Zeitbank 55+: eine Initiative zum Erhalt der Lebensqualität

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BEZIRK. Die Zeitbank55+ ermöglicht es den Nachbarn in einer Gemeinde, ihre Talente und Fähigkeiten auch im Alter zu entfalten, Zeitguthaben für einen späteren Bedarf anzusparen und mit gutem Gefühl Nach- barschaftshilfe in Anspruch zu nehmen.

Wir Menschen in Österreich werden immer älter. Das bedeutet, dass es immer mehr fitte BürgerInnen gibt, die in der Lage und bereit sind, sich aktiv in das gesellschaftliche Leben einzubringen. Andererseits wächst mit der steigenden Lebenserwartung der Druck auf die Finanzierbarkeit des Sozialsystems. So gewinnen Eigenverantwortung und Eigenvorsorge an Bedeutung.

ZeitBank55+ als soziales Netzwerk entlastet Sozialbudget der Länder

Die Mitglieder versprechen sich, den im Alter oft schon beschwerlichen Alltag mit kleinen Hilfestellungen selbständig zu meistern. Wie das funktioniert erklärt Margit Hoffmann-Derflinger, Projektkoordinatorin der ZeitBank55+: „Franz kann nicht Bügeln und bringt seine Hemden zu Trude. Trude bügelt für ihr Leben gern und bekommt von Franz dafür Stunden, die auf ein Konto gebucht werden. Dafür kann sie sich von Josef wiederum ihr Feuerholz ins Haus tragen lassen. Wofür Josef Stunden gebucht bekommt… Allen ist geholfen und jeder kann seine eigenen Fähigkeiten einbringen. Eigentlich ganz einfach und gerade deshalb so erfolgreich.“

Seit der Gründung der ersten ZeitBank55+ 2006 in Molln, hat sich das Netzwerk in Österreich und auch Deutschland und Tschechien auf über 40 Vereine ausgeweitet.
Die Folgen des demographischen Wandels verlangen nach individuellen Lösungen und bürgergesellschaftlichen Engagement. Beides ist im Modell ZeitBank55+ „gewinnbringend“ für alle Beteiligten vereint. „Und wenn in der ZeitBank55+ von „Gewinn“ gesprochen wird“, so Hoffmann-Derflinger, „dann ist in erster Linie nicht Geld gemeint, sondern ein Gewinn an Menschlichkeit, Geborgenheit, Sicherheit und Nächstenliebe.“

Studie „Sozialwirtschaftlicher Nutzen der ZeitBank55+“

Dies zeigt auch die Studie „Sozialwirtschaftlicher Nutzen der ZeitBank55+“ des Forschungsinstituts STUDIA aus Schlierbach, das kürzlich 185 Mitglieder befragte: „Selbstorganisation und Hilfe unter den Vereinsmitgliedern stärkt das soziale Netz. Dadurch können Menschen den Alltag in ihrer gewohnten Umgebung länger bewältigen. Mitglied in der ZeitBank55+ zu sein trägt zur Gesundheit und Selbstständigkeit bei und entlastet letztendlich die Sozialbudgets der Länder.“ fasst Studien-Leiter Wolfgang Baaske die Ergebnisse zusammen.

So besteht der Nutzen für den Staat darin, dass die teure, stationäre Versorgung erst später oder gar nicht in Anspruch genommen werden muss. Durch Aktivierung, Prävention und mit Unterstützung der Mobilen Dienste konnten dank der ZeitBank55+ ältere Menschen bis zu einem Jahr länger in ihrer Wohnung bleiben und mussten nicht in ein Pflegeheim.

Dies stiftet großen Nutzen sowohl für die Betroffenen in Form einer höheren Lebensqualität, als auch für pflegende Angehörige, die mobilen Dienste und die nahversorgende Wirtschaft. Die durch die ZeitBank55+ bewirkte Verzögerungsleistung entlastet die öffentlichen Haushalte mit rund 160.000 Euro pro Jahr für alle Zeitbank-Vereine. Verglichen mit der Fremdunterbringung in einem Pflegeheim werden monatlich 750 Euro pro Person eingespart. Dazu kommt die Entlastung von Angehörigen, die aufgrund ihrer Doppelbelastungen mit Beruf und Pflege oftmals in ein Burn-Out schlittern. Die ZeitBank55+ schwächt diesen Druck ab, was ebenfalls volkswirtschaftlich von Bedeutung ist. Ein nicht zu unterschätzender Effekt ist auch die Stärkung der Nahversorger und damit der Gemeinden.

Für einander da sein

Die Vereinsmitglieder leisten sich gegenseitige Hilfestellung und Unter- stützung zur besseren Bewältigung der Aufgaben, die im Alltag daherkommen. Mit dem Alter werden manche Dinge ein bisschen mühsamer, dann ist man froh,
wenn man Vereinskollegen hat, die einem hilfreich zur Seite stehen.
Vereinmitglieder helfen sich gegenseitig bei den alltäglichen Dingen des Lebens
Beim Einkaufen, wenn einem das Tragen schon mühsam ist oder man die Preisschilder nicht mehr lesen kann. Dafür ist man selber noch gut drauf beim Kochen – da kann man dem Witwer von nebenan was beibringen. So hat sicher jeder etwas, das er tun kann, und bestimmt auch etwas, wo man um Hilfe froh ist.

Lebensqualität in den eigenen vier Wänden

Für den älteren Menschen ist das Bedürfnis, möglichst lange, weitgehend
unabhängig in den eigenen vier Wänden und in der vertrauten Umgebung zu verbleiben, nach wie vor zentrales Anliegen. Eine lebendige, nachbarschaft- liche Hilfestellung kann viel dazu beitragen, die Lebensqualität im Alter in der eigenen Wohnung lange genießen zu können, ohne auf kostenintensive, professionelle Hilfe angewiesen zu sein.

Zeit sparen

In der ZeitBank55+ unterstützen sich Menschen gegenseitig. Für die Hilfen, die man gibt, bekommt man die Zeit dafür auf einem Stundenkonto gutgeschrieben. Und wenn man selber Hilfe in Anspruch nimmt, „bezahlt“ man mit diesen angesparten Stunden. Für Menschen, die kein Guthaben (mehr) ansparen können, gibt es den Stundenblock zu kaufen. So kann man seine „gekauften“ Stunden ausgeben, der Helfer bekommt die Stunden auf sein Konto. Letztendlich geht es also nie ums Geld, sondern um die Zeit. Die ist unbezahlbar.

Und so funktioniert’s:

Bei Vereinseintritt füllt jedes Neumitglied eine Liste aus und gibt bekannt, welche Hilfen benötigt werden und welche geleistet werden können.
Jedes Mitglied erhält einen Ausweis, die Vereinsstatuten, die Vereins-Spielregeln und für den Mitgliedsbeitrag auch gleich einen Stundenblock mit 5 Stunden Zeitguthaben.

Wenn man Hilfe in Anspruch nehmen will, kontaktiert man die im Verein für die Koordination zuständige Person. Diese vermittelt dann den Helfer oder die Helferin. Natürlich kann man die HelferInnen auch direkt kontaktieren. Die HelferIn bekommt für ihre Hilfe einen gelben Leistungsscheck oder einen Grünen Zeitscheck. Die geleisteten Stunden werden vom Konto des Hilfeempfängers auf das Konto des Helfers gebucht.
So kann man ein „Stunden-Guthaben“ ansparen. Diese Guthaben-Stunden kann man wieder für Hilfe, die man selber in Anspruch nimmt, verwenden. Übers Internet oder über direkte Anfrage beim Vereinsvorstand kann man seinen „Zeitbank-Kontostand“ einsehen.

Die Verwaltung wird von einem Vereinsmitglied geführt. Dort werden Neuzugänge registriert und von dort wird auch organisiert, dass jedem neuen Mitglied genau erklärt wird, wie der Verein funktioniert: wie man das Beitrittsformular ausfüllt, wie eine Hilfeleistung vermittelt wird, wie man die Schecks ausfüllt usw.
Bei den Zeitbank 55+ Stammtischen treffen sich die Vereinsmitglieder und informieren sich gegenseitig über benötigte oder angebotene Hilfsdienste. Zudem können sich bei diesen Zeitbank 55+ Stammtischen Interessente über die ZeitBank55+ informieren.

Ein Verein für alle Generationen im Ort

Der Verein „ZeitBank55+“ ist privat, überparteilich und überkonfessionell. Grundlage ist die gelebte Nächstenliebe in allen Lebensbereichen: Sachebene, Beziehungsebene, Sinnbereich. Die ZeitBank55+ motiviert ihre Mitglieder zu einem verstärkten für einander da sein und übernimmt damit einen wichtigen Beitrag zur sozialen Verantwortung und Entlastung des öffentlichen Sozialbudgets. Mitglieder im Verein können Menschen aller Generationen sein, wobei die Hauptzielgruppe bei der Generation ab einem Alter von 55 Jahren und außerhalb des Erwerbslebens liegt.

www.zeitbank.at

Fotos: Dachverband Zeitbank55+

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Foto: Cityfoto
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