plus kommerziellem Betrieb aufrecht bleiben kann.
Einen Rückzug schließt Neisser aus. "Wir errichten derzeit in Thailand ein Kraftwerk nach Güssinger Vorbild. Für unsere weiteren internationalen Projekte brauchen wir die Grundlagen aus Güssing."
Laut ORF Burgenland trägt sich Kraftwerks-Eigentümer Michael Dichand auch mit dem Gedanken, das Kraftwerk abzuschalten. Es gebe jedoch noch mit dem Land Gespräche, um das zu verhindern, hieß es in der ORF-Meldung.
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