Das coole Klagenfurter Stadtviertel
Unterwegs am Rudolfsbahngürtel/Ostbahnhof
Der Rudolfsbahngürtel/Ostbahnhof ist Klagenfurt cooles Stadtviertel
Der städtische Mitarbeiter hat Frühschicht am Rudolfsbahngürtel in Klagenfurt, und er geht gewissenhaft auf der nebelnassen und kalten Funderstraße seiner schweren Arbeit nach.
Noch schläft das ganze Viertel, Nebel spannt sich über die Stadt und dem Ostbahnhof. Die Einfahrtsstraßen sind feucht und die Scheinwerfer der Autos spiegeln Lichtreflexe in den Asphalt. Die ersten Pendler kommen mit dem Zug von St.Veit an der Glan und verlieren sich im dunklen Straßengewirr.
An der Ecke Mießtalerstraße - Rudolfsbahngürtel steht ein altes Ungetüm von einem Haus. Es ist ein uralter Eisenbahner-Wohnblock mit riesig hohen Räumen, großflächigen Fenstern, einem gigantischen Torbogen, durch den man in den Innenhof gelangt. Im Innenhof stehend sieht man auf die einst höchst modernen Balkone, auf filigrane, kleine Terassen, die mit Eisengitter geschützt sind und höchstens dazu dienen, Wäsche zu trocknen, zumal Menschen auf den schmalen Betonbalkonen Höhenangst bekommen.
Geht man tagsüber vom Ostbahnhof direkt über die stark befahrene Einfahrtsstraße und biegt dann rechts auf die Funderstraße, ist die Idylle perfekt. Wohnblock um Wohnblock reihen sich hier aneinander. Außen wurden vor einigen Jahren Liftschächte angebaut, um die Wohnqualität für Ältere, für Menschen mit speziellen Bedürfnissen und Familien zu gewährleisten. Einen Aufzug im Außenbereich nachzurüsten ist oft einfacher, als nachträglich einen Lift innerhalb eines bestehenden Gebäudes einzubauen, da während bei einem Lifteinbau innen teilweise Deckendurchbrüche oder andere Umbaumaßnahmen notwendig sind. Bäume und Grünanlagen säumen die verkehrsberuhigte Funderstraße mit den gebührenpflichtigen Kurzparkzonen. Erst am Schnittpunkt Enzenbergerstraße-Funderstraße endet die Vorstadt und damit das Stadtviertel Rudolfsbahngürtel-Ostbahnhof.
Noch ist Nacht. Es ist ruhig. Die Häuserblöcke verlieren sich im schweren Nebel, nur vereinzelt sind Fenster beleuchtet. Die Pendlerinnen und Pendler eilen die Mießtalerstraße hinauf ins Stadtzentrum. Bald sind ihre Körper nur mehr Schemen zwischen den Alleebäumen, die im feuchten Nebel durch das Licht der Laternen wie Schattenrisse im Slot, der in die Innenstadt greift, fallen.
Die Nahversorgung im Viertel
Um sechs Uhr morgens öffnet die Taumberger Filiale in der Mießtalerstraße 42. 1938 kam Hubert Taumberger, der jüngere Sohn der St.Veiter Taumberger-Bäcker-Dynastie, nach Klagenfurt und eröffnete eine eigene Bäckerei. Gebacken wurde übrigens jahrzehntelang direkt im Haus am Fleischmarkt, 1991 übersiedelte die Backstube von der Innenstadt an den Südring. Die Taumbergers betreiben derzeit sechs Filialen und die Backstube in der Schwendnergasse am Südring. Für das Quartier Rudolfsbahngürtel/Ostbahnhof ist der Taumberger mit dem Verkaufsraum und dem angeschlossenen gemütlichen Kaffeehaus und dem Schanigarten der letzte verbliebene Nahversorger und Gastrobetrieb, nachdem das Gasthaus zur Schiene am Ostbahnhof 2020 geschlossen und abgerissen worden ist. Jahrzehntelang war das Gasthaus zur Schiene Treffpunkt für Pendler, Anrainer und Lokalpolitiker gewesen.
Renate Wilhelmine Steller und Doris Steller, beide stammen übrigens aus Knappenberg und wie die Taumbergers auch aus dem Bezirk St.Veit an der Glan, führen ihren Betrieb "Steller's Guate Kuchl nun nach der Pensionierung von Renate nicht mehr weiter. Mehr als zwanzig Jahre war der Nahversorger gegenüber der Bäckerei Taumberger ein Teil der Versorgungskette im Viertel. Nicht nur warme Speisen wurden serviert, im kleinen Laden sind sämtliche Lebensmittel für die Grundversorgung erhältlich gewesen.
Aufbruch zu Co-Working Spaces und Gemeinschaftsräumen
2022 schrieb Stephan Fugger, dass in der Mießtalerstraße und in der Auergasse neuer, attraktiver und moderner Wohnraum entstehen wird. In Summe sind achtzig neue Mietwohnungen geplant. Mehrere Millionen werden dafür investiert. Dafür werden die Häuser, die großteils aus der Nachkriegszeit stammen, abgerissen, darunter auch das Haus, in dem die Stellers ihre Greißlerei betrieben haben. "Der Wohnkomplex ist nicht mehr wirtschaftlich und auch nicht mehr sanierungsfähig", so Josef Liendl vom KSW. Ein Architektenwettbewerb wurde im Vorjahr ausgeschrieben. "Es sollen ein neues Quartier mit Co-Working-Spaces und Gemeinschaftsräumen und ein autofreier Innenhof, dafür unterirdische Parkplätze, entstehen. Gehwege sollen nicht asphaltiert werden", sagte Stefan Liendl vom Kärntner Siedlungswerk. Während der Bauzeit sollen die aktuellen Mieter umgesiedelt werden. "Die Mieter haben selbstverständlich auch im Neubau ein Recht auf eine weitere Miete", fügte Liendl hinzu. Im Neubau sind auch weitere Gewerbebetriebe geplant. Die Stellers hätten während der Bauzeit vom Bauträger als Übergangslösung einen Container angeboten bekommen. Eine Weiterführung des Pachtvertrages im Neubau ist ihnen vom KSW angeboten worden.
Der Rudolfsbahngürtel, die Gegend um den Ostbahnhof, blieb von den Stadtplanern bisher weitestgehend verschont. Das hat dem Ortsteil gutgetan. Das hat Vieles erhalten, das verbindet die Bewohner. Auf den Promenadenwegen durch die Hinterhöfe steht man im Frühjahr und Sommer unter Beobachtung. An den Brüstungen der Balkone lehnen dann die Rentner. In den Höfen tummelt sich schon die nächste Generation. Die Gegend lebt. Von den Balkonen scheint die Welt der Sprayer und der Randale heute noch ebenso weit entfernt, wie die Welt der großen Gewinne, der Bonuszahlungen und der unverdienten Verdienste.
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