"Da gibt es eben keine Toleranz"
Unterwegs mit dem ÖWD - wie viel Fingerspitzengefühl man für den Job braucht.
INNENSTADT. Ach ja, die Ankunftszeit. Wenn man die nicht angeben müsste, dann würden in Klagenfurt viel, viel weniger Strafzettel ausgestellt werden. Aber er muss beinhart sein, stellt Rudolf R., Dienstnummer 122, klar. Es ist acht Uhr und er beginnt seinen Dienst in der Klagenfurter Innenstadt.
Strikte Anweisungen
Seit Mitte März ist Rudolf R. beim ÖWD. Er patroulliert durch die Stadt, kontrolliert, klärt auf - und verteilt natürlich auch Strafzettel. Wegen der rigorosen Vorgehensweise stand der ÖWD im Kreuzfeuer der Kritik - was Rudolf R. hinnehmen muss, aber auch verstehen kann: "Wir haben die strikte Anweisung ab der ersten Minute der Überschreitung abzustrafen - das ist mit der Stadt Klagenfurt so geregelt. Wenn ich ein, zwei Minuten warte, ob doch noch jemand zum Auto kommt, ist das Amtsmissbrauch. Da gibt es eben keine Toleranz", sagt Rudolf R., während er im Eiltempo an den Autos in der Lidmanskygasse vorbeigeht. Das zügige Tempo ist nötig: "Eine Runde, die ich absolviere, ist 3,5 Kilometer lang. Das muss in einer Stunde gehen." Pro Tag legt er so 25 Kilometer zu Fuß zurück "zehn Kilo weniger in vier Monaten" seien das Ergebnis.
Erstes Strafmandat
In der 10. Oktober-Straße setzt es dann das erste Strafmandat: Ein Auto mit Wiener Kennzeichen hat weder Parkuhr noch Ticket hinter der Windschutzscheibe. R. tippt das Kennzeichen des Autos ein um zu sehen, ob der Lenker das Handyparken nützt - Fehlanzeige. Er gibt die Daten ein, die dann auf den Strafzettel gedruckt werden. Kurz vor dem Druck wird noch einmal der Handypark-Dienst abgefragt um ausschließen zu können, dass der Dienst in der Zwischenzeit aktiviert wurde. Für den Falschparker wäre das auch die letzte Sekunde, um noch auf sich aufmerksam zu machen. "Wenn ich gerade beim Tippen bin und der Fahrzeugbesitzer kommt daher, dann gibt's natürlich keinen Strafzettel. Ich brauch doch nicht zwanghaft die Autorität raushängen lassen", sagt Rudolf R. Der Wiener Falschparker versäumt diese Chance jedoch. Der Zettel landet hinter dem Scheibenwischer, R. fotografiert das Auto mit dem Handy, um sich abzusichern. "Wenn es zu einer Reklamation kommt, brauche ich das als Beweis", sagt er.
40 Mandate pro Tag
Insgesamt fällt auf, dass die meisten Autolenker ein Ticket lösen oder ihre Ankunftszeit angeben. "Das ist deutlich besser geworden. Anfangs habe ich bis zu 70 Strafmandate pro Tag ausgestellt, jetzt sind es so um die 40", sagt R. Verbissen zu versuchen, so viele Strafzettel wie möglich auszustellen - das kommt für ihn nicht in Frage. "Es gibt weder eine Belohnung noch eine Belobigung, wenn man besonders viele Mandate ausstellt", sagt Rudolf R. - er müsse auch kein Soll erfüllen.
Fingespitzengefühl
Weiter geht es in Richtung Benediktinerparkplatz - die Standler sind rund um den Platz gerade damit beschäftigt, ihre Autos auszuladen. "Ja, natürlich könnte ich sie alle abstrafen. Aber das ist doch eine Ladetätigkeit, sie sind jeden Tag hier und haben sonst keine Möglichkeit, zu parken. Ich muss mir ja nicht um jeden Preis Feinde machen", sagt Rudolf R., "und das ist auch einer der Punkte, bei dem ich sage, dass wir vielleicht ein bisschen mehr Fingerspitzengefühl an den Tag legen könnten."
Wie sieht es mit der anderen Seite aus? Mit Freunden, die falsch parken? "Da gibt es keine Ausnahme. Auch die bekommen einen Strafzettel. Ein Bekannter von mir bekommt so um die drei Strafmandate pro Woche - es gibt eben auch Leute, die sind unverbesserlich", sagt R.
Reklamation
Was den Umgang mit den Fahrzeuglenkern angeht, so ist hohes Konfliktlösungs-Potenzial gefragt. Rudolf R. ist gerade dabei, einem schwarzen Mercedes einen Strafzettel auszustellen, als ein Mann auf ihn zugelaufen kommt - in der Hand ein Strafzettel. "Das zahl ich sicher nicht!", lautet seine Begrüßung. Eine verzwickte Situation: Er hatte sein Auto eingeparkt und wollte einen Parkschein lösen - doch der Automat war kaputt. In der Zeit, in der er das auf der Polizei meldete, kassierte er das Strafmandat. Er hatte seine Ankunftszeit nicht angegeben - und das versucht der ÖWD-Mitarbeiter auch, ihm zu erklären. "Ja klar, Sie machen nur Ihren Job", räumt der aufgebrachte Parker ein, "aber trotzdem bekommt das mein Anwalt."
"Mache Arbeit gerne"
"Natürlich sind viele Leute aufgebracht. Was ich schon zu hören bekommen habe. . .", erzählt R. Vier Strafzettel hat er in etwas mehr als einer Stunde ausgeteilt und schon fängt seine nächste Runde an. 922 Euro brutto verdient Rudolf R. - plus zehn Prozent Gefahrenzulage, da er ständig auf der Straße unterwegs ist. Wie kommt er mit den Anfeindungen zurecht, die ihm entgegenschlagen? "Damit muss ich leben", sagt R., "aber das ist schon viel besser geworden. Wenn man mit den Leuten vernünftig redet, dann sehen sie es auch ein, dass ich nur meine Arbeit mache." Nachsatz: "Und ich mache diese Arbeit sehr gerne."
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