Lebenselixiere und Todeskämpfe
Das Liebesleben der Ameise

Foto: IST Austria
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Die Liebe hält jung! Bei manchen Ameisenarten verlängert sie sogar das Leben der Königinnen. Für Ameisen-Männchen endet sie hingegen meist tödlich. Wissenschaftlerinnen am Institute of Science and Technology (IST) Austria erforschen das Liebesleben dieser sozialen Insekten von der Partnerwahl bis zum Sexualleben kranker Tiere. Einblicke in die ‚Liebesgeschichten‘ einer Ameisenkolonie.

MARIA GUGGING. An einem warmen Sommertag, kurz nachdem der Regen die Erde aufgelockert hat, ist es soweit: Millionen geflügelter Ameisen erheben sich in die Lüfte, um einander zu finden. Genauer gesagt finden sich auf diesem Hochzeitsflug nur die großen, wohlgenährten Jungköniginnen, also reproduktionsfähige weibliche Ameisen, die sich noch nicht gepaart haben, und die kleinen Männchen, die speziell für diesen Moment gemacht wurden.

Foto: IST Austria

Die anderen Mitglieder einer Ameisenkolonie, die Arbeiterinnen, sind von dem Paarungs-Spektakel ausgeschlossen, sie sind zeugungsunfähig. Nach dem Liebesakt in luftigen Höhen fallen die Jungköniginnen zu Boden, werfen ihre Flügel ab und graben sich in die Erde ein, wo sie eine neue Kolonie gründen. Das kurze Leben der Männchen ist da schon wieder vorbei. Umso schwieriger ist ihre Erforschung.

Balzende Kämpfertypen

Sina Metzler hat sich deshalb auf die tropische Cardiocondyla obscurior spezialisiert, eine Ameisenart bei der vieles etwas anders ist. „Bei den Cardiocondyla ist das besondere, dass es zwei verschiedene Männchenarten gibt – je nach Umweltsituation entstehen ortstreue oder fliegende Männchen“, so die Doktorandin in der Forschungsgruppe von Professorin Sylvia Cremer. Anders als bei den meisten Ameisenarten, haben Männchen dieser Art normalerweise keine Flügel. Die kleinen, hellbraunen Tiere veranstalten demnach keinen Hochzeitsflug, ihr Liebesleben findet sozusagen hinter verschlossenen Türen, innerhalb des Ameisennests statt.

„Die flügellosen Männchen gibt es ganzjährig, sie haben keine Paarungssaison. Sie patrouillieren durch das Nest, suchen nach Jungköniginnen und kämpfen gegen all ihre Rivalen“

, so die Biologin.

Gekämpft wird auf Leben und Tod, die Belohnung scheint es wert zu sein: Das Männchen, das alle anderen besiegt, kann sich mit mehreren Königinnen paaren. Vor der Paarung tänzelt es umher, setzt sich auf die Königin und klopft dabei wild mit seinen Antennen. Diese Art Balztanz kann Stunden bis Tage dauern, ist aber nicht immer von Erfolg gekrönt. Manchmal kommt es vor, dass die Königin den Hinterleib wegkippt und die Paarung verweigert. „Man weiß aber noch nicht, nach welchen Kriterien entschieden wird, da gibt es noch viele offene Fragen“, so Metzler.

Ein Ameisenstaat, der von mehreren Königinnen regiert wird, kommt besonders bei invasiven Arten vor, die sich schnell in einem neuen Gebiet etablieren müssen.

„Wenn es nur eine Königin in der Kolonie gibt, dann geht alles einfach viel langsamer von statten als wenn es viele Königinnen im Nest gibt“

, erklärt Sina Metzler. Neue Kolonien werden gebildet, indem Königinnen mit ein paar Arbeiterinnen das mütterliche Nest zu Fuß verlassen und etwas weiter weg ein neues gründen. Die Königinnen haben zwar funktionsfähige Flügel, benötigen sie aber nicht. Nach der Paarung werfen sie die Flügel dennoch ab: „Das ist bei Ameisenköniginnen das Zeichen dafür, dass sie begattet ist. Wenn man eine Königin ohne Flügel nach dem Paarungsflug auf dem Boden herumlaufen sieht, kann man ziemlich sicher sein, dass sie verpaart ist“, schildert Metzler.

Der Duft junger Königinnen

Sind die Umweltbedingungen ungünstig, produziert auch die Cardiocondyla obscurior geflügelte Männchen. Im Gegensatz zu ihren ganzjährigen Geschlechtsgenossen sind diese durchaus friedliebend und werden von den aggressiven Männchen in Ruhe gelassen. Das liegt an ihrem speziellen Duft, wie Sylvia Cremer vor einigen Jahren während ihrer Doktorarbeit an der Universität Regensburg herausfand. Geflügelte Männchen imitieren den Geruch junger Königinnen, was ab und an sogar zu Verwechslungen seitens der paarungswütigen flügellosen Männchen führt. Nach etwa zehn Tagen verfliegt dieser Schutz und sie müssen schleunigst das Weite suchen, um ihre Gene in größerer Entfernung zu verbreiten.

Foto: IST Austria

Die Jungkönigin, mit der sich das geflügelte Männchen schließlich paart, kann sich auf ein langes Leben freuen. Wie die Wissenschaftler_innen herausfanden, liefert das Männchen bei der Spermienübertragung ein Protein mit, das vermutlich für den lebensverlängernden Effekt der Paarung verantwortlich ist. Auch die Paarung mit flügellosen Männchen verlängert das Leben der Königin, allerdings ist der Effekt etwas schwächer. Dass Königinnen, die sich gepaart haben, länger leben als jungfräulichen Königinnen, liegt an der lebenslangen Verbindung, die Königinnen mit ihren Partnern eingehen.

In Gesundheit und Krankheit

„Normalerweise haben Männchen ein Interesse daran, die Fruchtbarkeit der Partnerin schnell zu steigern, was oft damit einhergeht, dass sich deren Lebensdauer verkürzt“, erklärt Sina Metzler. Ameisenköniginnen paaren sich jedoch nur ein Mal in ihrem Leben. Dabei bewahren sie das Sperma ihr restliches Leben lang in ihrem Körper auf und verwenden es, um alle Nachkommen des Ameisenvaters großzuziehen. „Deshalb ist das Männchen auch daran interessiert, dass die Königin möglichst lange lebt. Vor allem weil sie ja erst eine Kolonie aufbauen muss, also sie braucht erstmal Arbeiterinnen, um dann im nächsten Zyklus Geschlechtstiere großzuziehen“, so die Wissenschaftlerin weiter. Männchen können ihre Gene nur dann in die nächste Generation bringen, wenn sie paarungsfähige Nachkommen bekommen, die sterilen Arbeiterinnen sind für ihre Gene dagegen eine Sackgasse.

In ihrer Doktorarbeit am IST Austria möchte Sina Metzler nun herausfinden, wie sich ein Krankheitserreger auf das Paarungsverhalten der Cardiocondyla obscurior auswirkt:

„Ich möchte wissen, ob Jungköniginnen bei der Paarung eine Ansteckung von ihrem Partner vermeiden, oder ob sich eine Ansteckung mit einer geringen Infektionsdosis auf ihr weiteres Überleben und die Entwicklung und Krankheitsresistenz der Kolonie auswirkt“

, so Metzler. Denn ähnlich wie beim Menschen, wo Mütter über die Plazenta oder die Muttermilch schützende Substanzen an ihre Babys übertragen, gibt es auch bei sozialen Insekten ein Immungedächtnis, das über Generationen weitergegeben werden kann.

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