Die neue Enzyklika „caritas in veritate“

Papst Benedikt XVI. schlägt in seiner kürzlich veröffentlichten Enzyklika „Caritas in veritate“ (Liebe in Wahrheit) die Einrichtung einer „echten politischen Weltautorität“ vor.

Die Enzyklika „Caritas in veritate“ wendet sich an die Bischöfe, die Priester und Diakone, an die Personen gottgeweihten Lebens, an die christgläubigen Laien und an alle Menschen guten Willens über die ganzheitliche Entwicklung des Menschen in der Liebe und in der Wahrheit.

Die Vision einer Weltreligion
Und das sind die Aufgaben, die der höchste Kirchenmann in seiner Vision einer Weltregierung zuordnet: "Eine solche Autorität muss sich dem Recht unterordnen, sich auf konsequente Weise an die Prinzipien der Subsidiarität und Solidarität halten, auf die Verwirklichung des Gemeinwohls hingeordnet sein, sich für die Verwirklichung einer echten ganzheitlichen menschlichen Entwicklung einsetzen, die sich von den Werten der Liebe in der Wahrheit inspirieren lässt. Darüber hinaus muss diese Autorität von allen anerkannt sein, über wirksame Macht verfügen, um für jeden Sicherheit, Wahrung der Gerechtigkeit und Achtung der Rechte zu gewährleisten."
Dass diese Ziele, die schon länger formuliert waren, aber erst unmittelbar vor dem Gipfel veröffentlicht werden sollten, einen utopischen Charakter haben, entspricht dem Stil der Enzykliken Benedikts.

Die Liebe als zentraler Welt
Der Papst spricht auch diesmal von der Liebe als zentralem Wert - wie schon in seiner ersten Enzyklika "Deus caritas est" und verweist damit auf die jenseits der materiellen Welt liegenden Werte. Entsprechend wenig konkret wird es, wenn es um die Umsetzung geht.
Dennoch meinte Wiens Kardinal Erzbischof Christoph Schönborn bei der Präsentation, dass das Dokument wenig Spielraum für Utopien lasse. Entscheidend sei das vermittelte Menschen- und Gesellschaftsbild - und dass der Begriff "Gemeinwohl" wieder in die Debatte eingebracht werde.

"Glaube gibt zu denken"
Und der Wiener Caritas-Direktor Michael Landau ergänzte: "Der Glaube ersetzt nicht das Denken, aber er gibt zu denken." Daher sei vor allem die präzise Analyse der Missstände wichtig - wenn etwa der Papst darauf verweist, dass neue Gesellschaftsklassen entstehen und sich eine große Armut nicht nur in materieller Hinsicht ausbreitet - auch der Verlust sozialer Kontakte wird von der Kirche als eine Form der Verarmung gesehen.
Politiker und Wirtschaftsführer will der Papst auf alle die von ihm beschriebenen Phänomene hinweisen und zu einem neuen Ethikverständnis führen, sagte WU-Professor Wilfried Stadler, "damit nicht jene belohnt werden, die die Auswirkungen ihres Tuns auf die gesamtgesellschaftliche Entwicklung ausblenden" . Grundgedanke sei, dass der Mensch sich nicht auf die materielle und profitorientierte Seite reduzieren lassen dürfe.
So gelte auch für die Globalisierung, dass sie a priori weder gut noch schlecht sei, sondern das, was Menschen aus ihr machen: "Ohne solidarische und von gegenseitigem Vertrauen in seinem Inneren geprägte Handlungsweisen kann der Markt die ihm eigene wirtschaftliche Funktion nicht erfüllen. Heute ist dieses Vertrauen verlorengegangen und der Vertrauensverlust ist ein schwerer Verlust", heißt es in der päpstlichen Enzyklika.
Hier der Link zur Enzyklika im Wortlaut auf der Homepage des Vatikan.