KLAGENFURTER Leben
Ein Dienst im Zeichen des Erinnerns

  • Georg Ilsinger bei seinem Gedenkdiensteinsatz in London mit einem Holocaust-Überlebenden und Verantwortlichen.
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Seit 1992 ermöglicht der Verein Gedenkdienst Menschen einen Auslandseinsatz, der auch als Zivildienst geleistet werden kann.

KLAGENFURT/LONDON/WIEN. Vordergründiger Gedanke ist es, während des einjährigen Dienstes an Gedenkstätten, an Forschungszentren und pädagogischen Einrichtungen gegen das Vergessen des Nationalsozialismus und des Holocausts zu arbeiten. Der 1992 gegründete Wiener Verein unter Obmann Matthias Spadinger ist ständig auf der Suche nach Freiwilligen aus ganz Österreich. Ein Klagenfurter, der sich bereits im Jahr 2017 für den freiwilligen Dienst im Zuge seines Zivildienstes gemeldet hat, ist Georg Ilsinger. „Im Gespräch mit meiner Familie bin ich draufgekommen, dass man seinen Zivildienst nicht nur beim Roten Kreuz leisten kann, sondern eben auch beim Gedenkdienst. Durch einige Internetrecherchen bin ich zur Anmeldung gekommen, die neun Monate vor dem Auslandseinsatz erfolgen muss, ich hab‘ mich dort beworben und mir anschließend die Stelle in London ausgesucht, wo ich im Anschluss auch geblieben bin, um hier mein Studium der Philosophie, Wirtschaft und Politik zu absolvieren.“ Der 24-Jährige wird im Sommer sein vierjähriges Studium abschließen. Wichtig ist es, dass man sich rechtzeitig bewirbt. „Man kann sich über unsere Webseite www.gedenkdienst.at bewerben. Die Auswahlgespräche finden immer Ende Dezember statt. Die Entsendung erfolgt dann Mitte August. Ziel des Vereins ist es, geschichts- und gesellschaftspolitische Aufklärungsarbeit zu leisten, der Opfer der nationalsozialistischen Verfolgungs- und Vernichtungspolitik zu gedenken, Rassismus, Faschismus, Antisemitismus und Diskriminierung zu benennen, sie zu bekämpfen und demokratische Werte wie Menschen- und Minderheitsrechte zu stärken“, erklärt uns Obmann Matthias Spadinger.

Beweggründe

Angesprochen auf seine Beweggründe, die ihn zum Gedenkdienst geführt haben, antwortet der 24-jährige Klagenfurter mit eindrucksvollen Worten: „Auf der einen Seite ist es so, dass wir als jüngere Generation für den Holocaust und dessen Folgen kein wirkliches Schuldverständnis haben, wir haben ja niemanden enteignet oder gar getötet. Aber ich glaube, dadurch, dass wir diese Geschichte haben und auch davon profitieren, beispielsweise in Form von Autobahnen etc., haben wir eine große Verantwortung dafür. Für unsere Gemeinschaftsgefüge ist es wichtig, dass wir erinnern, und der Gedenkdienst leistet hier einen wichtigen Beitrag, vor allem weil wir alle wollen, dass sich so etwas nicht mehr wiederholt. Daher war es mir persönlich sehr wichtig, die Geschichten von Holocaust-Überlebenden am Leben zu erhalten.“

Die Aufgaben

Für Georg Ilsinger war es wichtig, mit Menschen zu arbeiten, weshalb seine Entscheidung auch auf London fiel. „Grundsätzlich gibt es faszinierende Stellen auf der ganzen Welt, für mich war es aber von Bedeutung, direkt mit Menschen in Kontakt zu sein, weil es gibt auch Stellen, bei denen man hauptsächlich mit Archivarbeiten zu tun hat“, verrät er uns. Zu seinen Aufgaben in London gehörte vor allem die Organisation von Events und Ausflügen für Holocaust-Überlebende. Zusätzlich war er an der Organsiation des Holocaust-Gedenktages im englischen Parlament beteiligt. „Natürlich wollte ich auch mein Englisch verbessern, das konnte ich in diesem Zuge auch gut umsetzen“, ergänzt er.

  • Gedenkdienst-Obmann Mathias Spadinger
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Seine Zukunft

Im Juli dieses Jahres schließt Georg sein Studium in London ab. Danach möchte er ein Jahr lang die Welt erkunden und sich auch weiterhin engagieren: „Wenn es unbegrenzt Plätze bei Gedenkdienst geben würde, würde ich mich wieder hier engagieren, da das aber nicht der Fall ist, möchte ich Zivildienstleistenden diese Möglichkeit überlassen. Ich persönlich liebäugle mit dem Strong Minds Project, ein Projekt, welches versucht, das Leben von Menschen in der dritten Welt zu verbessern“, so der Klagenfurter. Einen Appell richtet er vor allem an die Politik: „Der Gedenkdienst ist ein Verein, der kaum gefördert wird, er lebt von Spenden, es ist sehr schade, dass nicht jeder Zivildienstleistende die Möglichkeit hat, sich hier zu engagieren, weil es doch darauf ankommt, ob man sich beispielsweise ein Jahr in London überhaupt leisten kann. So wird vielen Menschen die Möglichkeit genommen, sich zu engagieren, nur weil die finanziellen Mittel fehlen, das ist für mich weit entfernt von Chancengleichheit“, so Georg Ilsinger abschließend.

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