Deborah Sengl mit Ratten im Essl-Museum
Vor 100 Jahren, am 28. Juli 1914, erklärte Österreich den Krieg an Serbien, der dann – entgegen den Vorstellungen – bis 1918 dauerte. Von der anfänglichen Euphorie der handelnden Personen bis zu unmenschlichen Kriegsbedingungen, Hunger, Entbehrungen, psychisch zerstörten Menschen und Tod, zerbrach die brüchige Monarchie nach der Kapitulation. Karl Kraus hat in seinem Werk „Die letzten Tage der Menschheit“ zwischen 1915 und 1922 diese wechselnde Stimmung in einer Ansammlung von Zitaten beschrieben.
Deborah Sengl nahm die Bühnenfassung des Buches als Vorlage für ihre freien künstlerischen Interpretationen als Querschnitt der Darstellungen. Szenenzeichnungen in Mischtechnik auf Papier, bzw. Acryl auf Leinen, erklären die 44 auf Podeste platzierten Objekte. Die Objekte sind präparierte Ratten, die in Gruppen angeordnet verschiedene Handlungsspielräume darstellen. Da werden militärische Befehlsgewaltige und ausführende Soldaten gezeigt, Journalisten, Zeitungsverkäufer, gutbürgerliche Personen, Kolporteure, Kriegsgewinnler, Lehrer, Schüler, Verwundete und ein Nörgler namens Karl Kraus.
Deborah Sengl arbeitete mit einem Tierpräparator zusammen, der 200 Ratten, die als Futterratten für eine Greifvogel- und Reptilienzucht vorgesehen waren, nach ihren Wünschen präparierte. Sengl entschied sich für weiße Ratten, um keine Hierarchien oder Wertungen zu schaffen, nur der Nörgler Karl Kraus tritt als schwarze Ratte auf. Ein Jahr benötigte die Künstlerin, um die Ratten mit Fahnen Zeitungen, Schmuck und Hüten in den einzelnen Szenen auszustatten, um diese lesbar zu machen. Als farbliche Stilmittel kommen Blut, Urin und Alkohol in einzelnen Szenen vor, womit deutlich erkennbar wird, dass das Grauen immer stärker in den Alltag hereinbrach. Sengl hat bewusst Ratten als Metapher für die damalige Gesellschaft gewählt, denn für sie sind diese präparierten Tiere nach ihrer Aussage „Stellvertreter für einen Charakterzug, für eine Handlungsform, für ein Verhalten“.
Die Ausstellung ist im Essl-Museum bis 25. Mai 2014 zu besichtigen.
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