"Der Papst redet mir zu viel"
Der bloggende Herr Alipius vom Stift Klosterneuburg nimmt sich im Internet kein Blatt vor den Mund.
KLOSTERNEUBURG (cog). In deutschsprachigen katholischen Bloggerkreisen hat Herr Alipius fast Star-Charakter. Zumindest zählt er mit bis zu 1.000 Lesern täglich zu den meistgelesenen Blogs der Szene. Das Geheimnis seines Erfolgs? "Ich kann verbal reinhauen und nehme mich persönlich nicht so ernst, aber das, was ich tue schon."
Klosterneuburger Marginalien nennt der gebürtige Düsseldorfer, der 2004 nach seinem Studium in Rom ins Stift Klosterneuburg eingetreten ist, seinen Blog. Der 45-Jährige wurde vor zwei Jahren zum Priester geweiht und ist auch als Moderator in Floridsdorf tätig. Wer sich spirituelle Inhalte erwartet, wird enttäuscht werden: Mehrmals pro Woche veröffentlicht Alipius Claus Müller von seinem Barockschreibtisch im Stift Klosterneuburg aus seine Kommentare zu Gesellschaftspolitik, Kirchennews und Absurditäten. Dabei nimmt er sich kein Blatt vor den Mund.
"Bin eitel genug"
So ließ Herr Alipius erst neulich vermelden, dass ihm der Papst im Moment zu viel rede. Natürlich sei es grundsätzlich gut, dass der Papst nicht schweige, konkretisiert er auf Bezirksblätter-Anfrage. Aber: "Es ist problematisch, wenn der Papst nicht schweigt in einem medialen Umfeld, das darauf gebürstet ist, ihn falsch verstehen zu wollen." Kircheninterne Probleme habe ihm seine "große Klappe", wie er es nennt, noch keine eingehandelt. Im Gegenteil: "Es wird sogar manchmal scherzhaft auf meine Mission im Internet Bezug genommen. Ich muss eben bestimmte Dinge kommentieren und ich bin eitel genug, das öffentlich zu tun."
Mit radikalen und extremen Auswüches der Kirche im Internet wie "Kreuz-net", einer sich selbst als katholisches Nachrichtenportal bezeichnenden Website, die auch rechtsextreme, homophobe, antisemitische und isalmfeindliche Inhalte verbreitete, will Herr Alipius nichts zu tun haben: "Die Autoren dort haben streckenweise keine Ahnung von der Kirche. Da steckt keine religiöse Bildung dahinter. Kreuz-net schadet der Kirche." Im Vergleich dazu sei er ja geradezu moderat, lacht Herr Alipius.
"Bin konservativ, aber nicht extrem"
Allerdings missfällt es ihm, durchaus schon in einem Atemzug mit Kreuz-net genannt worden zu sein: "Ich bin konservativ und barmherzig. Das heißt, ich versuche andere gänzlich in ihren Bedürfnissen zu verstehen. Ich versuche niemanden zu verletzen, greife niemanden persönlich an und ich bleibe der kirchlichen Lehre treu."
Allerdings lesen sich auch Herrn Alipius Kommentare zum gesellschaftspolitischen Geschehen streckenweise homophob und antifeministisch. Der Blogger fühlt sich aber zu Unrecht in die Diskriminierungsecke gedrängt: "Ich will Homosexuellen nicht ihre Rechte absprechen. Ich versuche mit der Kirche zu denken und zu schreiben. Ich habe Verständnis und Respekt für Homosexuelle." Auch fühle er sich nicht antifeministisch: "Ich bin nicht gegen die Emanzipation der Frau." Dennoch vertritt er auf seinem Blog das traditionelle Rollenverständnis und das Familienmodell Vater-Mutter-Kind vehement oder verteidigt Anti-Feministinnen wie Birgit Kelle. Er trete dabei schlichtweg ein gegen Auswüchse und gegen extreme Standpunkte – auch religiöse.
"Sehe mich als Korrekturleser
Zum Bloggen ist Herr Alibis gekommen, um von seinem Studienort Rom aus Familie und Freunde auf dem Laufenden zu halten. Dass es bei persönlichen Erzählungen nicht geblieben ist, verdankt er seinem Drang, seiner kreativen Ader freien Lauf zu lassen: "Außerdem möchte ich zeigen, dass man als katholischer Priester relativ normal sein kann, meinen Spaß am Glauben vermitteln und auch eine Gegenöffentlichkeit schaffen." Insofern versteht sich Herr Alibis als "Korrekturleser" der Mainstream-Medien, die seiner Meinung nach kirchliche Inhalte oft ungenau oder verwässert wiedergeben würden: "Das will ich zurechtrücken."
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