Ein Kloster darf kein "Allerwelts-Ort" werden

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KREMSMÜNSTER. Michael Hochschild ist Soziologieprofessor in Paris. Die Orden in der katholischen Kirche interessieren ihn besonders, weil sie eine Jahrhunderte lange Tradition haben. Immer wieder mussten sie neue Herausforderungen meistern. Wie können sie die gegenwärtige Übergangszeit gestalten? In der vergangenen Woche wurde die Studie dem Konvent von Kremsmünster und seinen Mitarbeitern präsentiert.

„Oft nimmt man nur die Probleme wahr“, beschreibt Hochschild die Ausgangslage. „Dann attestiert man den geringeren Nachwuchs oder finanzielle Probleme.“ Das gehe aber an der Wirklichkeit der Orden vorbei, die sehr wohl eine große Zukunft haben könnten. Dafür sei aber ein Umdenken auf allen Seiten notwendig.

Auch P. Bernhard Eckerstorfer vom Stift Kremsmünster ist überzeugt, dass die Klöster in die Zukunft aufbrechen können, wenn sie nicht nur eine Fortschreibung der Vergangenheit erwarten. Er hat von Seiten des Benediktinerordens das internationale Forschungsprojekt begleitet, das acht Klöster in Deutschland, Österreich und Ungarn untersuchte. „Ich merkte in allen Klöstern, dass wir unbewusst die Vergangenheit als Maßstab nehmen und die Zukunft dann gemeistert sehen, wenn es wieder so werden würde wie früher. Damit blockieren wir uns nur selbst. Denn es ist einfach unrealistisch, dass wir heute genauso viel Nachwuchs haben wie in der Nachkriegszeit oder dass das Kloster in einer veränderten Welt gleich bleiben muss“, sagt der Novizenmeister von Kremsmünster.

Der Soziologe Hochschild sieht sogar eine neue Zeit der Orden heraufdämmern. „Unsere Zeit ist durchaus wieder religionsfreundlicher geworden. Die Menschen suchen nach Sinn und sind gerade von den Klöstern fasziniert.“ Um diese Entwicklung angesichts technologischer und wirtschaftlicher Krisen nutzen zu können, müssten sich die Klöster aber einer Betriebsamkeit entziehen, die nach gängigen Gesellschaftsmustern aushöhlt. „Ich bekomme aus den Klöstern die frühesten und die spätesten e-mails, nicht von meinen weltlichen Kollegen in Paris. Hier muss wohl eine benediktinische Lebenskultur zurückgewonnen werden, die dann auch das Umfeld wieder stärker anzieht.“

Klöster seien „Anders-Orte“, sie dürften nicht zu „Allerwelts-Orten“ werden, mahnt der Soziologe. Das habe auch die Studie gezeigt: Die Menschen erwarten viel von Klöstern, sind aber oft enttäuscht, wenn sie sich mit ihrer Sehnsucht und ihren Bedürfnissen den Klöstern nähern. „Ich bin überzeugt, dass die derzeitige Krise, die wir auch in den Klöstern feststellen können, zu einem Aufbruch werden kann.“ Dafür könnten die Mitarbeiter und Sympathisanten eine Schlüsselrolle spielen. „Wir sprechen immer von Krise, als wäre sie zu vermeiden. Im Gegenteil, sie kann die Klöster neu aufstellen.“ Wenn z.B. weniger junge Mönche da sind, könne dies das verhängnisvolle „Immer-So-Weiter“ durchbrechen und ein neues Miteinander von Mönchen, Angestellten und Freundeskreisen hervorrufen.

Die Studie hat in der Tat gezeigt, dass z.B. die Angestellten eines Klosters hohe Erwartungen haben. „Sie wollen nicht in einem normalen Betrieb arbeiten, sondern sehen ihren Arbeitsplatz im Stift als etwas Besonders, das sich von der Welt auch unterscheiden müsse.“ Deshalb seien Angestellte in Klöstern hoch motiviert und bereit, sich enorm zu engagieren. Das Kloster von heute müsse sich aber auch hüten, alle Wünsche der Menschen zu erfüllen. Das führe zu einer „Versorgungsspirale“, die Hochschild in den Klöstern feststellt: Alle wollen mehr und anderes – das kann kein Konvent leisten. Deshalb sei es angesagt, gezielt und wohl dosiert die Freundeskreise eines Klosters einzubeziehen und stärker als bisher zu Multiplikatoren der benediktinischen Spiritualität werden zu lassen. „Dafür müssen ihnen die Benediktiner aber Raum geben und nicht alles selber machen. Das heißt, die Mönche müssen sich vor allem sich auf das konzentrieren, wo sie wirklich gefragt und unersetzbar sind“, meint Hochschild.

Das sieht auch P. Bernhard Eckerstorfer so: „Für mich löst diese Studie einen freudigen Mut aus, das zu schärfen, wozu ich ursprünglich ins Kloster eingetreten bin. Wir sind ja auch im Kloster in Gefahr, nur zu funktionieren und die Arbeit über alles zu stellen. Was haben wir dann aber noch anderen Menschen anzubieten?“ Von der Studie habe er z.B. gelernt, dass Reform in den Klöstern zumeist bedeutet, etwas zusätzlich zu machen. So wird Althergebrachtes weiter betreut, aber auch Neues auf die Beine gestellt. „Damit überfordern wir uns. Wir müssen doch genauso überlegen, was auslaufen darf und andere übernehmen können. Gerade wir in der Kirche sollten doch vorleben, dass die Aufgabe eines bestimmten Engagements oder einer bestimmten Tradition kein Scheitern ist, sondern Neues ermöglichen wird“, sagt der Benediktiner.

Michael Hochschild, der sein Projekt „Elastische Tradition“ genannt hat, kann das auch durch die soziologischen Daten belegen: „Wir haben im Klostervergleich gesehen, dass die Größe eines Klosters nichts über die Vitalität aussagt. Das bedeutet für die Zukunft, dass man sich nicht auf Zahlen fixieren darf, sondern auf Qualität setzen soll.“

Fotos: Stift Kremsmünster

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Foto: Diözese Linz/Kienberger
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