Man sagt, Liebe macht blind.
Tut sie das wirklich?
Tatsächlich ist nichts auf der Welt so scharfsichtig wie die Liebe.
Das, was blind macht, ist nicht die Liebe, sondern Abhängigkeit.
Abhängigkeit ist ein Zustand des Sich-Anklammerns, der aus dem Irrglauben rührt, eine bestimmte Sache oder einen bestimmten Menschen unbedingt zum Glück zu brauchen....
Stelle dir einen Politiker vor, der sich selbst davon überzeugt hat, dass er nicht glücklich sein kann, solange er keine politische Macht besitzt.
Sein Streben nach Macht stumpft ihn gegenüber vielen anderen wichtigen Dingen des Lebens ab.
Er hat kaum noch Zeit für die Familie und für Freunde.
Plötzlich werden alle Menschen nur noch daraufhin angesehen, ob sie seinem Ehrgeiz nützen oder ihm im Wege stehen.
Und diejenigen, die ihm weder nützlich oder ihm gefährlich sein können, übersieht er einfach.
Hängt sein Herz darüber hinaus noch an Dingen wie Geld oder Vergnügungen, ist der arme Mann in seiner Wahrnehmungsfähigkeit so eingeschränkt, dass man fast sagen könnte, er ist blind.
Für alle ist das klar, nur für ihn selbst nicht.
Das ist die Situation, die zur Ablehnung des Wahren, Schönen und Guten führt, weil man dem gegenüber blind geworden ist....
Um in dem Zustand zu sein, der Liebe heißt, muss man für die Einzigartigkeit und Schönheit aller Dinge und jedes Menschen in der Umgebung empfänglich sein.
Man kann schwerlich etwas lieben, was man nicht einmal wahrnimmt.
Und sieht man nur ein paar wenige Dinge auf Kosten anderer, so ist das eben keine Liebe.
Denn Liebe klammert niemanden aus, sie schließt das Ganze des Lebens ein.
(Anthony de Mello)
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