„Ich habe nur ein Leben, und das will gelebt werden“

OBRITZBERG-RUST (jg). Andreas Dockner wird mit 31. Jänner 2014 von seinem Amt als Bürgermeister der Marktgemeinde Obritzberg-Rust, das er seit 2007 innehat, zurücktreten. Bis zum Jahreswechsel will Dockner für eine „ordentliche Hofübergabe“ sorgen. Am 6. November soll entschieden werden, wer neuer Bürgermeister wird.
Am Telefon unterstrich Dockner den Rücktritt mit dem Satz: „Ich habe nur ein Leben, und das will gelebt werden“. Im persönlichen Gespräch mit den Bezirksblättern verrät der 44-Jährige, welche Faktoren für den Rücktritt ausschlaggebend sind, wie er zu Kritik und eigener Überzeugung steht und wie er künftig sein Mehr an Freizeit nutzen wird.

Wie viele schlaflose Nächte hat Ihnen die Entscheidung, das Amt des Bürgermeisters zurückzulegen, bereitet?

Schlaflose? Eigentlich gar keine. Es war eine wohlüberlegte Entscheidung. Ich habe in den vergangenen vier Wochen mein Leben überdacht und bin zu dem Entschluss gekommen, dass ich eigentlich noch länger auf dieser Welt bleiben möchte. Ich habe abgewogen. Es wird mir etwas abgehen. Aber schlaflose Nächte hat mir die Entscheidung nicht bereitet.

Vor vier Wochen wurden Sie mit Verdacht auf Herzinfarkt ins Spital eingeliefert.

Vier Tage nach meinem 44. Geburtstag bin ich mit dem Notarzt ins Spital gebracht worden. Als ich die Diagnose erhielt, hat es mich echt auf den Sessel gesetzt.

Was wurde diagnostiziert?

Viraler Infekt, Herzmuskelschwäche, 55 Prozent Herzleistung. Das war hart. Wenn mir das bleibt, habe ich nicht gewonnen. Für die Politik nicht, da ist mir das Leben zu viel wert. Es ist eine wunderschöne Aufgabe, Bürgermeister zu sein. In der heutigen Zeit ist es aber ein Fulltimejob. 24 Stunden, sieben Tage die Woche. Wenn man so eine Gemeinde wie Obritzberg-Rust entwickeln will, da hat man was zu tun.

So viel, dass die 24 Stunden manchmal nicht reichen?

Man muss manches Mal schnell Entscheidungen treffen, man muss sehr viel abwägen. Man muss sich an Gesetze halten, es gibt genug Vorgaben, und es hat sich das Aufgabenprofil eines Bürgermeisters stark geändert. Auf der einen Seite muss man kaufmännisch kompetent sein, ein Jurist, ein Politiker, ein Familienmensch, ein Gesellschaftsmensch. Zeltfest, Feuerwehrheurigen, Kirtage ist etwas anderes als hier im Gemeindeamt, wo Finanzen oft die tragende Rolle spielen. Im Sitzungssaal wird die Politik gemacht. Als Baubehörde ist man rund um die Uhr unterwegs.

Ist dahingehend zu überlegen, das Amt des Bürgermeisters und die damit verbundenen Aufgaben neu zu definieren?

Nein, nicht das Amt des Bürgermeisters. Man sollte eher die Gesetze entrümpeln und nicht bei jedem Anlass ein neues Gesetz oder eine neue Verordnung erlassen. Wir sind übergeregelt. Man sollte schauen, dass wieder Eigenverantwortung in den Vordergrund tritt.

Sie haben die Herzmuskelleistung angesprochen. Braucht es Gesundheit und damit auch Stärke, um das Amt des Bürgermeisters ausüben zu können?

Ja.

Ich schätze Sie als starken Mann ein. Als Mann, der oft unpopuläre Entscheidungen trifft, weil er sie für richtig hält. Wäre es in Ihrem Fall als Bürgermeister manchmal einfacher gewesen, sich so mancher Kritik zu beugen?

Ich hätte es mir so leichter machen können, aber da hätte ich gegen meine Überzeugung gehandelt. Und eines glaube ich gemacht zu haben: Ich habe immer im Sinne und zum Wohle aller Gemeindebürger Entscheidungen getroffen.

Sie können also in den Spiegel schauen und sagen: Ich habe ein reines Gewissen. Ich habe mich nie verkauft.

Ja, das war mir immer wichtig.

Welche Rolle spielt Kritik, die man als Bürgermeister in irgendeiner Form immer entgegengebracht bekommt, bei Ihrer Entscheidung, vom Amt zurückzutreten?

Die Kritik selber spielt gar keine Rolle. Es ist einzig der gesundheitliche Aspekt. Wegen einer Kritik würde ich nie zurücktreten. Gerade wenn eine Entscheidung stark kritisiert worden ist, dann ist sie auch sehr gut gewesen.

Inwiefern?

Wenn ich nur an den Kindergarten denke, da war Kritik pur. Heute sagen viele Betroffene, die mich damals auch kritisiert haben: Es war eine weise Entscheidung, einen neuen Kindergarten zu bauen und die Kindergärten in diesem zusammenzulegen. Am Anfang, als nur die Idee von mir kam, weil eben die Möglichkeit bestand, hier einen neuen Kindergarten zu errichten, war das harte Arbeit.

Da sind wir wieder bei der Überzeugung. Bei unserem ersten Gespräch habe ich gesagt, Sie sind kein Mann halber Sachen. Wenn Sie ein Projekt angehen, dann ziehen Sie es zu 100 Prozent durch.

Genau. Die Ärzte haben gesagt, ich soll mich schonen. Ich kann jetzt nicht mit 50 Prozent Bürgermeister sein. Ich möchte das Amt mit vollem Herzen ausüben. Und dazu habe ich jetzt nicht die Möglichkeit.

Sie werden ab Jänner 2014 verhältnismäßig viel Freizeit haben. Wie werden Sie diese nutzen?

Ich glaube nicht, dass ich mit der gewonnenen Freizeit überfordert sein werde. Ich habe einige Dinge, die mir sicher wieder Spaß machen werden, seitdem ich Bürgermeister bin, nicht gemacht,. Mein Radl wird sich wieder mehr freuen. Meine Laufschuhe werden sich mehr freuen. Ich habe mir das schon angeschaut: Ich werde in der Früh mit dem Bus in die Arbeit fahren und am Abend nach Hause joggen. Das war jetzt nicht möglich, weil schnell noch hier und dort ein Termin auf mich wartete. Ich freue mich wirklich darauf, zu wissen, am Abend keinen Termin mehr zu haben.

Die vielen Termine verliefen zweifellos unterschiedlich. Manche positiver, manche negativer. Welchen Termin beziehungsweise welches Ereignis, das in Ihre Periode als Bürgermeister fällt, haben Sie in negativer Erinnerung?

Das war sicher der 13. April 2007. Bei der Gemeinderatssitzung, als ich mich der Bürgermeisterwahl gestellt habe, waren einige einer anderen Meinung, die sie in Vorgesprächen aber nie kundgetan haben. Im Hintergrund hatten einige den Wunsch, einen anderen Bürgermeister zu bestellen. Andere Kandidaten waren in den entsprechenden Gremien und in der Fraktion aber nie ein Thema. In der damaligen Presse stand: Freund, Feind, Parteifreund. Ich war an diesem Abend sehr schockiert. In dem Moment hatte ich einen Gedanken: gleich wieder aufhören. Auf der anderen Seite aber wurde ich dadurch bestärkt, nicht aufzuhören, weil offensichtlich Aufgaben auf mich warteten.

Auf welche Aufgabe, die auf Sie als Bürgermeister wartete und die Sie in Ihrer Entscheidung, das Amt auszuüben, bestärkte, blicken Sie mit einem freudestrahlenden Auge zurück?

Mit dem Herabsetzen des Kindergartenalters von drei auf 2,5 Jahre, sagte das Land, wir müssen den Gemeinden Geld geben, damit sie das alles einrichten können. Noch am gleichen Abend, als das neue Förderprogramm im Rahmen einer Bürgermeisterkonferenz vorgestellt wurde, machte ich einen Termin aus – der Grundstein für einen neuen Kindergarten mit vier Gruppen. An dem Abend wusste ich: Das ist die Bestimmung, warum ich 2007 gesagt habe, das tue ich mir trotzdem an. Zudem kommt, dass wir für den Kindergarten beim Holzbaupreis 2011 mit dem dritten Platz geehrt wurden.

Die Entscheidung für das Amt des Bürgermeisters stellte sich punkto Kindergarten offensichtlich als richtig heraus. Gibt es eine Entscheidung, die Sie im Rückblick auf die vergangenen Jahre heute anders fällen würden? Was würden Sie Ihrem Nachfolger in dieser Hinsicht mit auf den Weg geben?

Anders machen würde ich nichts. Was ich meinem Nachfolger mit auf den Weg geben will, sind zwei Sachen. Erstens: Bürgermeister muss man mit Herz und Verstand sein. Das ist ganz ganz wichtig, weil sonst ist man nicht authentisch, und das kommt in der Bevölkerung zurück. Zweitens: Es ist immer zu hinterfragen, ob es zum Wohle aller ist. Das habe ich mich auch immer gefragt.

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