33 Stammtische und ein Roman
Alois Brandstetter setzt mit seinem neuen Roman der Post ein zweites literarisches Denkmal.
In ,Zu Lasten der Briefträger‘ beschwert sich einer über die drei Briefträger in der Gemeinde, im neuen Buch kommen diese drei Briefträger selber zu Wort“, erklärt der Schriftsteller Alois Brandstetter kurz und bündig den Unterschied seines Longsellers aus dem Jahr 1974 zu seinem soeben veröffentlichten neuen Roman „Zur Entlastung der Briefträger“. Drei pensionierte Postler treffen sich allwöchentlich am Stammtisch beim Kirchenwirt zu Munderfing …
„Die Post hat mich immer schon interessiert, als Kind im Petrinum, als ich auf Briefe von meiner Mutter wartete, später im Saarland auf Post von meiner Verlobten“, schlägt Brand-stetter die Brücke ins Heute, wo Nachrichten über Postpartner und allerhand Kurioses rund um die Post kursieren.
„Mehr Freud’ beim Schreiben“
Das kommerzielle Kalkül, wie es meist bei Fortsetzungen von Bestsellern zu Grunde liegt, ringt dem Autor ein Schmunzeln ab: „Ich geb zu, dass ich mit meinen letzten Romanen – Wissenschaftsromane wie ,Cant lässt grüßen‘ – doch einige Leser verschreckt habe.“
Und mehr Spaß beim Schreiben der 33 Stammtischgespräche hatte er auch: „In jedem der drei steckt etwas von mir, aber der Deuth, der Wortführer am Stammtisch, ist mir am ähnlichsten: Er erklärt als Hobby-Philologe und Amateurhistoriker seinen Kollegen die Welt“, schildert Brandstetter. „Der Blumauer entspricht dem Klischee vom Briefträger als Witwentröster und Frauenversteher, er arbeitet an einem Erotikon. Und der Dritte, der Ürdinger, ist der Urigste – ein Nebenerwerbs-Landwirt und erklärter Biertrinker.“
Gesprochen wird am Stammtisch über Gott und die Welt und „das Leben am Land“. „Am Land verschwindet ja alles, die Post ist weg, der Pfarrer ist weg, die Gendarmerie, und jetzt verschwinden auch noch die Gemeindeärzte …“, beschreibt der Autor sein Buch als durchaus „nostalgisch, wehmütig, melancholisch“.
Die Feststellung, dass es einfacher sei, zu hinterfragen, worüber am Munderfinger Stammtisch nicht diskutiert wird, als alle Themen aufzuzählen, die auf knapp 400 Seiten angerissen werden, quittiert Brandstetter mit spitzbübischen Lachfalten um die Augen und meint dazu: „Naja, es ist so eine Art Chronik der laufenden Ereignisse …“.
Der Autor:
Alois Brandstetter:
„Zur Entlastung der Briefträger“ (2011, Residenz Verlag).
„Zu Lasten der Briefträger“ (1974, Neuauflage 2004, Residenz).
„Laut- und bedeutungskundliche Untersuchungen an der Mundart von Pichl bei Wels“ (Heimatort Brandstetters, OÖ) lautete das Thema seiner Dissertation als Germanist (1962). Die Liebe zur Sprache und zum humanistisch-etymologischen Sinn von Wörtern zieht sich durch Arbeit und Werk: ab 1962 Assistent für Altgermanistik und Sprachwissenschaft an der Universität Saarbrücken, Habilitation 1970; ab 1974 Universitätsprofessor für Ältere deutsche Sprache und Literatur an der Uni Klagenfurt; 2007 emeritiert.
Autor: Christian Lehner
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