Schrofenhof
Erinnerungen des letzten Bewohners

- Kulturarbeiter Daniel Huter und Werner Burtscher vor dem liebevoll restaurierten Schrofenhof, das nun ein Museum beinhaltet.
- Foto: Dorn
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Auch am 270 Jahre alten Schrofenhof sind die Jahre nicht spurlos vorübergegangen. Am 15. Juni wird das Museum eröffnet.
ST. LEONHARD IM PITZTAL. Der Schrofenhof beim Steinbockzentrum in St. Leonhard hat eine bewegte Geschichte hinter sich. Nachdem das Gebäude einer gründlichen Renovierung unterzogen wurde, ist er heute wieder ein Schmuckstück. Neu hinzugekommen ist der Bürotrakt des Kulturreferenten und Historikers Daniel Huter, einem Großneffen des letzten Bewohners, der die Geschichte des Hofs mit der Geschichte des Tals in der nun fertiggestellten Dauerausstellung verbindet.

- Der alte, desolate Anbau wurde abgerissen und ein neuer Zubau angebaut, der nun das Büro von Daniel Huter beinhaltet.
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Wie alt der Schrofenhof tatsächlich ist, lässt sich wohl nicht mehr eruieren. Fix ist aber, dass er erstmals im Jahr 1267 erwähnt wurde und seine heutige Gestalt vor rund 270 Jahren erhalten hat. Im Jahr 1912 wurde das Gebäude schließlich verputzt und Teile der Fassade geschindelt, vielleicht aus Anlass der Primiz eines Sohnes der Familie Schöpf. Ein berühmter Sohn der Familie war Josef Schöpf, der als fotografierender Zeitzeuge das Leben im Pitztal dokumentiert hat. Der letzte Bewohner des Hauses, Oskar Schöpf, hat das Gebäude schließlich im Jahr 1999 an die Gemeinde St. Leonhard verkauft.
Erinnerungen ans Kriegsende
In einem Interview mit dem Archivar und Chronisten Willi Pechtl erinnerte er sich 1985 an das Leben oben am Schrofen und auch an das Ende des Zweiten Weltkriegs, das er als 16-Jähriger erlebte: "Wie im Jahr 1945 die Amerikaner kamen, waren wir in St. Leonhard. Am Piller war eine versprengte SS-Einheit, die noch Widerstand geleistet hat. Man hat gut gehört, wie sie mit der Artillerie geschossen haben, von der Piller Höhe in den Wald hinein. Kurze Zeit später kamen amerikanische Soldaten mit einem Spähwagen, Jeeps und LKWs mit den Mannschaften drauf. In den Kanonenröhren hatten sie büschelweise Himmelschlüssel, das weiß ich noch genau. Beim Lieselewirt haben sie gelagert. Die meisten Einheimischen waren froh, einzelne sicher nicht, die ein gewisses Vorspiel gehabt haben. Die Amerikaner haben uns kaum beachtet. Wir sind hingegangen und standen direkt daneben. Sie haben Kisten gefunden, vorher war ja eine deutsche Wehrmachtseinheit da."

- Vor dem Haus war 1985 noch viel Wiese, der desolate Schuppen auf der Rückseite musste dem neuen Büro von Daniel Huter weichen.
- Foto: Pechtl
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Er erzählt weiter, wie die Amerikaner schließlich auch bis zum Schrofenhof kamen: "Amerikaner kamen auch zu uns ins Haus, sie haben Essen mitgebracht und blieben bis tief in die Nacht am Schrofen. Meine Schwestern waren im besten Alter, zwischen achtzehn und zweiundzwanzig. Ein Soldat hatte seine Bluse ganz aufgebläht und packte aus. Er sagte: „Heute groß essen.“ Zucker! Er hat Zucker und Kaffee ausgepackt und uns übergeben. Sie blieben bis es stockfinster war. Sie hatten keine Ahnung vom Gelände und die Mutter gab ihnen eine Laterne mit."
Erinnerungen an den letzten Bewohner
Oskar Schöpf lebte noch bis nach der Jahrtausendwende allein oben am Schrofen und nachdem er zuerst in verschiedenen Pflegeheimen untergebracht war und schließlich verstarb, widmete sich die Gemeinde, die bereits das Steinbockzentrum nebenan errichtet hatte, auch dem Schrofenhof. In Zusammenarbeit mit dem Denkmalamt, das das Haus schließlich unter Schutz stellte, und Architekt Werner Burtscher sowie Restauratorin Maria Perwög wurde das Haus zunächst begutachtet, schließlich saniert und behutsam wieder in den Zustand vor dem Auszug seines letzten Bewohners gebracht.

- Möbel aus den unterschiedlichen Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts finden sich auch in der ehemaligen Rauchkuchl.
- Foto: Dorn
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Das Ergebnis ist eine vom Büro Rath und Winkler kuratierte Ausstellung, die sich aus einem Sammelsurium von Alltagsgegenständen aus der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts und erklärenden Texten zusammensetzt. Oskar Schöpf, seines Zeichens Elektriker und Bastler, hatte so manche Kuriosität im Haus hinterlassen, die es ebenfalls gelang zu erhalten. So hatte Schöpf zum Beispiel das alte Haustelefon mit Lautsprechern ausgestattet, um das Klingeln auch im Garten hören zu können.

- Die Stube wurde bis aufs Detail wieder so eingerichtet, wie zu Oskar Schöpfs Lebzeiten.
- Foto: Dorn
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Zugleich wird im neuen Museum auch die Geschichte des Tals erzählt und Themen wie Frömmigkeit, Arbeitsleben oder Handwerk aufgegriffen, die anhand des Hauses beispielhaft für das ganze Pitztal erzählt werden. Der jahrtausendealten Besiedlungsgeschichte des Pitztals von der Bronzezeit bis ins Mittelalter hat sich übrigens auch Archäologe Lukas Gundolf gewidmet, der am 12. Juni ab 19 Uhr im Gemeindesaal Arzl darüber referieren wird. Der Schrofenhof wird drei Tage später, am 15. Juni im Rahmen einer Eröffnung um 11 Uhr den Besuchern präsentiert. An diesem Tag findet auch der Tag der offenen Tür im Tiroler Steinbockzentrum statt.
Das Steinbockzentrum im Internet
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