Wissenschaft besteht auch ohne eigenes Ministerium
Leopold Neuhold gibt als Professor, Autor und Vortragender Tipps, wie Ethik Wirtschaft befruchtet.
(tas) WOCHE: Sie sprechen von Ethik als Boom – heißt das, sie wird bald wieder verschwunden sein?
LEOPOLD NEUHOLD: Die Gefahr besteht. Derzeit bricht die Frage nach Ethik in vielen Feldern auf – in der Wissenschaft beim Thema Plagiat, im Fußball bei Wettmanipulationen. Ethik ist also durchaus heute "in". Damit sie nicht gleich wieder verschwindet, müssen wir das am Leben erhalten, woraus sie entsteht: die Frage nach der Orientierung im Leben. Wir müssen weg von der Einstellung "Das ist einfach so, das haben wir immer so gemacht." Das gilt für den Menschen wie auch für Unternehmen.
Was bringt Ethik Unternehmern?
Kaum wirtschaftlichen Nutzen. Dafür öffnet sie Blickpunkte, zeigt neue Wege und macht ein Unternehmen fruchtbarer. Sie zeigt auf, wie sich Wirtschaftlichkeit in geglückte menschliche Lebensinhalte einfügt.
Und was kostet sie?
Zeit zum Nachdenken. Die hat man oft nicht, weil alles immer nur schnell gehen muss. Dabei ist es für den Erfolg von wirtschaftlichen Prozessen wichtig, Zeit zu investieren. Ethik wirkt sich auch auf die Strukturen eines Unternehmens aus: Man braucht Personen, die über die Prozesse nachdenken und sie umsetzen.
Stichwort Strukturen: Passen Wissenschaft und Wirtschaft in ein Ministerium?
Man muss bei solchen Maßnahmen immer abwarten, welche Personen beteiligt sind und was am Ende dabei herauskommt. Die Wissenschaft, die sich immer als betont mündig ansieht, sollte aber so viel Selbstheilungskraft haben, dass sie auch ohne eigenes Ministerium besteht. Ich sehe nur eine Gefahr: Wenn durch die Zusammenlegung die Wissenschaft zu unmittelbar an die Wirtschaft gebunden wird, also die Ökonomisierung der Wissenschaft zu stark voranschreitet.
Ist Kärnten im Bereich WIrtschaftsethik Vorreiter oder Nachzügler?
Wirtschaftsethische Ansätze gibt es überall. Als bahnbrechend sehe ich das Wirtschaftsethik-Institut St. Georgen: Eine private Einrichtung, in der Vertreter aus Wirtschaft und Kirche Weltverantwortung übernehmen und mit konkreten ethischen Ansätzen die Kärntner Unternehmer erreichen – das ist neu.
Erreichen ist das Eine, umsetzen das andere – leben die Kärntner Unternehmer Ethik im Betrieb?
Es gibt viele positive Beispiele, ich will jetzt keinen herausgreifen. Aber wenn man sich den Beirat des Wirtschaftsethik-Instituts St. Georgen ansieht, ist der Bedarf an Ethik offenbar groß. Sonst würden sich nicht so viele namhafte Unternehmer dieser Herausforderung stellen.
Wie erlebt der Arbeitnehmer wirtschaftsethische Ansätze im Unternehmen?
Ein Teil der Unternehmensethik ist es, die Arbeit des Menschen zu beachten und zu ihrem Gelingen beizutragen.
Kommentare
Du möchtest kommentieren?
Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.