BERGE BEWEGEN - Helmut Hable im Interview über das Kunstprojekt

Hable bewegt Berge | Foto: Ploner
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BEZIRKSBLÄTTER: Helmut, wie bist du auf das Thema Berge bewegen gestoßen?

H.H.: Das war eher eine Stimme aus meinem Unterbewusstsein. Wenn ich arbeite, kommen immer wieder Bilder, die Begegnungen mit unserer Bergwelt unserem Lebensraum betreffen. Das geschieht unbewusst, doch merke ich, wie sehr mich das Thema immer wieder beschäftigt. Auch die Erstaufführung einer Komposition von Manuela Kerer mit dem Thema: sussurament dla munt" - das ist ladinisch und bedeutet das Geflüster der Berge - hat mich beschäftigt.
Die Ausstellungsmöglichkeit in der Arbeiterkammer in Imst, mit Räumen, die schlussendlich den Blick auf die Bergkulisse freigeben, war ein willkommener Anlass, mich intensiv mit diesem Thema zu beschäftigen.

BB; Wie kam es zur Zusammenarbeit mit Annemarie Regensburger?

Dazu kann ich aus einem Email zitieren, das mir Annemarie dazu geschickt hat. Berge bewegen so lange ich denke, bewegen mich Berge, bewege ich mich zum Berg hin. Deshalb nahm ich die Herausforderung zum 2. Mal mit Helmut zusammenzuarbeiten gerne an.
Die kraftvollen Bilder, der Berg als Ursymbol der gebärenden Mutter allen Lebens bewegten mich, dem eigenen Weg auf die Spur zu kommen.
Zwei unterschiedliche Wege bewegen Berge!

BB: Das realisierte Projekt ist ja eine intensive Zusammenarbeit zwischen Ihnen und Annemarie Regensburger und geht weit über eine einfache Ausstellung von Arbeiten hinaus, was soll vermittelt werden?

H.H. Über eines war ich mir sofort klar. Ich wollte im Rahmen der Imster Kunststraße den mir zugewiesenen Raum nicht nur mit Bildern und Plastiken gestalten.
Hier bot sich die Möglichkeit, einen Weg zu simulieren, bei dem sich der Besucher in einem Rhythmus, ähnlich einer Bergwanderung, auf einem Weg bis zum Gipfel bewegt und dann wieder absteigt. Dabei wollte ich die Besucher dazu bewegen, sich in das Geschehen direkt einzubinden und sich mit dem Thema Berg intensiv und auch umweltkritisch auseinander zusetzen. Das konnte ich mit meinen Mitteln allein nicht. Es war eine glückliche Fügung, dass auch Annemarie sofort vom Thema berührt war und zugestimmt hat, es textlich zu verarbeiten. Eine weitere Bereicherung erfuhr unser Konzept durch die Zusammenarbeit mit der Komponistin Manuela Kerer, die zu diesem Thema passende Kompositionen geschaffen hat und dem Fotografen, Filmemacher und Herausgeber Thomas Ploder, der die Dokumentation des Projekts übernommen hat.

BB: Dem gesamten Projekt liegt ja die Absicht zugrunde, die BesucherInnen intensiv ins Geschehen mit einzubinden. Welche Zielsetzungen werden dadurch verfolgt?

H.H. Mehrere. Das fängt schon damit an, den Menschen beim Eintreten und damit auch beim Betreten des Maltuchs bewusst zu machen, dass wir alleine mit unserem Begehen, den Berg mitgestalten und daher für ihn auch Mitverantwortung übernehmen. Darüber hinaus wird instinktiv auch gespürt, dass da eine Beziehung zwischen dem Besuchern und dem begangenen Tuch entstanden ist, die sich in der Auseinandersetzung mit Bildern und Installationen fortsetzt.
Die abstrakt expressiven Bilder und Plastiken tragen alle Texte von Annemarie. Diese Texte entstanden autonom. Sie sind ganz bewusst keine direkte Erklärung zu den jeweiligen Arbeiten. Gerade dadurch sollen sie aber anregen, neue ganz persönliche Interpretationen zu entwickeln.

BB: Im Hintergrund läuft ja noch eine Musik von Manuela Kerer. Welcher Zweck wird damit verfolgt?

H.H. Meine Malerei schöpft sehr stark aus dem Unterbewussten oder auch Nichtgewussten. Diese Quellen gilt es anzuzapfen, strömen zu lassen und ins Sichtbare umzuwandeln. Mit der Musik ist es eigentlich dasselbe.
Wir verfolgen damit, die Wirkung von Optischem, Gelesenem, Gehörtem noch stärker im Besucher wirken zu lassen.

BB: Welche Rolle spielt die Performance und die Dokumentation?

H.H. Beides ist für die qualitätsvolle Umsetzung unverzichtbar. Erst dadurch wird das Ganze zeitlos und auch nach dem Abbau nachvollziehbar. Es gliedert sich in drei große Teile:

1. Teil: In einer während der ganzen Ausstellung laufende DVD liest Annemarie den gesamten Text zu Berge bewegen. Gleichzeitig werden viele gezeigten Bilder und Objekte im Hintergrund eingeblendet. Es ist keine statische Lesung, sondern ein bewegtes Geschehen, das den, die ZuhörerIn in seinen Bann schlägt. Aus räumlichen Gründen mussten wir den Bildschirm im Eingangsbereich des Kunstfoyers der AK aufbauen. Dort ist auch ein Besuchertisch und dorthin kehrt der, die BesucherIn wieder zurück und wird gebeten ihre (n) Eindruck zu schildern. Auch die BesucherInnen werden laufend gefilmt und sind Teil der Dokumentation.
2. Teil: Die Performance:
Für mich ist es die Ersteigung des Gipfels. Ein Schluss- und spektakulärer Höhepunkt. Dasselbe gilt für Annemarie, Manuela und Thomas.
Ich habe mit meinen malerischen, aktionistischen Mitteln das begangene Tuch im Rahmen einer öffentlichen Performance im Beisein vieler Persönlichkeiten das von Hunderten Menschen betretene Bild fertiggestellt. Es wurde schließlich auf zwei gekreuzte Lärchenholzläden montiert und aufgestellt und erhielt den Namen S, isch a Kreuz. Im Anschluss trug Annemarie dazu das ergreifende Gedicht: Auch Berge tragen Kreuze vor. Sie verstand es die Besucher durch einen Refrain einzubinden. Es war für uns alle tief bewegend.

3. Teil: Thomas Ploder hat das gesamte Projekt, insbesondere diese Aktion mit mehreren Kameras aufgenommen, dokumentiert, bearbeitet und mit dem übrigen Material in einer DVD festhalten. Diese DVD ist unverzichtbarer Teil eines Buches, das am 17. 1. 08, dem letzten Ausstellungstag, im Rahmen einer feierlichen Finissage präsentiert wurde. Zum vorgestellten Buch hat Prof. Hermann Nitsch, wohl einer der bedeutendsten lebenden Künstler Österreichs, ein meisterliches Vorwort geschrieben.
Zweifellos den Tupfen auf das i hat Manuela Kerer mit der Uraufführung von zwei Musikstücken gesetzt, die sie Klangbewegungen nennt. Es handelt sich um Kompositionen für drei Alphörner und Perkussion mit den Titeln: I Buckel aui Buckel oi und Schneeschmelze.

BB: Was bedeutet dir die Zusammenarbeit mit dem Fotografen, Filmer, Texter und Verleger Thomas Ploder?

H.H. Thomas Ploder war für die Entwicklung des gesamten Projekts ein Glücksfall. Er vereint in einer Person genau das, was zur Abrundung des gesamten Programms gefehlt hat. Seine Kreativität, sein Engagement und seine Dynamik haben uns bei der Realisierung unglaublich viel geholfen und das Projekt sehr bereichert.

BB: Wo ist das Buch mit der DVD erhältlich?
HH: Über den Verlag bona editio bzw. dem Buchhandel.

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