Sommergespräch
Peter Kaiser: "Das reichste Prozent soll mehr beitragen"

- Kaiser: "Für mich ist prinzipiell jede sich innerhalb des Verfassungsbogens bewegende Partei ein potenzieller Partner."
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Der Landeschef über die Teuerung, Vorwürfe des "Postenschachers" und einen Ausblick auf die Landtagswahlen.
Herr Landeshauptmann, Sie meinten beim SPÖ-Parteitag, dass sich Familien eventuell entscheiden müssten, ob sie Geld für Essen oder Heizen ausgeben. Gehen Sie von diesem Szenario in Kärnten aus?
Peter Kaiser: Ich habe es sehr zugespitzt, weil ich daraus ableite, dass die Politik alles zu tun hat, dass es zu solchen Entscheidungen nicht kommen muss. Wir haben als Land schon bevor die Teuerungen aktuell geworden sind, Maßnahmen getroffen, etwa die Erhöhung der Einkommensgrenze bei Heizkostenzuschüssen. Im Zuge der aktuellen Entwicklung haben wir den Kärnten Bonus beschlossen. Es gibt auch weitere Verhandlungen mit der Kelag und deren Eigentümern bezüglich einer jährlichen Sonderdividende für jene Menschen, die armutsgefährdet sind.
Die Opposition übte Kritik am Kärnten Bonus, es sei zu wenig ...
Es wird immer im Einzelfall für Einzelne zu wenig sein. Man muss das Gesamtpaket sehen, wo die eine Maßnahme mit der anderen wirkt. Aus meiner Sicht kann es nur drei Punkte geben: Lebensmittel müssen leistbar sein, es muss ein Dach über dem Kopf leistbar sein, den Energiebedarf für Heizen und Kochen muss es zu leistbaren Konditionen geben. Für ein Schwimmbecken mit Gegenstromanlage kann der Strompreis ruhig höher sein.
Sie haben wiederholt eine höhere Besteuerung von Vermögenden gefordert. Wer ist für Sie vermögend?
Wenn in Österreich das reichste Prozent mehr hat als die schwächere Hälfte der Bevölkerung, dann ist das nicht mit Leistung erklärbar. Hier denke ich, können ab einer gewissen Größenordnung, nehmen wir ein Vermögen von einer Million als Beispiel, Besteuerungen zum solidarischen Beitrag einer Sozialstaatfinanzierung sehr wohl angedacht werden.
Sie fordern eine Millionärssteuer ...
Ich trete dafür ein, dass das reichste Prozent auch in entsprechenden Steuermodellen herangezogen wird und zur Finanzierung des Sozialstaates mehr beiträgt, als es derzeit tut.
Mit Ihrem Einkommen zählen Sie zur höheren Einkommensschicht. Können Sie es nachvollziehen, wenn sich Leute im Supermarkt nicht mehr das leisten können, was sie bräuchten?
Ich spreche sehr viel mit Menschen und höre von vielen, dass sie die Teuerung immer mehr spüren. Ich selbst habe nach einem meiner Morgenläufe gemerkt, dass ich für das, wofür ich früher drei Semmeln bekommen habe, jetzt nur noch zwei bekomme, nämlich für 90 Cent.
Knappe zehn Jahre Landeshauptmann Peter Kaiser. Ihr größter Erfolg, ihr größter Fehler?
Für mich der wichtigste Schritt ist, dass wir sehr breit klarmachen konnten, dass Kinderbildung und -Betreuung den größten Nutzen für die Gesamtgesellschaft bringen. Auf der anderen Seite sind natürlich Fehler passiert. Im Rahmen von Corona ist es uns etwa nicht immer gelungen, so zielorientiert die Situation darzustellen, dass sie von einem noch breiteren Kreis mitgetragen worden wäre.
Thema "Postenbesetzungen": Laut ÖVP würden "neun von zehn Jobs im Land an SPÖ-Parteigänger" vergeben werden. Wie entgegnen Sie dieser Kritik?
Wir haben klare rechtliche Auswahlkriterien, wie das Objektivierungsverfahren oder die Heranziehung von Personalbüros. Hier bei jeder Personalentscheidung immer Parteipolitik vorzuwerfen, ist – in dem dramatisierten Ausmaß – völlig unrecht. Ich sage nur einen Namen, der stellvertretend für viele stehen kann, und das ist Neuschitzer.
Wenn man mit anderen Parteien redet, gibt es keine Zweifel, wer bei den Landtagswahlen Erster wird ...
Nichts ist rutschiger als a gmahde Wiesn, das weiß jeder, der schon einmal bloßfüßig drübergegangen ist. Mein Bemühen ist es für das Land, aber auch für die Sozialdemokratie besser zu werden. Ich werde mich um jede einzelne Stimme bemühen.
Die wichtigsten Punkte für Sie in der kommenden Legislaturperiode?
Wir werden weiterhin in Bildung, Forschung und Entwicklung investieren. Wir werden jenen ausreichend helfen, die alleine nicht mehr zurechtkommen und ich gehe davon aus, dass wir nicht in einer zeitlich beschränkten Krise leben, sondern in vielen Bereichen an einem Wendepunkt angekommen sind. Es wird notwendig sein, dass wir Maßnahmen gegen die Teuerung mit einer enkeltauglichen Klimapolitik verbinden.
Könnten Sie sich eine Koalition mit der FPÖ vorstellen?
Für mich ist prinzipiell jede sich innerhalb des Verfassungsbogens bewegende Partei ein potenzieller Partner. Bei manchen ist es wahrscheinlicher, bei manchen unwahrscheinlicher.
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