Schwammerl sprießen wieder
Mit Vorsicht und Artenkenntnis in die Pilzsaison starten
"Die Temperaturen sind zwar noch etwas zu hoch, doch haben die Gewitterregen im August schon zahlreiche Pilzarten zum Leben erweckt und Fruchtkörper sprießen lassen", bestätigt Karlheinz Meidinger, Pilzkundler aus Kremsmünster.
KREMSMÜNSTER, BEZIRK KIRCHDORF. "Vor allem in den Kalkalpen, aber auch auf sauren Böden im Alpenvorland konnten Pilzsammler schon in den vergangenen Wochen die erlaubte Menge – zwei Kilogramm pro Person und Tag – ernten. Vorrangig Eierschwammerl, Steinpilze, Maronenröhrlinge, Rotfußröhrlinge, Perlpilze, Täublinge und Champignons waren und sind in den Körben zu finden", weiß der Pilzberater.
Erwähnenswert ist das Vorkommen zahlreicher Milchbrätlinge, die in Oberösterreich ebenso geschützt sind wie der Riesenbovist und nicht entnommen werden dürfen. Wer nach Parasolen (Riesenschirmlingen) Ausschau hält, wird sich noch etwas gedulden müssen. Diese begehrten Speisepilze werden immer wieder mit Safranschirmlingen verwechselt. Diese nicht ganz unbedenkliche Art zeigt jedoch im Anschnitt eine safranrote Verfärbung und hat keinen braun genatterten, sondern einen weißen und ungenatterten Stiel.
Bittere Gallenröhrlinge
"Jahr für Jahr werden zu Saisonbeginn ungenießbare, bittere Gallenröhrlinge angeliefert, die für Fichten-Steinpilze gehalten werden. Dabei kann durch eine Geschmacksprobe und die Kenntnis der unterschiedlichen Stielnetz- und Röhrenfarben eine Verwechslung leicht ausgeschlossen werden.
„Die Kenntnis der arttypischen Merkmale sich ähnelnder Speise- und Giftpilze ist die Voraussetzung für einen Verzehr. Sammler müssen vor allem Pilze mit weißen Lamellen genau kennen. Nur so können Verwechslungen mit tödlich giftigen Knollenblätterpilzen ausgeschlossen werden."
Karlheinz Meidinger
Grundsätzlich wird für eine sichere Bestimmung eines Pilzes der ganze Fruchtkörper benötigt. Dieser wird nicht abgeschnitten, sondern behutsam – mit Hilfe eines Messers – aus dem Boden gehoben, damit auch die Merkmale an der Stielbasis - wie Knolle, Scheide oder Verfärbung des Stielfleischs - erhalten bleiben. Farbe und Form sind keine sicheren Hinweise auf eine Pilzart. „Die Hutfarbe kann stark variieren. So kommen vom Grünen wie auch vom Gelben Knollenblätterpilz Exemplare mit weißen Hüten vor", warnt der Mykologe. Pilzsammler sollten beim leisesten Zweifel eine Pilzberatung in Anspruch nehmen. Sehr zu empfehlen ist die Teilnahme an einer Lehrwanderung oder an einem Pilzseminar (siehe unten).
Nicht auf Apps verlassen
Wertvolle Informationen sowie eine Bestätigung bringen eine gute Fachliteratur und geeignete Seiten im Internet, z. B. https://www.123pilzsuche.de/daten/details/. Das alleinige Vergleichen von Funden mit Bildern und die daraus folgende Erkenntnis, "der könnte es sein!", kommt Russischem Roulette gleich. Von Pilz-Apps muss abgeraten werden, sagt Meidinger. Sie liefern vielfach falsche Ergebnisse.
Maronenröhrlinge meiden
Problematisch sind aktuell Wildpilze, die 35 Jahre nach dem Reaktorunfall in Tschernobyl weiterhin radioaktive Nuklide bevorzugt aufnehmen und speichern. Der bekannteste Vertreter hierzulande ist der Maronenröhrling. Da weite Teile Oberösterreichs, vor allem die Umgebung von Spital am Pyhrn, nach wie vor höher mit Cäsium-137 belastet sind, empfiehlt das Gesundheitsministerium aufgrund einer 2021 veröffentlichten Untersuchung, Maronenröhrlinge ganz zu meiden. Steinpilze und Parasole zeigten keine Grenzwertüberschreitungen, bei Eierschwammerln war es jede zehnte Probe.
Aber auch Schwermetalle werden von bestimmten Wildpilzen, z. B. Champignons, bevorzugt angereichert, weil sie zur Bildung der Fruchtkörper benötigt werden. So sind beim Großsporigen Anis-Champignon extrem erhöhte Cadmium-Mengen festgestellt worden. Einige Champignon-Arten sind zudem Quecksilbersammler. Dieses Schwermetall kommt neben Blei auch in Safranschirmlingen vor. Arsen wiederum steht unter Verdacht, Hautkrebs zu verursachen. Hohe Mengen davon sind im Schwarzblauenden Röhrling, wegen seiner Verfärbung auch "Tintenmaroni" genannt, gefunden worden.
Beratung
Pilzberatungsstellen im Bezirk Kirchdorf: Florian Kogseder, Molln, und Karlheinz Meidinger, Kremsmünster. Sehr zu empfehlen sind die Pilzbestimmungsabende der Mykologischen Arbeitsgemeinschaft (MYAG) im Biologiezentrum in Linz und die monatlich stattfindenden Pilzwanderungen der MYAG unter fachlicher Leitung. Nächster Termin: 14. September 2021. Details: mykologie.ooelkg.at
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