"Zuckerbrot und Peitsche" für St. Pöltner "Knackis"

ST. PÖLTEN (jg). "Warst du schön öfter hier?", fragt eine der beiden jungen Frauen die andere. Es ist kurz vor neun Uhr, als das Tor der Justizanstalt St. Pölten geöffnet und Einlass gewährt wird. Eine der Frauen holt einen jungen Mann ab. "Gehört der zu Ihnen?", fragt ein Justizwachbeamter im Eingangsbereich der Anstalt. Er hat ein Lächeln aufgesetzt. Auch die Frau freut sich, ihren Freund die wenigen Schritte in die Freiheit begleiten zu dürfen.

"Bedauerlich", sagt ein Stockwerk über dem Eingangsbereich Günther Mörwald, seit 1996 Leiter der Justizanstalt, über den jüngst aufgedeckten Skandal in Stein. Der Strafvollzug sei ein sensibler Bereich, insbesondere wenn es um psychische Verhaltensauffälligkeiten gehe. In diesen Fällen würden die Insassen "raschest möglich in die Psychiatrie überwiesen", denn in der St. Pöltner Justizanstalt seien entsprechende Behandlungen nicht möglich.

Sprachbarrieren beim Vollzug

Mörwald scheut sich nicht, auf Herausforderungen im Strafvollzug hinzuweisen: "Wir haben hier 30 verschiedene Nationen. Daraus entstehen vermehrt sprachliche Probleme, vor allem bei der Verfahrensabwicklung oder im medizinischen Bereich", sagt er.
70 Prozent der insgesamt 245 Häftlinge sind Ausländer. Der Tag für sie beginnt um 6 Uhr mit dem Wecken. Körperpflege und Frühstück – dann ruft die Arbeit. Sechs Freigänger – seit Einführung der Fußfessel hat sich deren Zahl reduziert – sind in umliegenden Betrieben beschäftigt. Andere Insassen werken in den anstaltseigenen Stätten.
Zwei Häftlinge etwa schlendern mit gelben Gießkannen vom groß angelegten Gemüsebeet in Richtung Tischlerei. Andere waschen ein Auto oder arbeiten an einem Traktor. Manche grüßen mich mit einem Nicken und beobachten meine Kamera interessiert, aber vorsichtig. Die Insassen seien überwiegend bestrebt, arbeiten zu dürfen, heißt es. "Wissen Sie, wie ruhig es geworden ist, seit wir Fernseher in den Hafträumen haben?", so der Justizwachbeamte Herwig Misek auf dem Weg durch das "Gesperre" – den Teil der Anstalt, in dem die Insassen untergebracht sind. In einem der Hafträume läuft Arte. Neben dem Fernsehgerät steht eine Cornflakes-Packung.

Beschäftigung als Belohnung

Den Worten Miseks entnehme ich, dass Beschäftigung ein wesentlicher Faktor ist, wobei das Prinzip "Zuckerbrot und Peitsche", wie Misek sagt, verfolgt werde: Je "besser" sich ein Häftling verhält, desto öfter darf er etwa seine Muckis trainieren oder aus falschen Swarovski-Steinchen Armbändchen basteln. Auf der anderen Seite droht die Einzelhaft in einer kargen Zelle.
"Was werden Sie denn schreiben?", fragt mich ein Beamter in der mit Überwachungsmonitoren ausgestatteten Zentrale. "Ob es denn etwas Schlimmes zu berichten gäbe?", entgegne ich. "Genug", sagt er halblaut. Ob ernst gemeint oder nicht – ich fasse die Meldung als Abschiedsgruß auf, hole meine Wertsachen und verlasse, ohne abgeholt zu werden, die Anstalt.

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