Schnee - ein Denkzettel

Schnee

oder:

was wir noch wissen sollten

eine Betrachtung von G. O. Gschwandler

Hitze überall. Auch in den Köpfen. Und Abertausende die zu uns wollen, durstig und hungernd nach etwas Wohlstand. Manche sind vor einem Krieg geflohen, aber nicht alle, so sagt man. Da geht dann schon die Angst um, vor dem oder der oder denen, die da mit Wohnstatt versorgt sein müssen. Die Medien finden kaum Zeit zu ruhen und das traditionelle Sommerloch frisst all die Geschehnisse, aber es will nicht voll werden, satt schon gar nicht. Da nützt es nichts wenn man die Texte aufbessert und der Bildgewalt freien Lauf lässt. Und auch wenn das Anlanden und Stranden und geschleppt werden, schon beinahe wieder Alltag wird, so ändert sich die Gemütslage im Volk nicht wie sonst. Man fällt nicht mehr so leicht in den Schlaf. Irgend etwas ist anders in diesen Tagen - nichts ist mehr, wie es noch vor dem letzten Schnee war. Es hat uns etwas erreicht, das weit mehr als nur bloße Ahnung ist. Eine bedrohliche Wahrheit und Wirklichkeit klopft da mit knöchernen Fingern, unablässig gegen jene Scheiben, durch die wir in die Welt blicken.
Ist der Staat nicht längst bankrott? Hat unser soziales System denn nicht versagt? Ist denn nicht alles schlimmer geworden? Ja - möchte man sagen und bestätigend nicken. Aber das würde ein Anerkennen von etwas bedeuten, das wir nicht ums verrecken im Leben haben wollen. Es würde ja die eigene Welt auf den Kopf stellen und den Schlaf, den mühsam verdienten kosten! Man denkt sich das Gehirn wund bei all der Hitze, sucht nach den deutlichen Verbesserungen dieser Zeit und findet kaum etwas. Nein, das stimmt so nun auch nicht. Natürlich haben wir uns verbessert, in bestimmten Bereichen sogar mit Sicherheit. Und selbst wenn der Vergleich von besser und schlechter sehr zu unserem Nachteil ausfällt, so bleibt uns immer noch die Hoffnung! Ja, genau! Da haben wir uns verbessert! Im „Hoffnung haben“ sind wir gut. Im Verdrängen noch besser! Und die Sprache der Politik, die beherrschen wir mittlerweile auch ganz famos! Also, nichts konkret werden lassen, das meine ich. Wie denn auch? Wenn schon unsere Obersten, die gewählten Volkstribunen, die Führer und Lenker unseres Staates nicht den Mut aufbringen, uns ehrlich und klar zu sagen, wie es um uns steht! Da lernt man nicht dazu, nicht als kleiner Mann oder Frau von der Strasse, schon gar nicht als Kind.
Dennoch glaubt man, dass es anders sein müsste. Man meint, dass sich da jemand hinstellen müsste und sagen sollte, wie es um uns steht! Man wünscht sich die Diagnose ebenso wie man sie fürchtet! Das ist uns doch wohl allen gemeinsam, zumindest entsteht der Eindruck dass dem so sei. Diagnose und Heilung, das bedingt nunmal einander! Insgeheim wissen wir ohnehin schon seit geraumer Zeit was Sache ist! Seien wir ehrlich! Wir sehen es ja jeden Tag und es gibt keinerlei Scham, was die Dokumentation, dieses grandiosen Scheiterns angeht! Seien wir in diesem kurzen Leben wahrhaftig, einmal zumindest, versuchsweise wenigstens und geben wir zu, dass da etwas gehörig schief gelaufen ist, in den letzten zweihundert Jahren! Also ganz unter uns, am Stammtisch, flüsternd, sich an dem kühlen Glas festhaltend, sprechen wir`s doch aus: Wir sind gescheitert! Haben versagt! Haben weggeschaut, dem ganzen Wahn den Rücken gekehrt und jetzt sind wir übel umzingelt. Jawohl umzingelt! Eine Kesselschlacht ist das, hoffnungslos eingekreist sind wir! Das sollten wir doch noch wissen! Das mit dem Umzingelt sein, mit dem Eingeschlossen sein, das mit den Armeen die erfroren und verhungert sind, weil man nicht achtsam war und den Nachschub nicht sichern konnte! Das haben wir doch gelernt in Geschichte und es hat uns als Kind oder Jugendlicher tief beeindruckt, weil es so unfassbar war und die Tausenden und Millionen sich jeder Vorstellung entzogen haben. Geben wir`s doch zu, dass sich da etwas wiederholt, etwas grosses und dramatisches, das nach Wagner`scher Musik verlangt und uns nicht nur an Napoleon erinnert. Seien wir ehrlich und nicken wir das anstehende Ende einer Gesellschaft, die sich mit Pauken und Trompeten, mit hochauflösenden LCD Fernsehern, überdimensionierten Geländewagen, sprechenden Uhren, Laptops, smarten Telefonen, smarten Bankern und smarten Politikern ins Aus manövriert hat, nicht einfach ab sondern erkennen den Untergang an, ja auch die eigene Verantwortung an der ganzen Misere! Da haben wir alle Anteil! Da kann man sich nicht davonstehlen, weil alle im selben Boot sitzen, den Eisberg den man gerammt hat noch schal im Gedächtnis, mit Kurs auf den Grund des Eismeeres! Auch die Expansion hat ein Ende, selbst wenn wir sie als ewig feiern mögen!

Da fröstelt es einen. Auch bei knapp dreissig Grad vor den verdunkelten Fenstern. Da möchte man lieber raus in die Sonne, fort vom Schnee, der sich gefühlsecht und sanft wie ein gütiger Tod auf die nackten Schultern und Schenkel gelegt hat. Eisige Gedanken sind das, an einem so wunderbaren Morgen, den das Radio als einen "Supergeilensommertag" mit fünfunddreissig Grad verspricht. Da erinnert man sich der Mutter, wie sie einen in die sonnige und feriale Welt getrieben hat, weil das Brüten im dunklen Zimmer so ungesund sei, und man doch leben müsse, weil doch die Schule und der Ernst des Lebens dann wieder bestimmend sein werden, in ein paar Wochen. Da hat man es schon gelernt, das gut gemeinte Wegschauen und sich ablenken. Ich habe damals, als Kind und keine zwölf Jahre alt, mir meine Gedanken über die Welt zu machen versucht - und es war die Sonne die mir diese Flausen für Jahre aus dem Kopf gebrannt hat. Heute währe ich froh, schon damals diese Gedanken zu einem Ende gebracht zu haben! Ich wäre freier denke ich. Nun aber treibt mich die Sonne und der angekündigte Tag ganz von selbst nach draussen.

Auch das Pflichtbewusstsein spielt eine gehörige Rolle. Der Rasen will gemäht sein bevor die Hitze zu gross wird! Der Garten braucht Pflege und Zucht. Hier soll die Ordnung sein die es draussen kaum mehr gibt und wenn doch - ist sie bedroht. Der Abend gehört dann ausschliesslich glühenden Kohlen, dem Fleisch darauf und der Erinnerung an Männerfreundschaft und ein Früher, das es wohl so nie wirklich gegeben hat. Und weil es ein schöner Abend sein soll, spricht man dann nicht über das Wesentliche, sondern über das Periphere. Die Gespräche sind milder geworden glaube ich. Man fürchtet vermehrt eine echte Konsequenz die sich aufdrängt würde man die Dinge bei Namen nennen. Die Furcht vor dieser Konsequenz ist dann auch der einzige Grund nicht zu sagen was wahr ist. Und selbst wenn jemand, zum Beispiel und naheliegend, den Islamischen Staat als so böse und teuflisch und gefährlich beschreiben möchte, so tut er das im falschen Bewusstsein, dass sich all dies auf einem anderen, durch gewaltige Ozeane von uns getrenntem Kontinent abspielen würde. Alles rückt weit ab an diesen Abenden am Grill, landesweit. Alles wird fern und auf eine putzige Art virtuell. Man erzählt sich alte und neue Witze. Das Lachen ist eingespielt. Eine Ernüchterung liegt in der Wahrheit welche jedem Witz sein Leben gibt. Das macht das Herz ein klein wenig schwer, aber das hat man im Griff. Man ist unter sich und kaum mehr ausser sich. Sicherheit in begrenztem Rahmen. Zelebrierte Normalität. Tradiertes Unwohlsein beim Gedanken an tiefgreifende Veränderungen, oder aber ganz einfach: Angst.

Allein die Geflüchteten stehen, das Grauen hinter sich, aber es drängt nach, an den weiss gestrichenen Gartenzäunen und blicken mit hungrigen Augen in unsere freundlichen Vorgärten. Das laue Wasser im aufblasbaren Pool kühlt noch gerade so den Mut, der einen zur Tat schreiten lassen würde. Der Alkohol dämpft uns das Mensch sein erheblich und lässt uns hart werden, was wir als Stärke fehlinterpretieren. Man wendet das Fleisch, auch das eigene, öffnet eine neue Flasche, geht kurz ans Gartentor, stellt sicher dass es versperrt ist, blickt prüfend in die Nachbarschaft und lächelt sich zufrieden ins spendenbetäubte Gewissen. Alles ist gut. Und niemand spricht über den Schnee der kommen wird, in gewaltigen Mengen - und dieser Schnee wird ein ganz eigener sein, denn er wird liegen bleiben, sehr, sehr lange.

G. O. Gschwandler

www.curandero.at

Wo: Grieselstein, Rosenberg 6, 8380 Jennersdorf auf Karte anzeigen

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