Kaffee-Beigaben
Diese kleinen Figuren bewegen die Menschen
Zwischen verklärter Nostalgie und schmerzenden Kindheitserinnerungen: Das Figuren-Museum für Kaffeebeigaben feiert das Ein-Jahr-Jubiläum.
KLAGENFURT. "Es kommt vor, dass Menschen in Tränen ausbrechen, wenn sie ins Museum kommen. Eine Frau wurde an ihre Kindheit erinnert, der Vater kam aus dem Krieg nicht mehr zurück“", sagt Herwig Oberlerchner. Den meisten ist er als Leiter der Psychiatrie bekannt. Vor knapp einem Jahr hat der Psychiater sein Figuren-Museum für Kaffeebeigaben in der Kaufmanngasse 5 bis 7 aufgesperrt. Seitdem haben 978 Besucher sich dieses außergewöhnliche Museum mit der größten Sammlung von Kaffeebeigaben angeschaut. "Bis Mitte Oktober sollen es dann 1.000 Besucher sein", lacht Oberlerchner.
Mit viele Liebe und einer anständigen Portion Sammlerleidenschaft wurde das Museum mit hunderten Linde-Figuren, aber auch alten Emailschildern oder antiken Lehrschautafeln mit Bildern der Zichorie (Wegwarte), die der Hauptbestandteil des Malzkaffees ist, ausgestattet.
Wieso Winnetou canceln?
Große Nachfrage herrscht nach einem Schaukasten. In einer Vitrine steht eine Sammlung einer Serie, in der Linde Kaffee Karl May thematisierte. "Der Wiedererkennungswert bei den Karl-May-Figuren ist bei den Besuchern enorm", sagt Oberlerchner. Die Cowboys und Indianer werden nicht aus der Vitrine verbannt. "In einem Museum wird Geschichte nicht ausgeklammert, mir haben die Figuren Werte wie Freundschaft und Zusammenhalt vermittelt, sie waren niemals skalpierende Rothäute für mich", so Oberlerchner zur aktuellen Cancel-Culture-Debatte. Er bevorzugt das Gespräch. Wieso hat der Verlag die Bücher aus dem Sortiment genommen, die Bücher könnten ja mit einem kritischen Vorwort versehen werden", so Oberlerchner.
Eine konfliktfreie Zone
Seine Sammlung wächst stetig, immer wieder helfen ihm Besucher, noch weiter in die Welt der Kaffeebeigaben einzutauchen. Mit dem Museum, in das er 140.000 Euro aus privater Hand investiert hat, wollte er "eine konfliktfreie Zone" schaffen, um in schönen Erinnerungen zu schwelgen oder den Menschen eine Pause vom Alltag zu geben. Neu sind auch Emailschilder der Firma Wenger, die einst Feigenkaffee in Klagenfurt herstellte. "Die Linde-Figuren haben mir in meiner Kindheit geholfen, meine komplizierte Familiengeschichte besser zu verstehen“, sagt der Psychiater. Tipp: Am 19. Oktober Lesung von Herwig Oberlechner aus seinem aktuellen Buch "Das Schweigen wird laut", in der Bibliothek Viktring,
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