Offenes Brunnenloch: Schaden für Anrainer
Der Brunnen in der Mollardgasse 72 ist Gegenstand langwieriger Verhandlungen. Die Anwohner fordern die sachgemäße Schließung.
(bar.) Eine Holzpalette bedeckt notdürftig das Erdloch in der Liegenschaft Mollardgasse 72. Trotz seiner Unscheinbarkeit verursacht die Öffnung im Erdboden den Bewohnern in den umliegenden Häusern Kopfzerbrechen. Denn unter den durch die Witterung gezeichneten Brettern verbirgt sich ein Brunnen, der immer noch Wasser führt.
Schließung der Wäscherei
Ursprünglich sollte der Brunnen dazu dienen, die Betriebskosten der Wäscherei Vienna möglichst niedrig zu halten. Das Unternehmen von Helmut Nagel hatte dort seine Niederlassung. Doch die Aushebung des Brunnenlochs verursachte damals schon Probleme: Das Wasser des Brunnens musste nämlich nicht an die Oberfläche gepumpt werden, sondern gelangte durch Eigendruck an die Oberfläche. „80 bis 100 Tonnen Wasser wurden damals pro Tag entnommen. Problematisch waren vor allem die Wochenenden: Da musste das Wasser sogar abgeleitet werden“, erklärt Gerd Keller, der mit dem ehemaligen Betriebsleiter der Firma in Kontakt steht. Seinen Eltern Dori und Wieland gehört das Nachbarhaus.
Im Frühjahr 2007 hatte die Firma plötzlich geschlossen. Helmut Nagel verkaufte damals die Liegenschaft an den Bauträger Premium. Schnell wurde klar, dass auf dem Grund Wohnungen entstehen werden. Mit einer Wirtschaftlichkeitsprüfung wurde auch noch die letzte Hürde genommen, da das Gebäude in einer Schutzzone lag, die den Abbruch von Häusern eigentlich nicht gestattet.
Kampf um Baugenehmigung
Premium machte sich gleich an die Arbeit und präsentierte im Frühjahr 2009 ein fertiges Bauprojekt. Doch schon die ersten Pläne des Bauträgers wurden in der Bauverhandlung zurückgewiesen, da die geplante Höhe der Flächenwidmung widersprach.
Zu diesem Zeitpunkt war der Brunnen noch nicht Gegenstand der Verhandlungen. Doch in der Nachbarschaft häuften sich plötzlich Fälle, in denen Anwohner mit zunehmender Feuchtigkeit zu kämpfen hatten, ohne den genauen Grund dafür zu kennen.
Dasselbe Schicksal erlitt auch Gerd Keller. Er verwaltet für seine Eltern das Haus in der Mollardgasse 70b. Auch bei ihm drang Wasser in die Garage und in den Keller ein. „Bis zu zwei Meter über dem Boden müssen wir mit Feuchtigkeitsschäden kämpfen“, erklärt der 55-Jährige.
Aufgrund der Einsprüche verzögerte sich das Bauprojekt am Nachbargrundstück. Zeit genug für Herrn Keller, Recherchen auf eigene Faust anzustellen. „Schritt für Schritt bin ich dahinter gekommen, dass es hier einen Brunnen gibt, der nicht verschlossen wurde.“ Bisher ist bei ihm ein geschätzter Schaden von 250.000 Euro entstanden.
Bescheid der Wasserbehörde
Dabei hatte die zuständige Wasserbehörde, die MA 58, einen Bescheid erlassen, in dem die Schließung des Brunnens angeordnet wurde. Dagegen hatte Premium aber Berufung eingelegt. Nun liegt die Causa bei der Rechtsabteilung der MA 64.
Doch Wasserrecht und Baurecht sind zwei getrennte Welten: In der Zwischenzeit hatte die Bauoberbehörde in Wien eine Entscheidung in dem Bauverfahren getroffen. Am 24. November 2009 entschied sie, dass Premium sein Projekt in der Mollardgasse verwirklichen darf.
Die Bauoberbehörde begründete das damit, dass Herr Keller das Wasserproblem zu spät eingebracht hatte: „Dieses erstmals in der Berufung erhobene Vorbringen ist daher als verspätet anzusehen“, heißt es im Berufungsbescheid vom 24. November 2009. Für geübte Juristen ergibt sich das aus der Sache. „Wasserrecht ist Bundessache, für die Bauordnung ist aber das Land zuständig“, erklärt Karl Bauer von der MA 64.
Andreas Tiefenbrunner, Projektleiter bei der Premium, äußert sich dazu knapp: „Wir werden den Brunnen, so wie es angeordnet wurde, bald verschließen.“ Wer für den entstandenen Schaden aufkommt, bleibt aber weiterhin eine offene Frage.
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