Unterschätzte Gefahr Sekundenschlaf
Tipps für eine sichere Urlaubsfahrt

Foto: stock.adobe.com/Wellnhofer Designs

Die Sommerreisezeit ist gleichzeitig Hochsaison für lange Autofahrten. Müdigkeit ist hier vorprogrammiert, was ein enormes Sicherheitsrisiko im Straßenverkehr darstellen kann. Der ÖAMTC gibt Tipps für lange Urlaubsfahrten.

KÄRNTEN. Gerade bei einer längeren Anreise zur Erholungsdestination sollten Fahrer unbedingt auf regelmäßige Pausen und ausreichend Schlaf vor der Abfahrt achten. Schlechter oder kurzer Schlaf, aber auch Fahrten zu ungewohnten Uhrzeiten, verstärken die Erschöpfung und führen zu mehr Unachtsamkeiten beim Fahren – das Unfallrisiko erhöht sich. "Das Hauptproblem ist in erster Linie, dass viele Lenker ihr eigenes 'Durchhaltevermögen' hinter dem Steuer überschätzen und die Müdigkeitswarnsignale des Körpers verdrängen", weiß ÖAMTC-Verkehrspsychologin Marion Seidenberger. "Dabei ist das Einschlafen am Steuer nur die Spitze des Eisbergs – müdigkeitsbedingte Leistungseinbußen während des Lenkens machen sich bereits lange vor dem tatsächlichen 'Wegnicken' bemerkbar."

Jahresspitze 2021 im Juli

Im Juli des Vorjahres gab es die meisten Übermüdungsunfälle. "Unfälle, die durch Übermüdung bzw. Sekundenschlaf verursacht werden, enden zumeist sehr schwer", erläutert Seidenberger. "Ein besonderes Risiko stellen dabei die sogenannten 'Abkommensunfälle' dar, bei denen das Fahrzeug mit hoher Geschwindigkeit von der Fahrbahn abkommt und oft ungebremst gegen ein Hindernis prallt oder einen Abhang hinabstürzt." Auf Österreichs Straßen ereigneten sich im vergangenen Jahr zehn tödliche Unfälle, die auf Übermüdung zurückzuführen waren. Im Monatsvergleich manifestiert sich eine rapide Steigerung an Übermüdungsunfällen mit Personenschaden ab Mai 2021, ihren traurigen Höhepunkt erreichte diese Entwicklung im Hochsommer: Knapp 14 Prozent aller Unfälle durch Übermüdung oder Sekundenschlaf ereigneten sich im Vorjahr im Juli.

Warnsignale des Körpers nicht missachten

Die ÖAMTC-Expertin rät Autofahrern, sich selbst genau zu beobachten, sensibel zu sein und beim Wahrnehmen von "Müdigkeitsvorboten", diese keinesfalls zu missachten und auch nicht zu "Placebos" zu greifen, sondern wirkungsvolle Maßnahmen zu setzen. Akute Warnzeichen sind häufiges Gähnen, plötzliches Frösteln, ein starkes Bewegungsbedürfnis, ein dauerndes Verändern der Sitzposition, Verspanntheit, besonders im Nacken- und Schulterbereich, die Entwicklung eines starren Blickverhaltens und häufiges Blinzeln. Auch ein Stimmungstief kann ein Warnsignal sein. Dann ist es besser, eine Pause einzulegen. Bereits ein Power Nap von etwa 20 Minuten in Verbindung mit einem anschließenden Kaffee kann (zumindest kurzzeitig) helfen. Der Energieschub wirkt sich positiv auf Leistung und Stimmung aus und verbessert die Reaktionszeit. "Trotzdem stellt diese Methode keine Dauerlösung dar – der Kurzschlaf kann eine ordentliche Regeneration, die nur eine mehrstündige Schlafpause hervorbringt, nicht ersetzen", ergänzt Seidenberger.

Tipps für eine gute und sichere Fahrt

Routenplanung – Etappen mit Pausen fix planen: Bei langen Fahrten die Zeit nicht zu knapp kalkulieren und von Haus aus ausreichend Pausen einplanen. Ist das Urlaubsziel weiter als etwa 800 Kilometer entfernt, optimalerweise einen Zwischenstopp mit Übernachtung einplanen.

Gut ausgeruht starten: Entschließt man sich zu einer für sich untypischen Fahrzeit, unbedingt die Nacht vorher für ausreichend Schlaf sorgen. Bei längeren Autofahrten mindestens alle zwei Stunden für 15 Minuten eine Pause einlegen und nicht mehr als acht Stunden pro Tag fahren. Wenn möglich, in regelmäßigen Abständen einen Fahrer:innenwechsel durchführen.

Richtig Pause machen: Frische Luft und Bewegung während der Pausen beugt Müdigkeit vor und bringt den Kreislauf nach langem Sitzen im Auto wieder gut in Schwung.
Verantwortung von Mitfahrenden: Um sicher ans Ziel zu kommen, sind auch Beifahrer:innen gefordert. Oft fällt ihnen früher auf, wenn Lenker von Müdigkeit geplagt werden. Diese Beobachtung unbedingt aussprechen, eine Pause einfordern.

Optimale Verpflegung: Genügend Wasser, Tee oder verdünnte Fruchtsäfte trinken, da Flüssigkeitsmangel die Konzentrationsfähigkeit massiv beeinträchtigt. Auf schwere (kalorienreiche) Mahlzeiten in Fahrpausen verzichten – nach dem Genuss von zu schweren, fettigen und üppigen Mahlzeiten tritt meist Schläfrigkeit ein. Stattdessen auf eine leichte, vitaminreiche Ernährung achten – denn auch Vitaminmangel führt zu Müdigkeit und Unkonzentriertheit.

Nachtfahrten wenn möglich vermeiden

Lange Urlaubsfahrten werden oft entgegen der inneren Uhr angetreten. "Zwischen 2 und 5 Uhr morgens sowie am Nachmittag gegen 14 Uhr befindet sich der Mensch in einem biologischen Tief", erläutert die ÖAMTC-Verkehrspsychologin. "Die Fahrt durch die Nacht oder in den frühen Morgenstunden, besonders auf monotonen Strecken, geht daher im Zweifelsfall auf Kosten der Sicherheit."

Kommentare

?

Du möchtest kommentieren?

Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.

Du willst eigene Beiträge veröffentlichen?

Werde Regionaut!

Jetzt registrieren

Du möchtest selbst beitragen?

Melde dich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.