Filmland Kärnten
Eine Filmlandschaft im ‚grünen Bereich‘
Anmerkungen zum unabhängigen Filmschaffen in Kärnten
In ihrem Artikel in der Ausgabe der Kärntner Kunstzeitschrift ‚Die Brücke‘ Okt/Nov 2018 versucht die Autorin Lisa Maria Omelko eine kühne Theorie zu formulieren, wie sich das unabhängige Filmschaffen in Kärnten formal und inhaltlich positionieren könnten. ‚Green filming‘ ist das Zauberwort, entnommen aus dem bundesdeutschen Film, der längst in schwere Lagerkämpfe verstrickt ist, wie es dort endlich wieder bergaufgehen soll, u.a. wird auch dieses ‚Gütesigel‘ ‚Green filming‘ in die Waagschale wirft. Und weil die deutsche Filmszene traditionell politisch links = grün ist, kann man dort auch mit so etwas wie ‚Green filming‘ punkten.
Was ist ‚Green filming‘: Versucht wird eine Mixtur aus sozialem, ökologischem, ökonomischem, gesellschaftskritischem und künstlerischem Engagement produktionstechnisch, wie inhaltlich zu bündeln und so letztendlich ein ‚nachhaltig‘ wertvolles Produkt zu veröffentlichen, das u.a. auch den CO2 Ausstoß reduzieren hilft. Klingt ziemlich theoretisch und auch auf den bundesdeutschen Film- und Kinofreund zugeschnitten, der stehts fortschrittlich politisch korrekt und im vorauseilenden Gehorsam ‚grün‘ tickt.
Aber wem interessiert das? Vor allem international? Der deutsche Film hat im Ausland überhaupt keinen Stellenwert. Der österreichische Film erst recht keinen. Der Marktanteil des Films aus Kärnten beträgt in Österreich nur 0,5 %, international ist er unmessbar gering.
Was soll also das bringen, wenn auf Plakaten, im Vorspann und auf anderen Werbemitteln ein Hinweis steht, dass dieser Film ‚Green filming‘ ist? Geht deshalb jemand ins Kino oder sieht sich jemand einen Film im Fernsehen oder auf VoD an, weil er das Banner ‚Green filming‘ liest?
Alles reine Spekulation, es ist nicht bekannt ob in Deutschland bereits damit geworben wird, sowohl die deutschen Programmkinoorganisationen Gilde, wie AG Kino, beteiligen sich seit Jahren an allen möglichen Aktionen, den deutschen Film wieder attraktiver zu machen, was dem ungeliebten kommerziellen Film durchaus gelingt, die Filme von Til Schweiger und Co. hatten in den ersten beiden Quartalen 2018 einen Marktanteil von erstaunlichen 22% in Deutschland, zum Vergleich der österreichische Film hatte im selben Zeitraum einen Marktanteil von knapp 6% in Österreich. Ein Anteil, der sich seit Jahren praktisch nicht nach oben verändert hat. Deutsche Arthausfilme hatten in Deutschland dagegen nur einen Marktanteil von 4%, wobei die Arthausfilme gesamt (also auch ausländische Produktionen) einen beachtlichen Marktanteil von 13 % haben, in Österreich haben die Programmkinos einen Marktanteil von immerhin 15%, österreichische Arthousefilme, haben einen Marktanteil von 0,7%. (Experimental, Kurz- und Kunstfilme, Dokumentarfilme)
Kann hier also wirklich ein Schlagwort wie ‚Green filming‘ die Besucherzahlen steigern?
Dennoch ist Lisa Maria Omelkos Artikel in der ‚Brücke‘ lesenswert, denn sie versucht so etwas wie eine filmische Landvermessung durchzuführen und bringt auch neue Namen wie Werner Fiedler, der mit interessanten Kurzfilmen (‚Beinball‘ 2014, ‚Vier im Jeep‘ 2015, Halim, 2017, alle Klagenfurt) auf Festivals punktet und Robert Schabus, der nach vielen Kurzfilmen mit seiner Doku ‚Bauer unser‘ (Aut 2016, eigentlich kein Film aus Kärnten, er befasst sich mit einem globalen Thema, ansonsten Kurzdokus und Experimentalfilme) (rund 91.136 Besucher) einen beachtlichen Erfolg in den österreichischen Kinos gelandet hat. Leider widmet sich der Artikel dann Leuten, die überhaupt nichts mit dem Kärntner Filmschaffen zu tun haben, wie dem Dokumentaristen Hubert Sauper, der zwar oscarnominiert ist, aber in Afrika dreht.
Unerwähnt bleibt leider der sehr verdiente Kurzfilm „D wie Dostojewski“ von Jaqueline Rauter, Villach 2017, die wie Werner Fiedler das Problem „Flucht“ zum Thema ihres Films macht, ein Film, der auch formal bemerkenswert ist und sich mit langen Einstellungen und wenig Dialog am ‚neuen Schweizer Film‘ eines Markus Imhoff orientiert. Aber auch im Spielfilm gibt es erfreuliche formale wie inhaltliche Perlen im Independent Film aus Kärnten zu entdecken. David Hofer hat mit „Verlassen“ (Klagenfurt 2016) ein interessantes Psychodrama in die schöne Kärntner Landschaft gesetzt, ein Film, der leider zu Unrecht, bisher kaum gezeigt worden ist.
Hier wäre, abseits von ‚Green filming‘ das wohl größte Problem des Kinos aus Kärnten zu suchen. Die FilmemacherInnen/Filmemacher aus Kärnten haben mangels Kinos, VoD-Plattformen und TV-Stationen kaum Möglichkeiten ihre Filme zu veröffentlichen, bzw. zu zeigen, woran sie zum Teil auch mitschuldig sind, denn es fehlt an einer starken Interessensvertretung, die die Anliegen bündeln und formulieren könnte, dazu kommt noch ein weit verbreitetes Einzelkämpfertum und man/frau pflegt die Streitkultur, außerdem gibt es so gut wie keine theoretische und publizistische Auseinandersetzungen mit dem Film aus Kärnten.
Aber: der unabhängige Film aus Kärnten ist weit besser als sein Ruf und es gibt ihn! Diese Diskussion lohnt fortgesetzt zu werden und zu HANDELN! Sucht den Film „Made in Kärnten!“
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