Menschen mit Behinderung – eine fremde Welt, welche wir nicht kennen (wollen)!?!
Fühlen Sie sich jetzt ertappt? Was ist es, dieses Unwohlsein? Diese Tatsache, Menschen mit Behinderung als Teil unserer Gesellschaft zu wissen und doch panische Angst zu haben! Angst wovor? Dass sich „Behinderung“ wie eine Grippe-Infektion in der kalten Jahreszeit überträgt? Dass wir auch werden wie „Die“?
Ist diese Angst nicht oft verzweifelter Ausdruck von Hilflosigkeit?
Hilflosigkeit? Nein, es muss niemandem wie auch immer unangenehm sein, mehr zu können, als der „Behinderte“. Wenn hier nun die Rede von „mehr“ ist, dann ist es oftmals einfach lediglich die Fähigkeit, eine Tür zu öffnen, ein Butterbrot zu schmieren, alleine die für jeden von uns so selbstverständliche Körperreinigung vorzunehmen (in Bad und Toilette), oder sich An- und Auszuziehen.
Fakt ist, dass kein Mensch mit Behinderung sich diese Lebensform bewusst ausgesucht und gesagt hat „Ich will!“ – Fakt ist ebenso, dass kein junger Mensch in der Blüte seines Lebens freiwillig in ein Auto läuft (okay, Verzweiflungstaten mal ausgenommen)! Was wir uns stets bewusst sein sollen: Weil wir heute selbstverständlich zu Fuß in die Arbeit gehen, durch Einkaufsmärkte gehen und uns abends in der Stadt ein Bier gönnen, heißt dies nicht, dass dies nicht bereits morgen anders sein könnte.
In der heutigen Zeit haben es Menschen am Arbeitsmarkt schwer, die lange Jahre einfach überhaupt kein Problem im Finden eines Arbeitsplatzes gehabt hätten – junge Menschen mit guter Ausbildung mitten in einer Großstadt wie Wien; für mich war trotz nicht weniger Aus- und Weiterbildungen der Schritt in das „Kleinstunternehmertum“ die einzige Möglichkeit, aus der kompletten Erwerbslosigkeit zu kommen. Heute habe ich zwar zu tun, aber trotz aller Werbung für mein EDV-Dienstleistungsangebot sehr oft mit der Scheu vor dem Erstkontakt zu kämpfen. Bei aller tatsächlichen Behindertenfreundlichkeit, weil Hilfestellung in bürokratischen Angelegenheiten von Seiten von Staat, Land und Stadt begegnen Betroffenen viele Alltagsprobleme, welche das Leben manchmal schier „unlebbar“ schwer machen.
Der in der Praxis verwehrte Zugang zum „1. Arbeitsmarkt“ ist eine Dramatik für sich:
Er ist die furchtbare Diskrepanz zwischen Körper und Geist! Intellektuell stünden mir viele Tätigkeiten offen, körperlich jedoch nicht – und wenn es gar nicht anders geht, ist es das Nicht-Vorhandensein einer „Behinderten-Toilette“, welche als Ablehnungsgrund herhalten muss.
Dass Menschen mit „besonderen Bedürfnissen“ oft nicht die 110 Prozent (kein Tippfehler!) der heute in der Wirtschaft geforderten Arbeitsleistung bringen können, ist eine Tatsache; jedoch kann „halbe Arbeitsleistung“ (oder weniger) auch Wert sein - im wahrsten Sinne des Wortes, keineswegs nur für den Betroffenen selbst.
So lange es so ist, dass keineswegs nur Menschen mit Behinderung mit dem „Höher-Mehr-Weiter“-Denken nicht mehr mitkommen, wird man die „Behinderten“ noch länger hinter sich lassen.
Leben mit Behinderung: Ist hier immer nur die eigene Bewegungseinschränkung gemeint? Oder nicht doch auch, wie wir an der vollwertigen Teilnahme am Erwerbs- und oft auch Gesellschaftsleben gehindert werden? Dafür Sorge zu tragen, dass Menschen mit Behinderung körperlich versorgt sind - Heime, Beschäftigungswerkstätten -, ist zu wenig!
Der Autor dieser Zeilen ist körperbehindert seit Geburt (80 Prozent), braucht Hilfe beim Hantieren in Bad und Toilette und kann nicht mehr frei gehen.
Verstehen Sie jetzt diese furchtbare Diskrepanz zwischen Körper und Geist?
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