Hinter fremde Wohnungstüren geschaut

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INNSBRUCK. Im März sind in Tirol die Caritas-HaussammlerInnen wieder unterwegs. Sie bitten um eine Spende für in Tirol lebende Menschen. Das Stadtblatt begleitete eine der SammlerInnen und warf einen Blick hinter die Wohnungstüren Innsbrucks.

Schnellen Schrittes sucht Maria Dejean ein bestimmtes Haus. „Da kennen mich die Leute, da komme ich immer rein“, erklärt sie und steuert auf eine Haustüre zu. „Da ist es“, mit diesen Worten läutete sie am obersten Klingelschild. „Hallo, ich bin‘s von der Caritas-Haussammlung.“ Es dauert nicht lange bis das Surren an der Türe erklingt. Maria eilt zur ersten Haustüre. Etwas mulmig ist einem schon, wenn man vor fremden Wohnungstüren steht und nicht weiß, was einen erwartet. Eine ältere Dame öffnet, sagt aber, sie habe kein Geld hier. Maria lässt sich nicht entmutigen und nimmt die nächste Türe in Angriff. Sie läutet, lauscht, wartet. Es scheint niemand da zu sein. Bei den nächsten drei Türen dasselbe Spiel. „Ach, da probieren wir es noch mal“, ist Maria guter Dinge. Viele fragen sie, warum sie sich das antut. „Die positiven Begegnungen mit den Menschen geben mir neue Motivation. Ich bin einfach froh und zufrieden, wenn ich dem Pfarrer wieder eine gewisse Summe abgeben kann“, erklärt Maria. Vor einer weißen Türe mit roter Bemalung ist unser nächster Stopp. Etwas skeptisch halte ich Abstand zu der Türe, Maria scheint immer noch ganz locker zu sein.

Tschetschenen spenden für Caritas
Wir läuten und plötzlich macht uns eine Frau mit einem Baby in den Armen die Türe auf. Maria sagt ihren Satz auf: „Ich bin von der Caritas-Haussammlung und möchte um eine kleine Spende bitten.“ Die Mutter scheint nicht ganz zu verstehen. Ihre Tochter kommt barfuß herangeeilt und übersetzt für sie. Die Frau ruft ihren Mann, der Maria sofort zwei Euro überreicht. „Kommen Sie rein. Wollen Sie etwas trinken?“, fragt er und hält uns die Türe weit auf. Wir zwei tauschen die Blicke, sind noch etwas unschlüssig, meinen dann aber: „Warum nicht.“ Wir treten über die Türschwelle der Wohnung und befinden uns in einer überheizten Küche. Die Frau kocht uns einen Tee und fängt an, in Töpfen zu rühren.

Maria erzählt, während die Mutter kocht. Seit 13 Jahren ist sie als Haussammlerin unterwegs. Sie ist über den Pfarrgemeinderat zur Caritas gekommen und ist jetzt die Caritas-Verantwortliche im Stadtteil Dreiheiligen. 400 SammlerInnen gibt es in Innsbruck. Nachwuchs zu finden ist schwer, die meisten SammlerInnen sind mehr als 50 Jahre alt. Die Mutter serviert uns freundlich Tee, die Familie beginnt zu erzählen. Sie ist vor sieben Jahren von Tschetschenien nach Tirol gekommen, seither drei Mal umgezogen, in Innsbruck gefalle es ihnen gut. Der Krieg habe sie fortgetrieben.

Noch nie angepöbelt worden
Schlechte Erfahrungen hat Maria beim Sammeln noch nie gemacht. „Natürlich kommt es vor, dass manche die Türe nicht aufmachen oder schlecht über die Caritas reden, aber persönlich angepöbelt wurde ich noch nie“, erzählt Maria. Es gäbe andere, denen das schon passiert sei.

Während der Unterhaltung stellt uns die Mutter plötzlich etwas zu Essen auf den Tisch. Wir sehen uns wieder an und wissen nicht so recht, was wir tun sollen. „Essen“, hilft uns der Vater auf die Sprünge. Wir beginnen zögerlich die Nudeln mit Gemüse zu verspeisen. Jetzt ist mir klar, was Maria mit den schönen Erfahrungen meint, die sie beim Sammeln erlebe. Nach einem Blick auf die Uhr müssen wir uns verabschieden. Der Vater schüttelt Maria die Hand und schon stehen wir vor der nächsten Türe. Niemand zu Hause.

100 Euro-Spenden
Ganz oben angelangt, kommen wir zu den Leuten, die uns ins Haus gelassen haben. „Da habt ihr aber lange gebraucht, wart ihr bei den Tschetschenen?“, fragt uns die Dame, die uns die Türe öffnet. Maria lacht und erzählt von den netten Nachbarn. Wir werden hineingebeten, der Enkel überreicht Maria 100 Euro. Die gäbe es nicht oft, 50 Euro seien auch schon viel, die meisten geben 5 oder 10 Euro. Es seien auch meistens die, die weniger geben, die nachfragen, wofür das Geld ist. Auch wäre die Mittelschicht die skeptischste Gruppe. Nach einem kurzen Plausch machen wir uns wieder auf den Weg nach unten. Dank unseres Ausflugs nicht nur vor sondern hinter die Türen Innsbrucks, ist es spät geworden. Die restlichen Wohnungen wird Maria an einem anderen Abend in Angriff nehmen.

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