"BH wird an Bedeutung gewinnen"

BEZIRKSBLÄTTER: Wie wichtig sind die BH in Zeiten des zunehmenden Online Service als persönliche Ansprechpartner?
"Auf den ersten Blick könnte man meinen, dass in Zeiten des zunehmenden Online-Services die Notwendigkeit der persönlichen An- bzw. Aussprache geringer wird. Dies ist jedoch nicht wahrnehmbar. Es gibt nach wie vor viele, die keine elektronischen Medien nutzen. Zudem glaube ich, dass eine persönliche Vorsprache für beide Teile (Bürger und Beamte) Vorteile hat und nach dem Motto „Mit Reden kommen die Leute zusammen“ oft Lösungen gefunden werden können, die im elektronischen Schriftverkehr oft nicht so schnell erreicht werden."

Ist das Amt des Bezirkshauptmanns/frau noch zeitgemäß?
"Das Amt eines Bezirkshauptmannes ist durchwegs zeitgemäß, da diese Person die MitarbeiterInnen leiten und führen soll und zudem letztendlich die Entscheidungen zu verantworten hat. Aus diesem Gesichtspunkt heraus ist es für die Bevölkerung angenehmer, wenn sie weiß, dass nur ein Entscheidungsträger und nicht ein Kollegium oder Senat etc. die Bewilligung erteilen kann."

Wie viele Referate gibt es und wie viele Mitarbeiter sind beschäftigt?
"Die Bezirkshauptmannschaft Imst ist in 8 Referate eingeteilt (1 Bezirkshauptmann, 2 Gewerbe, 3 Verkehr, Grundverkehr, 4 Umwelt, 5 Gesundheit, 6 Veterinärwesen, 7 Bezirksforstinspektion, 8 Kinder- und Jugendhilfe). In der BH Imst sind derzeit 125 Mitarbeiter beschäftigt."

Wie sieht der BH seine Dienststelle in Zukunft?
"In Zukunft wird eine BH noch bedeutender werden, da der Trend zumindest in Tirol ist, dass Verwaltungsangelegenheiten vom Landhaus in Innsbruck auf die Bezirke verlagert werden. Dies soll für die Bevölkerung den angenehmen Effekt haben, dass die Anreise in den Bezirkshauptort wesentlich kürzer und eine BH auch übersichtlicher ist, als das weitläufige Landhaus in Innsbruck. Zudem kann bei komplexen Materien eine referatsübergreifende Zusammenarbeit auf einer BH leichter organisiert werden, weil sich die Beamten untereinander besser kennen und die Örtlichkeiten im Bezirk ebenfalls besser bekannt sind."

Zur Personalsituation: Gibt es genügend Bewerber?
"Es gibt genügend Bewerber für alle Posten einer BH, mit Ausnahme vielleicht des Amtsarztes, weil Ärzte oft lieber in einer Praxis oder in einem Krankenhaus arbeiten. Jedenfalls schätzen die Bewerber das Land Tirol als verlässlichen und guten Dienstgeber, wobei ein sicherer Arbeitsplatz auch in Krisenzeiten angeboten werden kann."

Wie läuft im Krisenfall das Management an der BH?
"In einem Krisenfall wird zuerst der Journaldienst der BH Imst verständigt. Dieser Journaldienstbeamte ist eine Woche lang eingeteilt und ist Tag und Nacht für Polizei, Rettung, Feuerwehr, Gemeinden etc. telefonisch erreichbar. Bei einem größeren Ereignis verständigt er dann den Bezirkshauptmann bzw. seinen Stellvertreter, der zu entscheiden hat, ob die Bezirkseinsatzleitung einberufen wird. In diesem Fall gibt es genaue Vorgaben, wer in den Krisenstab, der auf der BH Imst tagt, einberufen wird.
Wenn die Bezirkseinsatzleitung steht, wird die Naturkatastrophe bestmöglich abgearbeitet und zudem versucht, den Gemeinden und der Bevölkerung möglichst hilfreich zur Seite zu stehen."

Hat die BH Imst spezielle Aufgaben zu erledigen. Etwa durch den intensiven Tourismus?
"Grundsätzlich sind die Aufgaben, die eine Bezirksverwaltungsbehörde zu erledigen hat, vergleichbar mit anderen Bezirken. Allerdings ergeben sich oft Schwerpunkte aufgrund örtlicher Gegebenheiten (z.B. in Imst vermehrt Gewerbeverfahren in den Tourismushochburgen oder vermehrt Verkehrsstrafverfahren aufgrund von fixen Radargeräten). Weiters ist die BH Imst auch Referenz BH (Sprecher aller Bezirkshauptleute) in Jagd- und Fischereisachen, wodurch man sich gerade bei der Gesetzwerdung einbringen kann."

Inwieweit spielt die Digitalisierung bei den Abläufen in der Behörde eine Rolle?
"Seit dem Jahr 2012 gibt es den elektronischen Akt auf der BH Imst. In den letzten 6 Jahren wurde diese Art des Aktenlaufes in fast allen Bereichen nunmehr eingeführt, sodass die Digitalisierung eine wesentliche Rolle spielt. In einigen Jahren wird es den Papierakt nur mehr vereinzelt geben."

Kleiner Exkurs in die Geschichte der BH im Bezirk. Die Behörde im Wandel der Zeit - wo sind die gravierendsten Veränderungen spürbar?
"Vor ca. 40 Jahren waren auf der BH Imst ca. 60 Personen beschäftigt (also die Hälfte des jetzigen Mitarbeiterstandes). Es gab nur mechanische Schreibmaschinen und keine Diktiergeräte. Die Sekretärinnen mussten zuerst mittels Stenographie den Text des Referenten mitschreiben, um ihn dann mit der Schreibmaschine zu verfassen. Jede einzelne Kopie musste eigens vom Chef genehmigt werden. Jedes Telefonat musste eigens verbunden werden und ein Telefonat hinaus war über die Vermittlung anzumelden. Erst vor 30 Jahren wurde der erste und einzige PC für das Haus eingerichtet, wobei dieser für alle Bediensteten zur Verfügung stand. Dafür gab es eigene Listen, wo man den Einsatz zeitlich reservieren musste.
Man sieht also wie sich die BH in den letzten 30 bzw. 40 Jahren sowohl personalmäßig als auch technisch verändert hat. Ich kann nicht sagen, wie es in 40 Jahren aussehen wird. Ich nehme allerdings an, dass der Mitarbeiterstand sich nicht mehr wesentlich erhöhen wird, weil es vielleicht technische Errungenschaften geben wird, die weniger Personaleinsatz erfordern. Jedenfalls wird sich eine BH entsprechend weiterentwickeln und auf alle Veränderungen reagieren müssen, weil die Bevölkerung mit Recht eine moderne Verwaltung erwartet.

Das Gespräch führte
Clemens Perktold

Die persönlichen Daten
privat:
geb. am 03.11.1957 in Pians
verheiratet sei 1983
Vater zweier Kinder (Sohn und Tochter)
seit Ende Juli 2018 Großvater
wohnhaft in Pians

Ausbildung und Berufslaufbahn:
4 Jahre Volksschule in Pians
8 Jahre humanistisches Gymnasium der Franziskaner in Hall i.T.
4 Jahre Jusstudium in der Universität Insbruck
1 Jahr Gerichtspraxis am Landesgericht Innsbruck und Bezirksgericht Landeck
1982 Eintritt in den Landesdienst
17 Jahre juristische Tätigkeit in der BH Innsbruck
seit 01.01.2000 Bezirkshauptmann von Imst

Du möchtest regelmäßig Infos über das, was in deiner Region passiert?

Dann melde dich für den MeinBezirk.at-Newsletter an

Gleich anmelden

Kommentare

?

Du möchtest kommentieren?

Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.

Folge uns auf:

Du möchtest selbst beitragen?

Melde dich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.