Uralte Fabel im neuen Glanz
Man kommt aus dem Staunen nicht heraus – die ehemalige Schmiede in der Kaiserebersdorfer Straße 312 birgt über 400 Jahre alte Malereien und Inschriften!
(leb). Seit 2009 werkt Restaurator Klaus Wedenig mit seinem Team im Auftrag des Denkmalamtes. „Außer der Fabel finden sich Jagdszenen, ein Riese, einiges Getier wie Echsen und Schlangen und Rankenmuster an den Wänden und im Gewölbe dieses Raumes, alles Malereien aus dem 16. Jahrhundert“, erklärt der Fachmann, dem man die Begeisterung an seiner Arbeit sofort anmerkt.
Spannende Arbeit
Er war es auch, der den sensationellen Fund aus der Renaissance-Zeit vor Beginn der Umbauarbeiten des historischen Gebäudes gemacht hat.
„Überreste aus der Epoche der Renaissance sind für Wien beziehungsweise die ehemaligen Vororte immer etwas Besonderes, weil in den folgenden zwei Jahrhunderten des Barocks meistens alte Kunstwerke zerstört und durch moderne ersetzt worden sind.“ Bald kann man in den alten Gemäuern wohnen, doch der beeindruckende malereigeschmückte Gewölberaum bleibt öffentlich zugänglich, versichern die Hauseigentümer.
Sorgfalt, Geduld und Liebe zum Detail braucht es, um solche Schätze aus der Vergangenheit wieder auf Hochglanz zu bringen. „Nach dem Abklopfen und Entfernen der neueren Schichten muss man die Malereien mit einer Art Radiergummi reinigen, danach werden Risse geschlossen und die Kunstwerke eingetönt. Ergänzt oder retuschiert wird nichts“, erzählt Restauratorin Dagmar Schnetzer. Genaueres über den Auftraggeber der Malereien und die Motivauswahl, das Alter eines hölzernen Fußbodenteils und eine mögliche Verbindung zum nahe gelegenen Schloss Kaiserebersdorf wird man im Herbst erfahren, wenn das Bundesdenkmalamt seine Forschungen abgeschlossen hat.
Fuchs und Storch
Das Bezirksmuseum Simmering bietet jedenfalls Ende Juni im Rahmen eines Kulturspaziergangs die Möglichkeit, einen Blick auf die großartigen Secco-Malereien zu werfen, die im Gegensatz zu Fresken auf trockenem Putz gemalt worden sind.
In wunderbarer Secco-Maltechnik kann man sie dann in der Schmiede bewundern, die Fabel von Fuchs und Storch, die der griechische Dichter Äsop 600 v. Chr. geschrieben hat: Der Fuchs bat den Storch zu Gaste und setzte die köstlichsten Speisen vor, aber nur auf ganz flachen Schüsseln, aus denen der Storch mit seinem langen Schnabel nichts fressen konnte. Gierig fraß der Fuchs alles allein. Der Storch fand sich betrogen und bat seinen Freund am nächsten Tag zum Mahl. Als der Fuchs nun zum Storche kam, fand er alle möglichen Leckerbissen aufgetischt, aber nur in langhalsigen Geschirren. „Folge meinem Beispiele“, rief ihm der Storch zu und schlürfte mit seinem Schnabel ebenfalls alles allein, während der Fuchs zu seinem größten Ärger nur zuschauen konnte und seine Strafe erhalten hatte – was du nicht willst, dass man dir tu’, das füg’ auch keinem anderen zu!
Der 11. Bezirk ist wieder um eine historische Besonderheit reicher geworden, und die alte Fabel bleibt topaktuell!
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