Ernö Kampel 88 jährig gestorben
Ernö Kampel-Kettner, der Schöpfer und Betreiber des GH Raffel erlag unerwartet einem Herzanfall. Ihm verdankt Jennersdorf seinen regionalen und internationalen Ruf. 1924 geboren erlebte er die Vorkriegszeit, erlernte das Fleischerhandwerk und wurde in den Kriegsdienst berufen. Er kam zuerst nach Frankreich und dann nach Russland, wo er bald in Gefangenschaft geriet und ein langes hartes Arbeitslagerleben wahrlich überlebte. Nach der späten Heimkehr übernahm er das Gasthaus Raffel und begann mit dem Aufbau. Parallel zur Entwicklung des Bezirksvorortes Jennersdorfs ging es auch mit dem Raffel aufwärts. Wie es die Zeit erforderte, erhielt das Gasthaus zuerst eine Kelgelbahn, dann einen Tanzsaal, und beide Räume wurden später zusammengefasst zu einem Superrestaurant mit ungarischem Ambiente, Zigeunermusik und Cymbalklang. Ein Hotelaufsatz und der Anschluss des Kulturzentrums machten das Haus zum Zentrum der Stadt Jennersdorf überhaupt. Die Küche seiner Frau Paula trug das Ihre dazu bei. Mit dem Abgang des großen Gastronomen ist Jennersdorf anders geworden.
Der Raffel, wie er war
Jennersdorf war, wenn ein Gasthaus Raffel war. Ein Gasthaus Raffel war, wenn Zigeunermusik bis auf die Straße herausklang und drinnen der Chef Ernö Kampel Kettner ordinierte. Er tat das 64 Jahre lang. Seine späten Geburtstage feierte er, wie jeden anderen Tag, als Oberkellner, aber auch als General des Hauses.
Hier gab es keinen Ruhetag und keine Sperrstunde, geschlossen war nur am Heiligen Abend und am Christtag. Die immer warme Küche wurde von einem bewährten Team, Frau Paula und Frau Annusch Pfeiler betreut. Bundeskanzler, Bundespräsidenten, Musiker, Schauspieler und bildende Künstler gehören zu den Gästen des Hauses geradeso wie Jennersdorfer Arbeiter, Lehrer, Gerichtsbedienstete, Beamte und Eisenbahner.
Wollte man sich ein besonders schönes und stimmiges Fest bereiten, so ließ man im Birnenzimmer decken, wollte man es besonders groß haben, feierte man in der Csarda, wollte man nur ein Seidel Bier trinken, ging man an die Theke ins Cafe, wollte man ein Gulasch essen, setzte man sich an den Kutschertisch.
Ernö Kampel gestaltete das Haus und damit ganz Jennersdorf seit 1948. Er baute laufend um, verwandelte die Kegelbahn in ein Restaurant, erweiterte das Dachgeschoss mit Seminarräumen und Hotelzimmern und gab es Zigeunermusik auf höchstem Niveau. Es war einzigartig in ganz Österreich, vergleichbar mit den Hotels der großen Weltstädte und den Entertainments auf Kreuzfahrtschiffen. Nicht selten kam es vor, dass sich bekannte Sängerpersönlichkeiten in die Musik einbrachten und sich von der Banda begleiten ließen. In der Küche blieb man sich selbst treu. Fleisch und Gemüse kamen aus der Umgebung. Der Brunch war rein der Jahreszeit entsprechend ausgerichtet. Moden der Haut Cuisine wurden kaum mitgemacht, lediglich die großen Weine des Burgenlandes gab es schon seit langem im Hause.
Ernö Kampel betreute auch das angeschlossene Kulturzentrum mit. Er war täglich von Mittag bis spät in die Nacht hinein im Hause anzutreffen. Für die Gratulationen bedankt er sich gerne mit dem Standardscherz: „Ein paar Jahre will ich noch so weiter machen, dann gehe ich in die Politik…“
Politiker des Landes, nahezu alle Bundespräsidenten und Bundeskanzler der Nachkriegszeit und viele namhafte Künstler suchten Jennersdorf auf, nicht zuletzt, um beim Ernö Einkehr zu halten. Er bot den Jennersdorfern alles, damit sie ihre schönsten Feste bei ihm feiern konnten und er unterhielt mit vielen vielen auswärtigen Gästen ein besonders freundschaftliches Verhältnis.
Seine Stammgäste bedeuteten ihm viel und er verstand es auch, sie zur Gestaltung der Seele des Hauses miteinzubeziehen. Man denke an Eduard Sauerzopf, Walter Pichler, Johannes Wanke, Martin Kippenberger, Kurt Kocherscheidt, HC Artmann, Wolfgang Bauer, Gerhard Rühm, Falco, Heinz Holecek, Herwig Seeböck, Giuseppe Sinopoli, u. v. a., aber auch an seine Nachbarn und Freunde, den alten Apotheker Sigmund Mihellyes alias Zsiga-Bàcsi, den alten Jennersdorfer Doktor Ernö Wagner, den Fahrschulingenieur Hannes Krammer, den Szemes Bácsi, an alle Jennersdorfer Bürgermeister, Bezirkshauptleute, Richter, Vereinsobmänner, Chorleiter und alle Jennersdorfer, die ihn laufend besuchten, in einer nicht enden wollenden Liste.
http://www.youtube.com/watch?v=gj6jkIPeaRc
http://www.youtube.com/watch?v=sTp3UBGHKtM
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