Ein echtes Golden Girl
Seit über 15 Jahren leistet sie anderen, die keinen Besuch bekommen, Beistand - die älteste Ehrenamtliche im Pflegeheim.
EGGENBURG. "Mutti, wie geht es dir?", fragte Tochter Irene, Psychologin, kürzlich am Telefon. "Ich hab grade 16 Fenster geputzt und die Betten überzogen, wie soll's mir da gehn, müd' bin ich", sagt Aloisia Zahrl (86) trocken. "Geh Mutti, ich will nicht wissen, was du gearbeitet hast, sondern wie es dir geht...", probiert es die Tochter sanft noch einmal und wirft ein, dass ihre Klienten mit ihr über Gefühle sprechen. "Geh, so ein Blödsinn, das hab ich mein Lebtag nicht braucht. Haben denn die Leute nichts zu arbeiten?"
Angefangen hat das mit den Besuchen im Pflegeheim vor weit über 15 Jahren. Eine Nachbarin, eine alte Dame, kam immer zu ihr, "ich hab daneben genäht (5 Töchter), dann kam die Nachbarin ins Altersheim und ich ging jeden Mittwoch zu ihr. Als sie gestorben ist, haben die zwei Zimmergenossinnen gesagt: 'Oje, jetzt kommens uns sicher nicht mehr besuchen.'" Natürlich ist sie weiter gekommen.
Jeden Mittwoch geht sie ins Pflegeheim - zu Fuß, 25 Minuten. Die Frau, die sie nun besucht, ist 84, bekommt nicht oft Besuch, da die Kinder in Wien leben. Da macht sie mit ihr Kreuzworträtsel und aus einem Buch "Buchstabensalat"-Wörter, "das macht die Frau so gern", lacht sie.
"Fünf Techter, ka Gelächter" hat der Pfarrer immer lachend gesagt. Sie war Handarbeitslehrerin und unterrichtete auch Kochen. Noch heute kocht sie täglich. Etwas Süßes gibt es auch immer aber eher gesund. Einen Schwedenbitter macht sie seit 25 Jahren, nach einem Rezept vom Kräuterpfarrer und trinkt ihn täglich. Salat und Gemüse kommen aus dem Garten. Der übrigens viele Stufen hat - null Problem. Die Tage sind ausgefüllt. Samstag die Kartenpartie zu viert ist ein Fixtermin. Für 16 Leute kochen normal. Drei Tage die Woche eine Art WG - eine Bekannte aus Wien. Freunde der Enkel oder der Töchter legen sich nach dem Essen auf die Küchenbank für ein Schläfchen. Man fühlt sich wohl in ihrer Gegenwart und sie lebt Toleranz. "Vorgedrängt hab ich mich nie im Leben"- sie ist total bescheiden. Wie lange sie das mit den Altenheim-Besuchen noch macht, weiß sie nicht, "weil im Winter ist es stockdunkel am Heimweg und im Sommer sehr heiß. "Disziplin und Konsequenz habe ich von ihr gelernt, das hat mir in meinem Leben viel geholfen", sagt Irene, auch eine sehr erfolgreiche Geschäftsfrau. Aloisia Zahrls Lebensmotto: "Viel arbeiten und wenig essen." Eigentlich "in", wie bei der young successful Generation. Als eine 79-Jährige als neue Bewohnerin ins Heim kommt, fragt sie: "Ja, was macht denn die Junge da?"
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