Klagenfurter Leben
Ghostwriting – Die Arbeit der Untergrundschreiber
Ab Oktober ist Ghostwriting in Österreich nicht nur für den Käufer, sondern auch für den Verkäufer strafbar. Wir haben einen Ghostwriter getroffen und ihn über die Arbeit befragt.
KLAGENFURT. Gregor S. (Name von d. Red. geändert) studiert an der Uni Klagenfurt und ist nebenbei als Ghostwriter tätig. Er schreibt gegen Geld alles: Hausarbeiten, Seminararbeiten, Diplomarbeiten und in einzelnen Fächern auch Masterarbeiten. „Ich traue mir Masterarbeiten in Fächern zu, die ich selbst auf Master studiert habe“, sagt er. Bachelor- oder kleinere Arbeiten sind meist nur Literaturrecherche, das geht in allen Bereichen. Angestellt ist er bei gleich zwei verschiedene Firmen, die Ghostwriting, aber auch Schreibberatung und Coaching anbieten.
Fixe Zusage
Aufträge erhält er jeden Tag. „Da kommen ca. 20 pro Tag rein“, sagt Gregor und öffnet seine Mail-App. Von beiden Firmen hat er mehrere Mails bekommen, alleine heute. Mal für eine Hausarbeit mit fünf Seiten, mal für einen Teil einer Diplomarbeit. „Ich kann mir das alles anschauen und mir aussuchen, was ich mache.“ Wenn er einmal zugesagt hat, muss er allerdings auch liefern. „Da kann ich nicht nach zwei Wochen sagen, dass es mir zu schwer ist“, so der Student, denn der Kunde wartet.
Kosten-Nutzen-Rechnung
„Ich bekomme die Hälfte von dem, was der Kunde zahlt“, sagt er, „die andere Hälfte bekommt die Firma.“ Der typische Kunde ist dabei nicht der reiche, faule Schnösel, sondern ein verzweifelter, durchschnittlicher Student, der unter Druck steht. „Viele Kunden kommen aus der Schweiz, da ist das Studien-System ein anderes“, erklärt Gregor und fährt fort: „Wer dort seine Abschlussarbeit nach dreimal Abgeben nicht positiv hat, muss von vorne beginnen.“ Bei Studiengebühren von teils über 1000 Euro pro Semester sind das nicht nur wertvolle Jahre, die verloren gehen, sondern auch fünfstellige Eurobeträge. „Dagegen sind zweitausend oder dreitausend Euro für einen Ghostwriter eine überlegenswerte Investition“, so der Student.
Strafen und Vorschriften
Dass seine geschriebenen Werke dann von anderen als eigenes Werk ausgegeben werden, stört ihn nicht. „Ghostwriting ist wie Prostitution, nur verkaufe ich halt mein Geschriebenes.“ Er kennt auch keine Daten der Kunden. „Das ist alles anonymisiert“, sagt er, „und wenn ein Kunde irgendwo vergessen hat, seinen Namen zu löschen, übersehe ich das und lösche es weg.“ Denn nur so kann das Geschäft funktionieren. Dem Geschäft an sich will die Bundesregierung jetzt allerdings einen Riegel vorschieben. Mit Oktober wurde eine Novelle im Universitätsgesetz vorgenommen, die nicht nur das Einreichen einer fremden, gekauften Arbeit unter Strafe stellt, sondern auch demjenigen, der diese schreibt. „Das heißt, ich schreibe nur mehr für Kunden außerhalb von Österreich“, sagt Gregor. Denn bis zu 60.000 Euro Strafe riskieren will er nicht. Er glaubt aber nicht, dass das Gesetz etwas ändern wird. „Wenn jemand einen Ghostwriter finden will, wird er das auch“, so der Student.
Erste Arbeit als Herausforderung
Die Kunden kommen ohnehin meist aus dem Ausland. „Ich schreibe teilweise auch englische Arbeiten, wenn ich mich aussehe“, so der Ghostwriter. Seine erste Arbeit war eine ganz besondere Herausforderung. Er hat sich beworben und als Auftrag bekommen, die Arbeit einer russischen Studentin zu schreiben, auf Englisch. „Die gute Dame hat kein Wort Deutsch oder Englisch gesprochen und hatte eine schlecht vorgearbeitete Arbeit von einem anderen Ghostwriter mitgebracht.“ Diese galt es dann vollständig zu überarbeiten und es so zu schaffen, dass sie positiv ist. Seitdem sind acht Jahre vergangen, und er hat gelernt, dass er schwierige Kunden auch abgeben kann. „Irgendjemand findet sich immer, der den dann nimmt“, sagt er. Am liebsten sind ihm die Kunden, die mit einer fertigen Vorbereitung kommen. „Mit Inhaltsverzeichnis, Forschungsfrage, Quellenangaben und auch Kopien derer, da macht das Schreiben am meisten Spaß“, sagt er.
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