Josef Marketz: "Die Stadt muss auch Demut zeigen"

- Caritas-Direktor Josef Marketz im Schillerpark
- hochgeladen von Stefan Plieschnig
Caritas-Direktor Josef Marketz über Urlaub, seine Kindheit und Problemzonen in Klagenfurt.
KLAGENFURT (stp). Josef Marketz, Direktor der Caritas Kärnten, erzählt im Gespräch im Park von seinem Privatleben, Religion und wie um uns herum eine Parallelgesellschaft entsteht.
Sind Sie gerne in der Natur unterwegs?
Die Natur bietet eine Unterbrechung des Arbeitsflusses, die ich auch gerne in Anspruch nehme. Mir gefällt die Ruhe. Die Natur entwickelt sich nicht so rasant wie unsere Gesellschaft. In der Natur zu sein bringt einen auf den Boden.
Wie verbringen Sie den Sommer?
Ende August nehme ich mir immer zwei Wochen Urlaub und fahre jedes Jahr nach Italien - allerdings nicht ans Meer. Da sind mir zu viele Leute. Stattdessen nehme ich mein Fahrrad mit und erkunde damit die vielen kleinen italienischen Städte und die schöne Gegend. Letztes Jahr war ich zum Beispiel in der Toskana. Außerdem esse ich sehr gerne Italienisch und trinke gerne ein gutes Glas Wein.
Sie haben viele Länder dieser Welt bereist. Welcher Erfahrungen haben Sie gemacht? Was nehmen Sie für ihren Job, was für sich privat mit?
Die Welt ist unglaublich vielfältig. Wenn man weit herumkommt sieht man erst, dass es überall die dunklen Seiten der Gesellschaft gibt, in denen viel Not herrscht. Ich war z.B. ein halbes Jahr in Indien und ein Jahr in Ecuador. Dort habe ich gesehen wie wirklich arme Menschen dennoch ihren Lebensalltag managen können. Wir können von diesen Menschen auch viel lernen, wie etwa Dankbarkeit oder Gastfreundschaft. Auf meinen Reisen habe ich auch oft in Fünf-Sterne-Hotels übernachtet. Dort habe ich mich aber nie so wohlgefühlt, wie in den kleinen Hütten bei den Einheimischen.
Welche Rolle spielt Religion für Sie? Welche Unterschiede bzw. Gemeinsamkeiten gibt es in ihren Tätigkeiten als Bischof und als Caritas-Direktor?
In der Caritas spielt Religion und die Kirche eine gaz spezielle Rolle. Wir sind ja unter anderem diejenigen, die das Gebot "Liebe deinen Nächsten" auch in die Tat umsetzen. Dazu muss man sich selbst mit einer gewissen Spiritualität motivieren und genau das machen auch unsere Mitarbeiter jeden Tag - unabhängig von ihrer Religion.
Wie sind Sie aufgewachsen? Stammt der Drang zum sozialen Engagement auch schon aus Ihrer Kindheit?
Ich bin in einer kleinen, ärmlichen Bauernfamilie aufgewachsen. In der Nähe lebte eine Grafenfamilie, zu der wir Kinder immer aufgesehen haben. Da ich in einem slowenischem Umfeld aufgewachsen bin, lernte ich auch früh, dass das etwas ganz Natürliches ist, obwohl es in Kärnten auch immer Gegner gab. Es ist eine Minderheit. Und das "minder sein" habe ich auch gespürt. Deswegen fühle ich mich vielleicht bei der Caritas auch so wohl.
Was sind die größten Probleme bzw. Herausforderungen in der Stadt Klagenfurt?
Unsere Klienten sind in den letzten Jahren sicher nicht weniger geworden. Der Stadt ist es Gott sei Dank bewusst, dass es soziale Institutionen wie uns gibt, die sich um diesen kleinen Prozentanteil der Bevölkerung sorgt. Auch sie sind ein Teil der Stadt. Ich habe aber auch den Eindruck, dass Klagenfurt immer größer und besser werden will. Man muss manchmal aber auch Demut zeigen.
Gibt es etwas, das Ihnen besonders am Herzen liegt?
Mir tut es weh, dass immer mehr junge Menschen ohne Arbeit sind und dann fast ohne Perspektiven in der Stadt herumhängen. Womöglich kommen diese Personen dann auch noch in den Kontakt mit Drogen. Es hat aber auch Gründe, warum sich das so entwickelt. Man muss bei dieser Thematik noch viel mehr investieren. Man braucht professionelles Personal, das sich dieser Problematik annimmt. Aber: Es benötigt auch Menschen, die nicht mehr wegschauen. Je mehr man ausweicht, desto mehr schafft man eine Parallelgesellschaft. Zum Glück gibt es bereits sehr viele Menschen, die sich freiwillig melden um zu helfen. Es wäre schön, wenn sich noch mehr finden würden.
Die Asylthematik ist medial nicht mehr so präsent wie noch vor einem Jahr ...
Und dennoch ist das Thema immer noch da. Es wird zwar nicht mehr so viel in die Öffentlichkeit getragen, aber die Leute leben ja seitdem hier. Ich habe oft das Gefühl, dass man das Thema in der Gesellschaft totschweigen will. Es gibt immer noch zu wenig Anstrengungen, die Asylwerber zu integrieren. Gerade in der Gastro oder Pflege werden immer Leute gesucht. Jeder Mensch sollte sich im Klaren darüber sein, ob er mit den Asylwebern hier leben möchte. Wenn nicht, dann hat er ein Problem, da sie ja trotzdem hier leben. Wenn ja, dann ist das bereits der erste Schritt zur gelungenen Integration in unsere Gesellschaft.
Du möchtest kommentieren?
Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.